Der Kündigungsschutz aus dem Mutterschutzgesetz - für wen und wie lange er gilt und was zu beachten ist

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Eine Kündigung zu erhalten ist bereits aufreibend genug. Die Suche nach einem neuen Arbeitsplatz, die finanziellen Sorgen sowie die Ungewissheit können eine enorme Belastung darstellen. Eine Kündigung während der Schwangerschaft erhöht diese Sorgen und Belastungen noch einmal deutlich. Das Arbeitsrecht bietet aus diesem Grund einen besonderen Kündigungsschutz, um die schwangere Arbeitnehmerin sowie ihr Kind vor diesen Belastungen zu schützen. Für wen und für welche Dauer der Kündigungsschutz gilt und was Sie noch beachten müssen, dazu hier mehr.

Grundsatz

Das Mutterschutzgesetz dient dem Gesundheitsschutz der Frau und ihres Kindes am Arbeits-, Ausbildungs- und Studienplatz während der Schwangerschaft, der Entbindung und in der Stillzeit. Hierfür besteht neben zahlreichen Maßnahmen zum Arbeitsschutz sowie finanziellen Unterstützungsleistungen vor allem ein besonderer Kündigungsschutz. Durch diesen soll verhindert werden, dass Frauen aufgrund ihrer Schwangerschaft entlassen werden und sich diese zusätzlichen Sorgen und Belastungen schädlich auf die physische und psychische Verfassung auswirken.

Für wen gilt der besondere Kündigungsschutz?

Der besondere Kündigungsschutz nach dem Mutterschutzgesetz [§ 17 Abs. 1 MuSchG] gilt für Frauen:

  • während der Schwangerschaft
  • bis zum Ablauf von vier Monaten nach einer Fehlgeburt nach der zwölften Schwangerschaftswoche
  • bis zum Ende ihrer Schutzfrist nach der Entbindung, mindestens jedoch bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung

Der Schutz gilt dabei nach § 1 Abs. 2 MuSchG nicht nur für Arbeitnehmerinnen. Auch Auszubildende, Studentinnen, Schülerinnen und Praktikantinnen genießen grundsätzlich den Kündigungsschutz. Ausgenommen sind hingegen Selbstständige, Soldatinnen, Richterinnen und Beamtinnen.

Eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber Frauen, auf die eine der vorbenannten Eigenschaften zutrifft, ist somit in der Regel unzulässig. Dies gilt dabei grundsätzlich für alle Arten der Kündigung, d.h. auch für Änderungskündigungen sowie Kündigungen im Zuge von Massenentlassungen oder Insolvenzen.

Was müssen Sie beachten?

Zwar regelt § 15 Abs. 1 MuSchG, dass die schwangere Frau ihrem Arbeitgeber die Schwangerschaft sowie den Entbindungstermin bekannt geben soll, sobald sie hiervon weiß. Gleiches gilt zudem auch für stillende Frauen. Es handelt sich hierbei jedoch um eine sog. Soll-Vorschrift: ein Verstoß gegen diese hat weder eine Strafe, noch den Verlust ihres Kündigungsschutzes zur Folge. Sie soll den Arbeitgeber vielmehr in die Lage versetzen, die Mutterschutznormen entsprechend anwenden zu können. Sofern der Arbeitgeber nicht über die Schwangerschaft informiert wurde, kann sich die schwangere Arbeitnehmerin im Nachgang nicht auf die Verletzung der Schutzvorschriften berufen. Diese Vorschrift ist daher eher als eine Art gesetzliche Empfehlung anzusehen.

Zwingende Voraussetzung für den Kündigungsschutz ist nach § 17 Abs.1 MuSchG dennoch, dass dem Arbeitgeber die Schwangerschaft, die Fehlgeburt oder die Entbindung bekannt ist oder ihm diese innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt der Kündigung mitgeteilt wird. Hier gilt es somit, diese 2-Wochen-Frist dringend im Blick zu behalten, denn nur so kann der Kündigungsschutz noch gewahrt werden. Für den Fall, dass Sie erst nach Erhalt der Kündigung erfahren, dass Sie schwanger sind, müssen Sie dies unverzüglich dem Arbeitgeber mitteilen.

