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Der Schatz im ​Bücherregal: Wann man bei bezahlten Rechnungen die ​Mehrwertsteuer zurück verlangen kann

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Die Rückforderung zu Unrecht gezahlter Mehrwertsteuer (MwSt) basiert auf umfassenden Regelungen im deutschen und europäischen Recht. Leistungsempfänger haben unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf Rückzahlung der zu Unrecht gezahlten MwSt. Ein unrichtiger Steuerausweis muss berichtigt werden, und bei Unmöglichkeit der Rückforderung vom Leistenden, beispielsweise wegen Insolvenz, kann ein Direktanspruch gegen die Finanzbehörde bestehen. Dieser Anspruch setzt voraus, dass der Leistungsempfänger die Zahlung nicht zurückfordern kann, keinen Betrug oder Fahrlässigkeit begangen hat und die Berichtigung keine Gefährdung des Steueraufkommens darstellt. Der Erstattungsanspruch muss bei der zuständigen Finanzbehörde unter Nachweis der Voraussetzungen und Beachtung der Fristen geltend gemacht werden. Der EuGH und der BFH haben in ihren Urteilen die Bedingungen für einen solchen Anspruch sowie die Verzinsung des Erstattungsbetrags bei verspäteter Rückzahlung präzisiert. Leistungsempfänger/Mehrwertsteuerzahler werden zudem angehalten, Rechnungen sorgfältig zu prüfen, relevante Unterlagen zu dokumentieren und Ansprüche rechtzeitig geltend zu machen, um ihre Rechte wirksam zu nutzen.

Gesammelte Rechnungen in Aktenordnern können sich als wahre Goldgrube herausstellen. Die Rückforderungsrechte wegen zu Unrecht gezahlter Mehrwertsteuer (MwSt) ist sowohl in der deutschen als auch in der europäischen Rechtsprechung umfassend behandelt worden. 

Im Folgenden werden die Voraussetzungen für eine solche Rück-forderungen detailliert dargelegt, unter Einbeziehung relevanter Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und des Bundesfinanzhofs (BFH).

1. Unrichtiger Steuerausweis und dessen Berichtigung

  • Unrichtiger Steuerausweis: Gemäß § 14c Abs. 1 des deutschen Umsatzsteuergesetzes (UStG) schuldet ein Unternehmer die ausgewiesene Steuer, wenn er in einer Rechnung einen höheren Steuerbetrag ausweist, als gesetzlich geschuldet ist.

  • Berichtigung der Rechnung: Eine Korrektur des unrichtigen Steuerausweises ist möglich, wenn die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt wird. Dies erfordert in der Regel die Ausstellung einer berichtigten Rechnung und die Rückzahlung der zu Unrecht vereinnahmten Steuer an den Leistungsempfänger.

2. Anspruch des Leistungsempfängers auf Rückzahlung

  • Zivilrechtlicher Anspruch: Der Leistungsempfänger hat grundsätzlich einen zivilrechtlichen Anspruch auf Rückzahlung der zu Unrecht gezahlten MwSt gegenüber dem Leistenden. Dies setzt voraus, dass der Leistende die zu Unrecht vereinnahmte Steuer an den Leistungsempfänger zurückzahlt und die Rechnung entsprechend berichtigt. 

  • Direktanspruch gegen die Finanzbehörde: Ist die Rückforderung vom Leistenden unmöglich oder übermäßig erschwert (z. B. bei Insolvenz des Leistenden), kann der Leistungsempfänger einen unmittelbaren Erstattungsanspruch gegenüber der Finanzbehörde geltend machen. Dies wurde vom EuGH im Urteil vom 15.03.2007 (Rs. C-35/05, "Reemtsma Cigarettenfabriken") bestätigt.

