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Der Vertrauensgrundsatz im Straßenverkehr

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Der sog. Vertrauensgrundsatz ist ein rechtliches Prinzip, welches im Grundsatz darauf beruht, dass alle Verkehrsteilnehmer darauf vertrauen können, dass auch die anderen Verkehrsteilnehmer sich an die geltenden Verkehrsregeln halten und sich verantwortungsvoll im Straßenverkehr bewegen. Dieser Grundsatz gilt zwischen allen Verkehrsteilnehmern, also unabhängig davon, ob es sich um Autofahrer, Fußgänger, Radfahrer o.ä. handelt.

Zur Veranschaulichung dieses Grundsatzes ein paar konkrete Beispiele: 

Ein Fahrzeug nähert sich einer Kreuzung und hat Grün. Gemäß dem Vertrauensgrundsatz kann der Fahrer davon ausgehen, dass andere Fahrzeuge, die Rot haben, anhalten werden. Der Fahrer kann also die Kreuzung sicher überqueren, ohne befürchten zu müssen, dass ein entgegenkommendes Fahrzeug das Signal missachtet. Ein Fußgänger steht an einem Zebrastreifen und signalisiert seine Absicht, die Straße zu überqueren. Gemäß dem Vertrauensgrundsatz kann der Fußgänger darauf vertrauen, dass Fahrzeuge anhalten werden, um ihm das Überqueren zu ermöglichen, denn die Fahrer haben die Pflicht, Fußgängern an Zebrastreifen den Vorrang zu gewähren.

Diese Beispiele verdeutlichen, wie der Vertrauensgrundsatz im Straßenverkehr funktioniert. Er beruht auf dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens zwischen den Verkehrsteilnehmern, um einen sicheren und reibungslosen Verkehrsfluss zu gewährleisten. Grundsätzlich muss also kein Autofahrer mit einem unbedachten und unvorsichtigen Verhalten erwachsener Fußgänger im Straßenverkehr rechnen; Aunahmen gelten im Bereich des § 3 Abs. 2a StVO gegenüber Kindern, Hilfsbedürftigen und älteren Menschen.

Allerdings muss beachtet werden, dass der Vertrauensgrundsatz nicht bedingungslos gilt. 

So betonte der BGH erst kürzlich in seiner Entscheidung vom 4. April 2023 (Az.: VI ZR 11/21), dass der Grundsatz nur gelten kann, wenn die offensichtliche Verkehrssituation keine andere Beurteilung erfordert. Wenn man also bemerkt, dass der andere Verkehrsteilnehmer sich nicht den Verkehrsvorschriften entsprechend verhält, endet der o.g. Grundsatz. 

Verkehrsteilnehmer sollten daher stets vorsichtig und aufmerksam sein, um potenzielle Gefahrensituationen zu erkennen und angemessen darauf zu reagieren. Dies kann z.B. bedeuten, dass ein Autofahrer nicht nur den vor ihm liegenden Straßenbereich im Blick haben muss, sondern auch die Fußgänger am Straßenrand. Wenn ein Verkehrsteilnehmer ein unvorsichtiges oder gefährliches Verhalten eines anderen Verkehrsteilnehmers wahrnimmt, sollte er selbst entsprechende Maßnahmen ergreifen, um einen Unfall zu verhindern. Ein blindes Vertrauen auf regelkonforme Verhaltensweisen ist hier verfehlt.

Die Haftungsfrage sollte im Zweifel stets durch einen im Verkehrsrecht erfahrenen Fachanwalt geprüft werden.

Foto(s): J. Weber

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