Die einvernehmliche Scheidung?

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Die Hintergründe einer Scheidung sind stets individuell zu bewerten. Vor dem Ende einer Ehe gibt es unzählige verschiedene Konstellationen, welche die Beteiligten erlebt haben.

Und obwohl daher auch jeder Fall einzigartig ist, gibt es doch eine wiederkehrende Hoffnung: eine einvernehmliche Scheidung.

In diesem Beitrag soll es darum gehen, was es bedeutet, wenn sich die Eheleute mit Blick auf die Scheidung und deren Folgen einig sind.

Gerichtliches Scheidungsverfahren

Es ist zu betonen, dass ein gerichtliches Scheidungsverfahren vor dem örtlich zuständigen Amtsgericht stets notwendig ist. Die vor dem Standesbeamten geschlossene Ehe kann nur durch den richterlichen Beschluss geschieden werden.

Sind sich die Beteiligten darüber einig, dass die Ehe geschieden werden soll, so eröffnet das eine besondere Situation. Zwingende Voraussetzung für das Verfahren ist es, dass der Antrag durch einen Rechtsanwalt gestellt wird. Einen zweiten Anwalt, der die Antragsgegnerseite vertritt, braucht es aber nicht zwingend. Der Antragsgegner ist in der komfortablen Lage, dem gestellten Antrag selbst zustimmen zu können.

Damit kann eine zweite Rechtsanwaltsvergütung gespart werden. Ein Rechtsmittelverzicht ist dann im Termin nicht möglich. Das heißt, dass der Beschluss nicht mit Erlass rechtskräftig werden kann. Bevor man neue heiraten kann, muss die Rechtsmittelfrist ablaufen.

Je nach Fallkonstellation ist der Versorgungsausgleich von Amts wegen durchzuführen. Hier werden die in der Ehezeit erworbenen Rentenanwartschaften ausgeglichen. Man muss einen Fragebogen zur eigenen Rentensituation ausfüllen, woraufhin das Gericht selbständig vom Rentenversicherer die benötigten Auskünfte einholt.

Einvernehmliche (Ent-)Scheidung

Für diesen Beitrag gehen Sie davon aus, dass einvernehmliche Scheidungen bedeuten, dass sich die Eheleute entweder nicht streiten oder Ihre Diskussionspunkte außergerichtlich klären können. Das einzig rechtshängige Gerichtsverfahren ist dann das Scheidungsverfahren.

Sind sich beide darüber einig, dass die Ehe geschieden werden soll, gibt es manchmal keinen Streit. Obwohl das Verfahren dennoch von Antragsteller und Antragsgegner ausgeht, die widerstreitende Interessen haben, sind die Ziele dann oft identisch. Die Ehe soll schnell beendet werden und, oft wegen vorhandener Kinder, auch möglichst ohne Streit.

Ein Rechtsanwalt kann immer nur eine Seite im Prozess vertreten. Damit ist der Antragsgegner nicht anwaltlich vertreten. Dies setzt ein gewisses Vertrauen in die Gegenseite, den Ehepartner, voraus.

Sinnvoll ist dies vor allem, wenn inhaltliche Einigkeit über alle Aspekte besteht. Das Gesetz sieht für alle Fragen, welche auf die Scheidung folgen nur Antragsverfahren voraus. Die Eheleute können sich also über verschiedenste Punkte selbst einigen, ohne dass das Familiengericht eingeschaltet werden muss. Hier kann die zwischenzeitliche Beratung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt sinnvoll sein, selbst wenn es nicht zur Vertretung nach außen kommt.

Sind Kinder aus der Ehe hervorgegangen, bleiben die Eltern grundsätzlich weiterhin gemeinsam sorgeberechtigt. Es sind Absprachen ohne Weiteres möglich zum gewöhnlichen Aufenthalt der Kinder oder zum Umgang mit dem anderen Elternteil. Aber auch zu Fragen einer gemeinsamen Ehewohnung, des gemeinsamen Hausrats oder gar des Zugewinnausgleichs ist eine einvernehmliche Absprache möglich.