3. Voraussetzungen für den Direktanspruch gegen die Finanzbehörde

  • Unmöglichkeit der Rückforderung vom Leistenden: Der Leistungsempfänger muss nachweisen, dass er die zu Unrecht gezahlte MwSt nicht vom Leistenden zurückfordern kann, beispielsweise aufgrund von dessen Insolvenz oder abgelaufener zivilrechtlicher Verjährungsfristen. 

  • Kein Vorwurf von Betrug oder Fahrlässigkeit: Dem Leistungsempfänger dürfen weder Betrug noch Fahrlässigkeit vorgeworfen werden. Er muss die Steuer in gutem Glauben gezahlt haben. 

  • Gefährdung des Steueraufkommens ausgeschlossen: Die Berichtigung des unrichtigen Steuerausweises darf nicht zu einer Gefährdung des Steueraufkommens führen. Dies erfordert in der Regel, dass der Leistende die zu Unrecht ausgewiesene Steuer an die Finanzbehörde abgeführt hat. 

4. Verfahren zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs

  • Nachweisführung: Der Leistungsempfänger muss gegenüber der Finanzbehörde nachweisen, dass die Voraussetzungen für den Erstattungsanspruch vorliegen. Dies umfasst insbesondere den Nachweis der Zahlung der zu Unrecht ausgewiesenen MwSt und die Unmöglichkeit der Rückforderung vom Leistenden.

  • Antragstellung: Der Erstattungsantrag ist bei der zuständigen Finanzbehörde zu stellen. Dabei sind die einschlägigen Fristen zu beachten, insbesondere die Festsetzungsfrist gemäß § 169 der Abgabenordnung (AO). 

  • Verzinsung des Erstattungsbetrags: Wird die zu Unrecht gezahlte MwSt nicht innerhalb einer angemessenen Frist erstattet, hat der Leistungsempfänger Anspruch auf Verzinsung des Erstattungsbetrags. Dies wurde vom EuGH im Urteil vom 07.09.2023 (Rs. C-453/22, "Schütte") klargestellt.

5. Relevante Urteile und deren Bedeutung

  • EuGH, Urteil vom 15.03.2007 (Rs. C-35/05, "Reemtsma Cigarettenfabriken"): Bestätigt den Direktanspruch des Leistungsempfängers gegenüber der Finanzbehörde, wenn die Rückforderung vom Leistenden unmöglich oder übermäßig erschwert ist. 

  • EuGH, Urteil vom 07.09.2023 (Rs. C-453/22, "Schütte"): Betont die Notwendigkeit der Verzinsung des Erstattungsbetrags, wenn die Rückzahlung der zu Unrecht gezahlten MwSt nicht innerhalb einer angemessenen Frist erfolgt.

  • BFH, Urteil vom 30.06.2015 (VII R 42/14): Unterstreicht, dass der Leistungsempfänger keinen unmittelbaren Anspruch auf Erstattung der zu Unrecht gezahlten MwSt gegenüber der Finanzbehörde hat, wenn die Rückforderung vom Leistenden möglich ist.

6. Praktische Hinweise für Leistungsempfänger/Mehrwersteuerzahler

  • Sorgfältige Prüfung von Rechnungen: Leistungsempfänger sollten Rechnungen sorgfältig prüfen, um unrichtige Steuerausweise zu erkennen und Korrekturen zeitnah zu veranlassen.

  • Dokumentation: Alle relevanten Unterlagen, insbesondere Rechnungen, Zahlungsbelege und Korrespondenz mit dem Leistenden, sollten sorgfältig aufbewahrt werden, um im Bedarfsfall den Erstattungsanspruch nachweisen zu können.

  • Rechtzeitige Geltendmachung von Ansprüchen: Es ist wichtig, Ansprüche innerhalb der gesetzlichen Fristen geltend zu machen, um den Verlust von Erstattungsansprüchen zu vermeiden.

Durch Beachtung dieser Voraussetzungen und Hinweise können Leistungsempfänger ihre Rechte auf Rückforderung zu Unrecht gezahlter Mehrwertsteuer effektiv wahrnehmen.

Fragen

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Foto(s): KI


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