Der "Fachanwalt" für Verkehrsrecht - besser als der Gang zum "Spezialisten"

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Durch Änderungen der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) und der Fachanwaltsordnung (FAO) ist es für den Rechtsuchenden in jüngster Zeit immer schwieriger geworden, den „richtigen" Rechtsanwalt für seine Probleme zu finden, was nachfolgend am Beispiel des Verkehrsrechts erläutert werden soll:


Neben „normalen" Rechtsanwälten finden sich inzwischen u.a. Fachanwälte für Verkehrsrecht und auch sogenannte „Spezialisten" für dieses Gebiet in der inzwischen freizügiger gehandhabten Werbung um Mandanten. Mit welchen Erfahrungen des Anwalts darf aber nun z.B. ein Geschädigter nach einem Verkehrsunfall oder ein Betroffener nach einer Ordnungswidrigkeit rechnen, wenn er sich für den einen oder den anderen Anwalt entscheidet?

Klarzustellen ist zunächst, dass alle oben genannten Vertreter grundsätzlich unter die Berufsbezeichnung „Rechtsanwälte" fallen und damit Organe der Rechtspflege sind, die zur Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten befugt sind.

Jeder verantwortungsbewusste Rechtsanwalt wird sich im Interesse seiner Mandanten auf gewisse Tätigkeitsgebiete beschränken, da es bei der Flut an Gesetzen und der ausufernden Rechtsprechung hierzu nicht möglich ist, auf allen Gebieten gleichermaßen kompetent aufzutreten. Auf das Verkehrsrecht bezogen führt dies zu der Erkenntnis, dass grundsätzlich jeder Rechtsanwalt sich mit der Regulierung von Unfallschäden, der Lösung versicherungsrechtlicher Probleme oder der Verteidigung in Bußgeld- oder Verkehrsstrafverfahren befassen kann - ungeachtet des für den Rechtsuchenden nicht überprüfbaren Umstandes, über welche Kenntnisse und Erfahrungen der Anwalt in diesen Bereichen verfügt. Dies kann zumindest bei umfangreicheren oder komplizierteren Fällen schnell zum rechtlichen und damit oft auch finanziellen Nachteil des Mandanten werden.

Trügerisch ist es, wenn ein Rechtsuchender deswegen den Entschluss fasst, seinen verkehrsrechtlichen Fall lieber vom sogenannten „Spezialisten für Verkehrsrecht" bearbeiten zu lassen. Es muss unmissverständlich klargestellt werden, dass es diesen Titel offiziell nicht gibt. Die Bezeichnung „Spezialist" eines bestimmten Rechtsgebiets ist ausschließlich von dem Verwender selbst gewählt. Ein objektiver Nachweis dafür, dass es sich hierbei nicht lediglich um eine leere Worthülse zum Mandantenfang handelt, wird regelmäßig nicht erbracht. Im Gegenteil ist es sogar so, dass aus einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28.07.2004 (Az. 1 BvR 159/04) hervorgeht, dass die Verwendung der Bezeichnung „Spezialist für Verkehrsrecht" wohl zumindest dann verboten ist, wenn eine Verwechselung mit dem offiziellen Titel „Fachanwalt für Verkehrsrecht" möglich erscheint und keine hinreichenden Anhaltspunkte für einen besonders hohen Grad der Spezialisierung gegeben sind. Deswegen sollte jeder Ratsuchende mindestens hellhörig werden und es kritisch hinterfragen, wenn er in Anzeigen, Telefonbüchern oder auch im Internet auf selbsternannte Rechts-„Spezialisten" stößt. Es sei die rhetorische Frage in den Raum gestellt, ob möglicherweise derjenige, der zu derart reklamehaftem Anpreisen seiner selbst neigt, auch bei der Bearbeitung der anvertrauten Mandate mehr an das eigene Interesse denkt, als an das Wohl seiner Mandanten...

Diejenigen Rechtsanwälte, die eine Fortbildung zum Fachanwalt erfolgreich abgeschlossen haben, haben sich hingegen eindeutig und nachgeprüft auf ein bestimmtes Fachgebiet spezialisiert. So muss beispielsweise der Fachanwalt für Verkehrsrecht nach mindestens dreijähriger Zulassung als Rechtsanwalt jedenfalls 120 Stunden an einem von Fachleuten gehaltenen Lehrgang beispielsweise bei der DeutschenAnwaltAkademie teilnehmen. Seine besonderen theoretischen Kenntnisse in diesem Rechtsgebiet inklusive aller Teilgebiete muss der Anwalt innerhalb von 15 Stunden in komplizierten Klausuren nachweisen. Zum Beweis entsprechender praktischer Erfahrungen wird von den Rechtsanwaltskammern eine Liste angefordert und überprüft, in der mindestens 160 verkehrsrechtliche Fälle (inkl. mindestens 60 gerichtlicher Verfahren) aufzuführen sind. Erst dann, wenn all diese Voraussetzungen erfüllt sind und der Anwalt sich ggf. auch noch einem mündlichen Prüfungsgespräch unterzogen hat, wird ihm von der für ihn zuständigen Rechtsanwaltskammer die Führung des Titels „Fachanwalt für Verkehrsrecht" gestattet. Einher geht damit die wiederum besonders geregelte Verpflichtung, sich künftig jährlich mindestens zehn Stunden lang durch hörende oder dozierende Teilnahme an Veranstaltungen oder durch Veröffentlichung juristischer Abhandlungen fortzubilden und diese Fortbildung gegenüber der Rechtsanwaltskammer auch nachzuweisen. Damit wird auch für die Zukunft gewährleistet, dass der Fachanwalt „up-to-date" bleibt und seine Mandanten bestmöglich vertreten kann.

Die höchsten Anforderungen in qualitativer Hinsicht bestehen damit in der Gruppe der verkehrsrechtlich tätigen Anwälte bei den Fachanwälten. Zugegeben: Eine Garantie für erfolgreiche Arbeit kann auch dadurch nicht gegeben werden und es gibt sicherlich zahlreiche Rechtsanwälte, die auch ohne Fachanwaltstitel einen guten Job machen. Bedenklich erscheint aber jedenfalls der Trend, sich mancherorts werbeträchtig als „Spezialist" in Szene zu setzen, ohne entsprechend hoch spezialisiert zu sein. Es sei doch die Frage erlaubt, warum derjenige, der nach eigener Auskunft maßhaltig im Bereich des Verkehrsrechts tätig ist und demnach auch entsprechende Mandate müsste nachweisen können, nicht den Weg geht und sich offiziell zum Fachanwalt für Verkehrsrecht prüfen lässt ...

Dr. jur. Sven Hufnagel

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht

Kanzlei Dr. Hufnagel Rechtsanwälte

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Der Verfasser ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht und als solcher überwiegend im Bereich des zivilen Verkehrsrechts (Unfallregulierung, Probleme beim Kfz-Kauf), Ordnungswidrigkeitenrechts und Verkehrsstrafrechts tätig.


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