Sind beide Partner einverstanden, schaltet sich das Gericht so gut wie nie von Amts wegen ein. Zugleich muss davor gewarnt werden, dass nicht alle Vereinbarungen rechtlich bindend sind. Für gewisse Absprachen existieren Formvorschriften, sodass der Gang zum Notar nötig ist, um rechtliche Verbindlichkeit zu schaffen. Auch eine schriftliche Vereinbarung zwischen den Eheleuten ist dann nur eine unverbindliche Absichtserklärung.

Auch mit der Zustimmung zur Scheidung und mit dem einvernehmlichen Ende der Ehe sind aber nicht für die Zukunft alle Rechte verwirkt. Auch nach dem Ende der Ehe sind Anträge noch möglich, gerade mit Blick auf gemeinsame Kinder sogar üblich. Nur weil im vorangegangenen Scheidungsverfahren dem Scheidungsantrag zugestimmt wurde, ist eine gerichtliche Auseinandersetzung über Scheidungsfolgesachen damit nicht für die Zukunft ausgeschlossen. Im Scheidungsverfahren können andere Aspekte mitbehandelt werden, man spricht dann von Verbundsverfahren. Diese Streitpunkte können aber parallel oder zeitlich nachfolgend auch isoliert zur gerichtlichen Klärung gebracht werden.

Vorteile

Die einvernehmliche Scheidung hat klare Vorteile.

Zum einen sinken die Gesamtkosten. Der Antragsgegner braucht keinen eigenen Rechtsanwalt, sodass dessen Vergütung für das Verfahren nicht zu entrichten ist.

Außergerichtliche Einigungen, auch wenn mit Hilfe eines Anwalts erzielt, sind kostengünstiger als dieselbe Einigung vor Gericht. Zudem erfolgt eine solche Einigung schneller.

Weiterhin handelt es sich um ein symbolisches Zeichen für eine wirklich positive Absicht. Gerade wenn man in Zukunft weiter miteinander zu tun hat, ist dies nicht zu unterschätzen.

Ein Gerichtsverfahren, das nur zum Zwecke der Scheidung angestrebt wird, ist in der Regel kurz. Der Termin selbst bleibt unter einer halben Stunde. Das gesamte Verfahren dauert oft drei bis sechs Monate, je nachdem wie schnell die Auskünfte der Rentenversicherer vorliegen.

Zuletzt ist es mental weniger belastend, wenn nicht jedes Detail des gemeinsamen Lebens vor Gericht, damit vor fremden Menschen, ausgebreitet, besprochen und bewertet werden muss.

Nachteile

Allerdings bestehen auch Nachteile, die man bedenken muss.

Empfehlenswert ist die Zustimmung zum Scheidungsantrag ohne eigene anwaltliche Prozessvertretung nur, wenn sich die Eheleute einig sind und kein Streit bestehet. Die Gefahr, dass widerstreitende Interessen das Verfahren sonst verkomplizieren, bzw. Folgeverfahren verursachen, steigt sonst beträchtlich.

Ein Rechtsmittelverzicht ist nicht möglich. Für diesen müssen beide Beteiligte anwaltlich vertreten sein.

Die eingeschalteten Anwälte dienen einer Objektivierung der Angelegenheit. Die Beteiligten reagieren emotionaler, was rationalen Einigungen, auch abseits des Gerichtssaals, bisweilen im Wege steht.

Klären Sie gerne in einem Beratungsgespräch ab, was Sie bei einer Scheidung beachten müssen.

Stecken Sie Ihre Interessen und die des Ehegatten genau ab. Wenn hier eine vernünftige Basis gefunden werden kann, empfiehlt es sich, einvernehmliche Lösungen für zu klärende Fragen zu finden. Aufenthalt der Kinder, Zugewinnausgleich, Umgang mit Kindern oder ähnliches können abgesprochen werden.

Die anschließende Scheidung ist dann, wenn alles andere gütlich geregelt ist, für die Beteiligten nur noch Formalie. In einem solchen Fall, kann der Antragsgegner auf einen eigenen anwaltlichen Verfahrensbevollmächtigten verzichten.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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