Der Verteidiger in Bußgeldverfahren erhält Einsicht in die gesamte Messreihe vom Tattag!

  • 2 Minuten Lesezeit

Dem Verteidiger in einem Bußgeldverfahren sind sämtliche Messunterlagen vom Tattag (inkl. Token) auf Antrag zur Verfügung zu stellen. Die Bußgeldbehörde hat diese auf einen Datenträger zu kopieren und an den Verteidiger zu übersenden. Das hat das Amtsgericht Köln mit Beschluss vom 25.11.2019 auf unseren Antrag hin beschlossen.

Im vorliegenden Verfahren hatte die Bußgeldbehörde (Stadt Köln) die Herausgabe der kompletten Messreihe, also aller Messdaten vom streitgegenständlichen Tag und nicht nur die Messdateien des Betroffenen, verweigert. Hiergegen haben wir einen Antrag nach § 62 OWiG zum Amtsgericht Köln als zuständiges Gericht der Hauptsache gestellt.

Das Amtsgericht hat festgestellt, dass dem Betroffenen, bzw. sein Verteidiger, ein substantiierter Angriff auf die Messung nur möglich ist, wenn er konkrete Anhaltspunkte darlegen kann. Er kann nicht bloß „ins Blaue“ hinein Behauptungen aufstellen und damit eine Messung angreifen. 

Eine solche substantiierte Darlegung ist einem Betroffenen im Bußgeldverfahren jedoch nur dann möglich, wenn er nicht nur die Einsicht in die Unterlagen der eigenen konkreten Messung erhält, sondern auch durch Überprüfung der gesamten Messreihe gegebenenfalls Unregelmäßigkeiten aufdecken kann, welche dann Zweifel an der Richtigkeit der konkreten Messung begründen. 

Auch wenn ihm dies gelingt, was nach Meinung des Oberlandesgerichts Bamberg jedoch angeblich ausgeschlossen sei (wie auch immer das Oberlandesgericht zu dieser abenteuerlichen Einschätzung kommt), wird das Gericht nämlich im Einspruchsverfahren bereit sein, die Messung einer Prüfung durch einen amtlich bestellten Sachverständigen zu unterziehen.

Das Amtsgericht führt weiter aus, dass die Herausgabe dieser Daten auch nicht gegen den Datenschutz verstößt. Denn in Bezug auf die anderen von der Messung am Tattag ebenfalls erfassten Verkehrsteilnehmer an der Messstelle hat eine Güterabwägung stattzufinden. 

Dabei ergibt sich jedoch, dass das Interesse des Betroffenen an einer ordnungsgemäßen Überprüfung der Geschwindigkeitsmessung gegenüber dem Interesse der dritten Person überwiegt. Zwar könnte es sein, dass diese im Rahmen der Überprüfung der Messreihe auf einen derartigen Foto erkannt wird, diese Wahrscheinlichkeit ist jedoch zum einen sehr gering und zum anderen haben sich diese Personen freiwillig in den Straßenverkehr begeben. 

Die Teilnahme am Straßenverkehr bedingt, dass man durch andere Verkehrsteilnehmer erkannt werden kann oder durch die Kontrollorgane der Polizei und Verkehrsüberwachungskameras erfasst werden kann. In dieses Risiko haben sich die anderen Verkehrsteilnehmer freiwillig begeben. Hinzu tritt, dass hier die Herausgabe der Messdaten an einen zur Verschwiegenheit verpflichteten Personenkreis, nämlich einen Rechtsanwalt und ggf. einen Sachverständigen erfolgt.

Es ist daher sinnvoll, im Bußgeldverfahren auf eine Herausgabe der gesamten Messdaten (gesamte Messreihe) zu bestehen. Notfalls muss man gegen ablehnende Entscheidungen der Bußgeldbehörde gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen. Gerne stehen die im Verkehrsrecht erfahrenen Anwälte in der Kanzlei WTB Rechtsanwälte an den Standorten Köln und Bonn Ihnen bei Fragen zur Verfügung. Selbst verständlich beraten und vertreten wir Sie dabei bundesweit.

(AG Köln, Beschluss vom 25.11.209 – 813 Owi 29/19)



Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Joachim Thiele

Beiträge zum Thema