Die Mitteilung erfolgt dabei durch Einholung einer Schwangerschaftsbescheinigung bei Ihrer behandelnden Frauenärztin. Im Rahmen dieser Bescheinigung ist entsprechend der vorbenannten Regelung des § 15 MuSchG auch der ermittelte, voraussichtliche Entbindungstermin festzuhalten.

Grundsätzlich bleibt es folglich ihnen überlassen, wann Sie Ihre Schwangerschaft gegenüber Ihrem Arbeitgeber offenbaren. Sobald Sie eine Kündigung erhalten haben sollten Sie diese Mitteilung jedoch innerhalb von zwei Wochen nachholen.

Ab wann gilt der Kündigungsschutz?

Grundsätzlich gilt der Kündigungsschutz vom Zeitpunkt der Befruchtung bis zur Entbindung, der Fehlgeburt oder des Schwangerschaftsabbruchs. Doch was ist, wenn die Schwangerschaft erst nach der Kündigung bekannt wird und der erste Tag der Schwangerschaft umstritten ist? Ab wann gilt der Kündigungsschutz also frühestens?

Mit dieser Frage hatte sich das Bundesarbeitsgericht [BAG 2 AZR 11/22] im letzten Jahr erneut zu befassen.

In der vorliegenden Entscheidung hatte die Klägerin am 06.11.2021 die Kündigung durch ihren Arbeitgeber erhalten und gegen diese fristgerecht, innerhalb der 3-Wochen-Frist, am 12.11.2021 Kündigungsschutzklage erhoben. Erst am 26.11.2021 erfuhr die Klägerin von ihrer Schwangerschaft und teilte dies mit anwaltlichem Schriftsatz vom 07.12.2021 mit. Der Entbindungstermin wurde in der Folge auf den 05.08.2021 bestimmt.

Streitig war nun, ob die Klägerin bereits zum Zeitpunkt der Kündigung schwanger war und sich somit auf den besonderen Kündigungsschutz des Mutterschutzgesetzes berufen konnte.

Unter Beibehaltung seiner ständigen Rechtsprechung entschied das Bundesarbeitsgericht, dass das Kündigungsverbot 280 Tage vor dem ärztlich festgestellten Tag der Entbindung beginnt. Zwar regelt weder das europäische Recht, noch das Mutterschutzgesetz genau, ab welchem Zeitpunkt das Kündigungsverbot gilt. Diese Berechnung berücksichtige dabei jedoch die äußerste, zeitliche Grenze der Schwangerschaft und bezieht dabei auch Tage ein, in denen eine Schwangerschaft zwar unwahrscheinlich, aber bereits möglich ist. So soll der verfassungsrechtlich gebotene Schutz der Schwangeren gewahrt werden.

Für die Klägerin in der benannten Entscheidung hieß das somit, dass das Kündigungsverbot - ausgehend vom Entbindungstermin am 05.08.2021 - am 29.10.2021 begann. Die Kündigung vom 06.11.2021 wäre demnach unwirksam gewesen.

Ob die Klägerin jedoch die 2-Wochen-Frist zur Mitteilung ihrer Schwangerschaft schuldhaft versäumt hatte muss im Rahmen der Beweisaufnahme noch geklärt werden. Hierzu wurde das Verfahren an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Besteht der Kündigungsschutz ausnahmslos?

Der Kündigungsschutz nach dem Mutterschutzgesetz hat jedoch eine wichtige Ausnahme. Denn nach § 17 Abs. 2 MuSchG kann der Arbeitgeber gegenüber der für den Arbeitsschutz zuständigen Behörde einen Antrag stellen, wonach die Kündigung in besonderen Fällen, die nicht mit der Schwangerschaft, der Fehlgeburt nach der zwölften Schwangerschaftswoche oder der Entbindung in Zusammenhang stehen dürfen, ausnahmsweise für zulässig erklärt werden kann. [In Sachsen ist hierfür die Landesdirektion entsprechend zuständig.]

