Die Fahrtenbuchauflage – unangenehm, aber manchmal das kleinere Übel

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Das behördlich angeordnete Führen eines Fahrtenbuchs: Für den Fahrzeughalter ist es nervig, kann bei Verstößen auch richtig ins Geld gehen. Aber punktebewehrt sind diese Verstöße nicht. Rechtsanwalt und Strafverteidiger Heiko Urbanzyk aus Coesfeld erklärt Ihnen nachfolgend, warum es manchmal sinnvoller sein kann, die Auflage zu riskieren:

Es kommt vor, dass der Fahrer eines Kraftfahrzeuges, mit dem eine Verkehrsordnungswidrigkeit oder gar Straftat begangen wurde, nicht ermittelt werden kann. Regelmäßig liegt das daran, dass der Fahrer nicht identifiziert werden kann, weil „Blitzer-Fotos“ ungenau sind oder ein Tatzeuge den Fahrer nicht (genau) erkannt hat. Der Fahrzeughalter ist erster Adressat solcher Ermittlungen, muss sich aber nicht selbst belasten. Sind seine Angehörige die Täter, muss er auch dieses Wissen nicht gegenüber der Bußgeldstelle, Polizei oder Staatsanwaltschaft offenbaren.

Ist die Feststellung des Fahrzeugführers nach einem Verkehrsverstoß von einigem Gewicht unmöglich, so darf die zuständige Behörde gemäß § 31a Straßenverkehrszulassungsverordnung (StVZO) gegenüber dem Fahrzeughalter für eines oder mehrere auf ihn zugelassene Fahrzeuge das Führen eines Fahrtenbuches anordnen. Dies gilt sogar für künftig auf den Halter zuzulassende Fahrzeuge. Die Voraussetzungen, mögliche Dauer, Auswirkungen und Durchsetzung der Fahrtenbuchauflage hat Rechtsanwalt Urbanzyk an bereits in einem früheren Beitrag beschrieben.

Nun kann ein Fahrtenbuch immer noch besser sein als ein Fahrverbot, für die Entziehung der Fahrerlaubnis entscheidende Punkte in Flensburg oder gar ein Strafurteil zu kassieren.

Spannend ist also die Frage nach den Folgen eines Verstoßes gegen die Fahrtenbuchauflage, als kleineres Übel zum Führerscheinverlust/Fahrverbot.

Wer das Fahrtenbuch nicht ordnungsgemäß führt oder es der Behörde auf Verlangen nicht aushändigt, begeht eine bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit. Die Regelbuße liegt gemäß Nr. 190 Anlage zur Bußgeldkatalogverordnung bei 100 Euro; eine Erhöhung nach den Umständen des Einzelfalls ist nicht ausgeschlossen.

Jedoch gilt seit dem 1.5.2014, dass der Verstoß gegen die Fahrtenbuchauflage keinen Punkt in Flensburg zur Folge hat. Eine Eintragung des Verstoß‘ in das Fahrerlaubnisregister (FAER) findet nicht statt. Der Verstoß ist nämlich nach der Gesetzesbegründung nicht unmittelbar verkehrssicherheitsrelevant.

Das Gesetz bietet den Behörden auch keine Rechtsgrundlage für eine erneute Fahrtenbuchauflage wegen Nichtvorlage des Fahrtenbuchs (VG Hannover, Beschluss vom 18.01.2011, Az. 5 B 4932/10). Wer das Fahrtenbuch nicht abgibt, kann also nicht mit einer neuen Fahrtenbuchauflage „bestraft“ werden.

Allerdings darf eine noch laufende Fahrtenbuchauflage verlängert werden, sofern der ursprüngliche Verkehrsverstoß von vornherein eine längere Dauer der Auflage gerechtfertigt hätte. Dies entschied der Bayerische Verwaltungsgerichtshof. Dem lag der Sachverhalt zugrunde, dass der nicht zu ermittelnde Fahrzeugführer die zulässige Höchstgeschwindigkeit in einer Autobahnbaustelle nach Toleranzabzug um 48 km/h überschritt und dabei verbotswidrig ein Mobiltelefon nutzte. Jeder Verstoß für sich ist sehr schwerwiegend. Die Behörde verhängte eine zwölfmonatige Fahrtenbuchauflage und wollte das Buch zwei Wochen vor Ablauf des Auflagenzeitraums sehen. Dieses war lückenhaft und damit nicht ordnungsgemäß ausgefüllt. Die Behörde verlängerte die Auflage um sechs Monate und erstreckte sie zudem auf sämtliche vier Autos, die auf die private Halterin zugelassen waren. Zurecht, fand der BayVGH. Die Verlängerung sei vor allem deshalb verhältnismäßig, weil die Behörde sowieso von vornherein die längere Dauer der Auflage für sämtliche auf die Halterin zugelassenen Fahrzeuge hätte anordnen dürfen (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 20.07.2009, Az. 11 CS 09.1258).

Diese Erörterungen zeigen, dass das Fahrtenbuch zwar ein Ärgernis ist und Verstöße gegen die Fahrtenbuchauflage sehr, sehr teuer werden können (vor dem Bußgeld drohen z. B. Zwangsgelder). Betroffene sollten sich daher gut überlegen, ob sie sich das antun möchten.

Behördenstreß und Geld sind aber im Einzelfall drohender Entziehung der Fahrerlaubnis oder eines Fahrverbotes unter Umständen das kleinere Übel, weil die Fahrtenbuchverstöße jedenfalls nicht zu weiteren Punkteintragungen führen. Und schließlich bleibt es dem Halter unbenommen, die Fahrtenbuchauflage ordnungsgemäß zu erfüllen, wenn „übergeordnete Erwägungen“ nicht dagegen stehen.

Durch dieses Fahrwasser einer ordnungsgemäßen und rechtsfolgenorientierten Verteidigung im Bußgeldverfahren sowie eventuell daran anschließendem Verwaltungsverfahren kann Sie allerdings allein ein auf dem Gebiet des Ordnungswidrigkeiten- und Verkehrsverwaltungsrechts versierter Rechtsanwalt schippern.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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