Der Betriebsübergang auf mehrere Erwerber

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Betriebsübergänge auf Arbeitgeberseite rechtssicher zu gestalten, ist eine komplexe Aufgabe. Aber auch der von einem Betriebsübergang betroffene Arbeitnehmer sollte sachkundig beraten sein und seine Optionen kennen.


Nachfolgend möchte ich gern die Basics kurz darstellen, und dann am Schluss noch einen Sonderfall aufgreifen, mit dem sich der EuGH vor kurzem zu befassen hatte.


1. Rechtsgrundlagen


Gesetzlich geregelt ist der Betriebsübergang europaweit in der Betriebsübergangsrichtlinie und speziell für Deutschland in § 613a BGB, der die genannte EU-Richtlinie umsetzt.


Das hat zur Folge, dass für die Rechtspraxis sowohl die Urteile des EuGH als auch die des BAG relevant sind.


2. Wesentliche Grundsätze


Ob ein Betriebsübergang vorliegt, ist in einer Gesamtschau anhand einer Reihe von Kriterien zu beurteilen. Diese Kriterien sind:


- Art des betreffenden Unternehmens oder Betriebs


- Übergang oder Nichtübergang der materiellen Aktiva


- Wert der immateriellen Aktiva zum Zeitpunkt des Übergangs


- Übernahme oder Nichtübernahme der Hauptbelegschaft


- Übergang oder Nichtübergang der Kundschaft


- Grad der Ähnlichkeit zwischen der vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeit


- Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeit.


3. Sonderfall


In der Regel geht ein Betrieb von einem Veräußerer auf einen (einzelnen) Erwerber über (oder eben nicht über). Der EuGH hatte sich aber mit einer Konstellation zu befassen, in der der Übergang eines Betriebes auf mehrere Erwerber im Raum stand.


a) Auffassung des EuGH


In diesem Zusammenhang hat das Gericht folgende Grundsätze aufgestellt:


- Für das Vorliegen eines Betriebsübergangs ist es unerheblich, ob der Betrieb auf einen oder mehrere Erwerber übergegangen ist. Die Betriebsübergangsrichtlinie gilt auch für diese Konstellation, da sie ansonsten sehr leicht umgangen werden könnte.


- Eine Auslegung der Richtlinie dahingehend, dass das Arbeitsverhältnis nur auf

den „Haupterwerber“ übergeht, erscheint dem EuGH nicht sachgerecht. Vielmehr spricht er sich für einen anteiligen Übergang der betroffenen Arbeitsverhältnisse auf jeden der Erwerber aus.


b) Eigene Beurteilung und offene Fragen


Dem wird man grundsätzlich zustimmen können. Allerdings stellen sich in der praktischen Umsetzung dann doch ein paar Fragen:


- Was gilt, wenn die beiden Erwerber Konkurrenten sind? Üblicherweise ist es einem Mitarbeiter ja verboten, während seines Arbeitsverhältnisses mit einem Arbeitgeber auch für einen Konkurrenten tätig zu sein. In der vorliegenden Konstellation läuft das aber zwangsläufig darauf hinaus.


- Was soll im Hinblick auf die Verteilung der Arbeitszeit gelten? Nehmen wir an, beide Erwerber brauchen den Mitarbeiter jeweils zur gleichen Zeit. Wer hat dann Vorrang?


- Wer bezahlt dem Mitarbeiter die Fahrtzeit und -kosten zwischen den beiden neuen Arbeitsorten? Bislang hat er ja beim alten Arbeitgeber an nur einem Ort gearbeitet, und der Betriebsübergang soll ihm ja grundsätzlich keinen Nachteil bringen.


- Wer gleicht dem Mitarbeiter die steuerlichen Nachteile aus, die eine Doppelbeschäftigung bei mehreren Arbeitgebern in der Regel nach sich zieht?


Wie die Rechtsprechung mit diesen Fragen, wenn sie denn einmal zu Gericht kommen, umgehen wird, muss man sehen. Vorerst ist es die Aufgabe der Unternehmen und Anwälte, hier eine praxistaugliche Lösung zu finden.



Dr. Wolfgang Gottwald

Rechtsanwalt



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