Die Abmahnung als Vorbote der verhaltensbedingten Kündigung – was Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beachten sollten

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Die Abmahnung ist neben der Kündigung die bekannteste arbeitsrechtliche Unmutsäußerung. Dieser Beitrag befasst sich mit der Funktion der Abmahnung, ihrer Rechtmäßigkeit und den Möglichkeiten, die Arbeitnehmer haben, gegen eine ungerechtfertigte Abmahnung vorzugehen.

I. Begriff und Rechtsgrundlage

Der Arbeitgeber hat das Recht, mittels einer Abmahnung ein nicht vertragsgerechtes Verhalten des Arbeitnehmers zu beanstanden, da er der Gläubiger der vom Arbeitnehmer geschuldeten Arbeitsleistung ist. Er weist den Arbeitnehmer auf dessen vertragliche Pflichten hin und konfrontiert ihn mit der Verletzung dieser Pflichten. Dadurch wohnt der Abmahnung eine Rüge- und Dokumentationsfunktion inne.

Daneben kommt der Abmahnung eine Warnfunktion zu. Der Arbeitgeber fordert den Arbeitnehmer zu einem vertragstreuen Verhalten auf und kündigt für den Fall einer erneuten Pflichtverletzung arbeitsrechtliche Konsequenzen an.                                                    Mittels einer Abmahnung muss der Arbeitgeber demnach hinreichend deutlich seine Beanstandungen vorbringen und damit deutlich den Hinweis verbinden, dass im Falle einer Wiederholung des gerügten Verhaltens, der Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet ist.

Außerdem stellt die Abmahnung zugleich eine Vorstufe zur verhaltensbedingten Kündigung dar. Denn die Annahme, dass eine dauerhaft störungsfreie Arbeitsleistung wegen einer bereits zurückliegenden Vertragsverletzung in Zukunft nicht mehr zu erwarten ist, ist prinzipiell nur gerechtfertigt, wenn dem Fehlverhalten eine einschlägige Abmahnung vorausgegangen ist. Nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist eine Kündigung nicht gerechtfertigt, wenn mildere Mittel und Reaktionen von Seiten des Arbeitgebers geeignet sind, beim Arbeitnehmer künftige Vertragstreue zu bewirken. Die Abmahnung kann ein als gegenüber der fristgemäßen Kündigung in Betracht kommendes milderes Mittel sein.

II. Form und Inhalt der Abmahnung

Die Abmahnung muss zur Erfüllung der Rüge- und Warnfunktion hinreichend bestimmt formuliert sein. Die Pflichtverletzung muss als konkretes, abgrenzbares Geschehen benannt werden. Der Arbeitgeber darf nicht lediglich pauschale Vorwürfe oder die rechtliche Bewertung eines Fehlverhaltes angeben, sondern muss geltend machen, auf welche Tatsachen und welchen genauen Sachverhalt er die Vorwürfe stützt. Denn dem Arbeitnehmer muss die Chance eingeräumt werden, nachzuvollziehen, welches Verhalten er zukünftig ändern muss, um sich vertragstreu zu verhalten.

Das Bestimmtheitserfordernis gilt auch für die kündigungsrechtliche Warnfunktion der Abmahnung. Der Arbeitgeber muss in seiner Rüge deutlich darauf hinweisen, dass im Wiederholungsfall der Inhalt oder der Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet sei. Dies muss nicht im konkreten Wortlaut geschehen. Die Ankündigung „kündigungsrechtlicher Konsequenzen” ist begrifflich ausreichend. Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts liegt auch in der Androhung „arbeitsrechtlicher Schritte” bzw. „arbeitsrechtlicher Konsequenzen” eine hinreichende Warnung vor einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses (BAG, Urteil vom 19. 4. 2012 – 2 AZR 258/11).

Eine Abmahnung unterliegt – insofern keine besonderen vertraglichen Regelungen bestehen – keinen Formerfordernissen. Der Arbeitgeber kann sie auch mündlich aussprechen.

III. Verhältnismäßigkeit einer Abmahnung

Eine Abmahnung setzt ein objektiv vertragswidriges Verhalten voraus. Der erhobene Vorwurf muss objektiv gerechtfertigt sein. Dabei ist es zunächst unerheblich, ob das beanstandete Verhalten dem Arbeitnehmer auch subjektiv vorgeworfen werden kann, ihn also ein Verschulden trifft. Denn auch bei unverschuldeten Vertragspflichtverletzungen kann die Abmahnung der Rüge- und Warnfunktion gerecht werden. Ist dem Arbeitnehmer eine objektive Pflichtverletzung wegen eines unvermeidbaren Rechtsirrtums nicht vorwerfbar, verdeutlicht die Abmahnung dem Arbeitnehmer gleichwohl, dass sein Verhalten vertragswidrig ist und der Arbeitgeber nicht bereit ist, dies in der Zukunft hinzunehmen.                                             

Bei fehlendem Verschulden kann eine Abmahnung aber unverhältnismäßig sein.

Bei Abmahnungen im Arbeitsverhältnis ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten (BAG, Urteil vom 27. 11. 2008 – 2 AZR 675/07). Das Bundesarbeitsgericht verlangt „zur Vermeidung von schwerwiegenden Rechtsfolgen bei nur geringfügigen Rechtsverstößen” ein vertretbares Verhältnis der Pflichtverletzung und der Abmahnung (BAG 31. 8. 1994 – 7 AZR 893/93). Demnach muss eine wirksame Abmahnung eine gewisse Intensität der Vertragspflichtverletzung voraussetzen. Die mit der Androhung kündigungsrechtlicher Konsequenzen verbundene Bestandsgefährdung könne bei einem einmaligen, lediglich geringfügigen Pflichtenverstoß einen unangemessenen Eingriff in die Rechtspositionen des Arbeitnehmers darstellen.

IV. Wie kann sich der Arbeitnehmer wehren?

Ein Arbeitnehmer kann gegen eine unberechtigt in seine Personalakte aufgenommene Abmahnung eine Gegendarstellung vorbringen. Der Arbeitgeber ist auf Verlangen des Arbeitnehmers gemäß § 83 Abs. 2 BetrVG verpflichtet, diese in der Personalakte aufzunehmen. Darüber hinaus kann der Arbeitnehmer von seinem Beschwerderecht nach § 84 Abs. 1 BetrVG Gebrauch machen.

Außerdem hat der Arbeitnehmer gemäß §§ 242, 1004 Abs. 1 S. 1 BGB einen Anspruch auf Entfernung einer zu Unrecht erteilten Abmahnung aus seiner Personalakte.                  Der Arbeitnehmer kann die Beseitigung der Abmahnung verlangen, wenn sie formell nicht ordnungsgemäß zustande gekommen ist, inhaltlich unbestimmt ist, falsche Tatsachenbehauptungen enthält, auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Verhaltens des Arbeitnehmers beruht oder den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt. Dieser Anspruch kann erforderlichenfalls gerichtlich geltend gemacht werden. Hierzu empfiehlt sich eine zeitnahe Überprüfung der erhaltenen Abmahnung, um die im Einzelfall notwendigen Schritte zeitnah einleiten zu können.

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*Aus Gründen besserer Lesbarkeit wurde im Text die männliche Form gewählt, nichtsdestoweniger beziehen sich die Angaben auf Angehörige aller Geschlechter


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