Die Beseitigung von Verbindlichkeiten und Gläubigern ohne Insolvenz: Welche Verbindlichkeiten sind vom StaRUG umfasst?

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Die Beseitigung von Verbindlichkeiten und Gläubigern über das StaRUG ohne Insolvenz

Das Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG) stellt einen wesentlichen Bestandteil des deutschen Insolvenzrechts dar. Es bietet Unternehmen, die in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind, einen rechtlichen Rahmen für die Restrukturierung ihrer Schulden und Verbindlichkeiten, um eine Insolvenz abzuwenden. 

Ein zentraler Aspekt des StaRUG ist die Möglichkeit, über einen Restrukturierungsplan in die Rechte von Gläubigern einzugreifen (ohne Insolvenz!). Dies ermöglicht eine flexible und effektive Anpassung der finanziellen Verpflichtungen des Schuldners, um eine Sanierung und Fortführung des Unternehmens zu erleichtern. 

Gleichzeitig schützt das Gesetz bestimmte Gläubigerrechte, um die Grundprinzipien der Rechtssicherheit und des Gläubigerschutzes zu wahren. Die Balance zwischen diesen Eingriffen und dem Schutz von Gläubigerrechten ist entscheidend für die Wirksamkeit und Akzeptanz von Restrukturierungsmaßnahmen.


Welche Gläubiger und Forderungen können über das StaRUG zu einem "Schuldenschnitt" gezwungen werden?

Eingriffe in Gläubigerrechte gemäß § 2 StaRUG können vielfältig sein. Hier sind einige konkrete Beispiele für solche Eingriffe:

  1. Restrukturierungsforderungen: Dies bezieht sich auf Forderungen gegen den Schuldner, die im Rahmen des Restrukturierungsplans umstrukturiert werden können. Zum Beispiel kann eine Reduzierung der Forderungshöhe oder eine Änderung der Rückzahlungsbedingungen vorgenommen werden.

  2. Absonderungsanwartschaften: Rechte an Vermögensgegenständen des Schuldners, die normalerweise im Insolvenzfall zur Absonderung berechtigen würden, können umgestaltet werden. Ein Beispiel hierfür wäre die Änderung der Rangfolge von Sicherungsrechten an Immobilien des Schuldners.

  3. Mehrseitige Rechtsverhältnisse: In Fällen, in denen der Schuldner Verträge mit mehreren Gläubigern hat, können einzelne Vertragsbestimmungen geändert werden. Dies könnte die Anpassung von Kreditbedingungen in einem Konsortialkredit umfassen.

  4. Bedingungen von Schuldtiteln: Die Konditionen von Schuldtiteln oder Verträgen, die mit vielen Gläubigern unter identischen Bedingungen abgeschlossen wurden, können geändert werden. Ein Beispiel wäre die Anpassung der Zinsrate für eine Unternehmensanleihe.

  5. Vereinbarungen über Forderungsdurchsetzung: Bedingungen von Vereinbarungen über die Durchsetzung von Forderungen und das relative Rangverhältnis der Erlöse können geändert werden. Dies könnte bedeuten, dass die Reihenfolge der Befriedigung von Gläubigeransprüchen im Falle einer Liquidation des Schuldners neu festgelegt wird.

  6. Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte: Die Rechte von Aktionären oder Gesellschaftern können umgestaltet werden, was beispielsweise eine Verwässerung der Anteile durch die Ausgabe neuer Aktien bedeuten könnte.

  7. Gesellschaftsrechtliche Regelungen: Der Restrukturierungsplan kann auch andere gesellschaftsrechtlich zulässige Regelungen treffen, wie zum Beispiel die Änderung der Unternehmensstruktur oder -führung.

  8. Übertragung von Anteilsrechten: Anteils- und Mitgliedschaftsrechte können übertragen werden, was beispielsweise den Verkauf von Unternehmensanteilen an einen neuen Investor einschließen könnte.

  9. Gruppeninterne Drittsicherheiten: Die Rechte von Gläubigern, die auf gruppeninternen Sicherheiten basieren, können umgestaltet werden. Dies könnte bedeuten, dass die Sicherheiten, die ein Mutterunternehmen für die Verbindlichkeiten eines Tochterunternehmens bereitstellt, geändert werden.

  10. Beschränkung der persönlichen Haftung: Die persönliche Haftung eines persönlich haftenden Gesellschafters kann beschränkt werden, was beispielsweise für die Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft relevant sein könnte.

