Depressive Störung nach Motorradunfall: Keine Anspruchskürzung wegen unterlassener zumutbarer Erwerbstätigkeit

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Verletzte eines Unfalls dürfen nach ständiger Rechtsprechung den eingetretenen Schaden nicht noch vergrößern. Der Geschädigte ist aufgrund seiner Schadensminderungspflicht (§ 254 Abs. 2 BGB) gehalten, weiteren Schaden zu verhindern oder zu mindern.

In einem vom Bundesgerichtshof am 21.09.2021 entschiedenen Fall (Az: VI ZR 91/19 ) erlitt ein Motorradfahrer bei einem Verkehrsunfall im August 2004 erhebliche Verletzungen. Hierauf folgte eine depressive Störung. Das Oberlandesgericht warf dem Kläger vor, seine depressive Störung nicht ärztlich behandelt zu haben und somit seine Erwerbsunfähigkeit schuldhaft selber verursacht zu haben. Es nahm eine quotale Kürzung des Anspruchs auf Verdienstausfallschaden vor. Der Bundesgerichtshof sah dagegen einen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht durch das Unterlassen einer Therapie nicht als gegeben an. Demzufolge habe das Oberlandesgericht keine ausreichenden Feststellungen zur Therapiefähigkeit des Klägers und somit zur Zumutbarkeit der Therapie getätigt. 

Verstößt ein Unfallgeschädigter gegen die Schadens­minderungs­pflicht, weil er die Aufnahme einer zumutbaren Erwerbstätigkeit unterlässt, wird das erzielbare fiktive Einkommen auf den Schaden angerechnet (Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.09.2021VI ZR 91/19 ).  Die erzielbaren fiktiven Einkünfte sind auf den Schaden anzurechnen. Die Höhe der erzielbaren Einkünfte des Geschädigten hänge nach Ansicht der Richter des 6. Senats des BGH nicht quotenmäßig von der Höhe des ihm entgangenen Verdienstes, sondern vielmehr davon ab, welches Einkommen er in der konkreten Situation unter Berücksichtigung aller Umstände in zumutbarer Weise erzielen könnte und von welchem Zeitpunkt an ihm eine Aufnahme der Erwerbstätigkeit zumutbar war. 

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht und Strafrecht Christian Steffgen ist seit über 20 Jahren im Bereich der Unfallschadensabwicklung  spezialisiert. Die Anwaltskanzlei Steffgen ist Vertragsanwaltskanzlei der GTÜ in Augsburg und Stuttgart.

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