Die Kündigung bedarf auch in diesen Fällen der Schriftform und muss den Kündigungsgrund angeben. In Betracht kommen hierbei vor allem verhaltensbedingte Gründe seitens der Arbeitnehmerin [hierbei insbesondere ein strafbares Verhalten zu Lasten des Arbeitgebers] sowie dringende betriebliche Gründe [insbesondere die bevorstehende, sichere Betriebsschließung]. Die Entscheidung, ob einem solchen Antrag stattgegeben wird bedarf dabei einer umfassenden Abwägung der jeweiligen Interessen und ist dabei wohl vor allem bei den betrieblichen Gründen gegeben. Doch auch hier muss der Arbeitgeber genau darlegen, dass eine weitere Beschäftigung der Schwangeren nicht möglich bzw. zumutbar ist.

Ohne die Zustimmung der zuständigen Behörde ist die Kündigung schlicht unwirksam. Dennoch sollte auch hier dringend die Drei-Wochen-Frist des Kündigungsschutzgesetzes bedacht und im Auge behalten werden.

Wann gilt der Kündigungsschutz nicht?

Das Mutterschutzgesetz bietet somit vor allem einen umfassenden Schutz vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch eine Kündigung des Arbeitgebers. Sofern jedoch eine andere Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Betracht kommt, greift der dadurch gewährte Schutz nicht.

Dies kommt vor allem in befristeten Arbeitsverhältnissen in Betracht. Diese sind nicht vom Kündigungsschutz umfasst. Sofern das Arbeitsverhältnis zu einem bestimmten Datum ausläuft und die Befristung dabei auch wirksam vereinbart wurde, gewährt das Mutterschutzgesetz keinen Anspruch darauf, dieses Arbeitsverhältnis über den Befristungszeitpunkt hinaus zu verlängern.

Und auch im Falle eines Aufhebungsvertrages greift der Kündigungsschutz des Mutterschutzgesetzes nicht. Es steht ihnen dabei grundsätzlich frei, sich - in gemeinsamen Verhandlungen mit dem Arbeitgeber - über die Beendigung Ihres Arbeitsverhältnisses zu verständigen. Je nachdem, von welcher Seite die Initiative zur Aufhebung des Arbeitsvertrages ausging, kann die Schwangerschaft dabei durchaus die Verhandlungsposition steigern. Sofern Sie es sich jedoch im Nachgang anders überlegen sollten und Ihr Arbeitsverhältnis doch fortsetzen wollen, so können Sie sich hierbei nicht auf den Kündigungsschutz des Mutterschutzgesetzes berufen.

Fazit

Letztlich bleibt folgendes festzuhalten: Sofern das Mutterschutzgesetz - und explizit der Kündigungsschutz nach § 17 Abs. 2 MuSchG - für Sie Anwendung findet, so ist Ihr Arbeitsverhältnis im Normalfall in sicheren Händen. Es kann dabei zwar durchaus passieren, dass eine Kündigung wegen dringender betrieblicher Gründe ausnahmsweise als zulässig angesehen werden kann. Verhaltensbedingte Gründe kommen hingegen nur in Betracht, falls Sie durch Ihr Verhalten bewusst dafür sorgen, dass eine Fortsetzung Ihres Arbeitsverhältnisses untragbar wird.

Durch die dargestellte Entscheidung des BAG wurde zudem noch einmal bekräftigt, ab wann der Kündigungsschutz gilt. Unter Rückrechnung um 280 Tage, beginnend ab dem ermittelten Entbindungstermin, ergibt sich der früheste Zeitpunkt.

Wichtig bleibt, dass Sie die entsprechenden Fristen wahren. Dies betrifft insbesondere die 2-Wochen-Frist zur Mitteilung Ihrer Schwangerschaft sowie die stets geltende 3-Wochen-Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage. Sollten Sie trotz bestehender Schwangerschaft eine Kündigung erhalten haben wenden Sie sich daher gern an mich. Für eine rechtliche Beratung und Einschätzung Ihrer Situation stehe ich Ihnen zur Seite.



Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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