Diese Beispiele illustrieren, wie ein Restrukturierungsplan nach dem StaRUG in die Rechte von Gläubigern eingreifen kann, um eine effektive Restrukturierung und Sanierung des Schuldnerunternehmens zu ermöglichen.


Ausgenommene Gläubiger und Verbindlichkeiten, die nicht über das StaRUG "wegsaniert" werden können

Die ausgenommenen Gläubigerrechte im Rahmen des Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetzes sind solche Rechte, die durch einen Restrukturierungsplan nicht beeinträchtigt oder verändert werden können. Hier sind konkrete Beispiele für solche ausgenommenen Rechte:

  1. Finanzsicherheiten gemäß § 1 Absatz 17 des Kreditwesengesetzes: Diese Sicherheiten umfassen beispielsweise Pfandrechte, Sicherungsübereignungen oder Sicherungsabtretungen, die im Rahmen von Kreditgeschäften gewährt werden. Ein konkretes Beispiel wäre ein Pfandrecht an Wertpapieren, das eine Bank als Sicherheit für einen gewährten Kredit hält.

  2. Sicherheiten für Systembetreiber nach § 1 Absatz 16 des Kreditwesengesetzes: Diese Sicherheiten dienen der Absicherung von Ansprüchen aus dem Betrieb von Zahlungs- und Abwicklungssystemen. Ein Beispiel hierfür wäre eine Sicherheitsleistung, die ein Finanzinstitut für die Teilnahme an einem zentralen Zahlungssystem hinterlegt.

  3. Sicherheiten für Zentralbanken: Sicherheiten, die einer Zentralbank eines EU-Mitgliedstaats oder der Europäischen Zentralbank gestellt wurden, sind von Restrukturierungsmaßnahmen ausgenommen. Dies könnte beispielsweise eine Sicherheitsleistung sein, die im Rahmen von geldpolitischen Operationen bei der Europäischen Zentralbank hinterlegt wird.

  4. Unberührte weitere gesetzliche Pflichten: Dies bezieht sich auf Verpflichtungen, die sich aus anderen Gesetzen ergeben und nicht durch das StaRUG beeinflusst werden. Ein Beispiel hierfür wäre die Verpflichtung zur Zahlung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen, die unabhängig von einem Restrukturierungsplan bestehen bleibt.

  5. Rechtsverhältnisse zum Zeitpunkt des Planangebots: Die Rechtsverhältnisse, die zum Zeitpunkt der Unterbreitung des Planangebots bestehen, sind maßgeblich und können nicht rückwirkend durch den Restrukturierungsplan verändert werden. Dies bedeutet, dass beispielsweise bereits abgeschlossene Verträge oder rechtliche Vereinbarungen, die vor der Vorlage des Restrukturierungsplans bestanden, nicht nachträglich geändert werden können.


Diese Beispiele zeigen, dass bestimmte Gläubigerrechte und rechtliche Verpflichtungen auch im Rahmen eines Restrukturierungsverfahrens nach dem StaRUG unangetastet bleiben, um insbesondere die Rechtssicherheit und Stabilität des Finanzsystems zu gewährleisten.


Fazit

Das StaRUG bietet einen komplexen, aber notwendigen rechtlichen Rahmen, der es Unternehmen ermöglicht, sich effektiv zu restrukturieren und gleichzeitig die Interessen der Gläubiger zu berücksichtigen. 

Durch die gezielte Anpassung von Gläubigerrechten ermöglicht das Gesetz eine flexible Handhabung von Unternehmenskrisen, wobei es gleichzeitig wichtige Gläubigerrechte schützt und somit die Integrität des Finanzsystems wahrt.  Dieser Ansatz trägt dazu bei, die Überlebensfähigkeit von Unternehmen zu sichern und gleichzeitig die Rechte und Interessen aller beteiligten Parteien ausgewogen zu berücksichtigen. 

Insgesamt stellt das StaRUG somit ein wichtiges Instrument dar, um die wirtschaftliche Stabilität und das Vertrauen in das deutsche Insolvenzsystem zu stärken.


Dieser Artikel stellt keine konkrete und individuelle Rechtsberatung dar, sondern gibt lediglich einen groben Erstüberblick über die geschilderte und sehr komplexe rechtliche Materie. Rechtliche Sicherheit für Ihre konkrete Fallkonstellation können Sie nur durch abgestimmte Prüfung und Beratung eines fachkundigen Rechtsanwalts erhalten. 


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Foto(s): Dr. Holger Traub generiert über Midjourney

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