Die Gefahr des Teilschweigens

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In dem Beschluss vom 16.04.2015 – 2 StR 48/15 äußerte sich der Bundesgerichtshof zur Frage des Teilschweigens eines Angeklagten. Die Entscheidung, ob eine Aussage durch den Angeklagten anzuraten ist, bleibt ein spannendes Thema jeder Strafverteidigung.

Was war passiert?

Zwei Männer kamen auf die glorreiche Idee, eine Rentnerin Mitte 60 in ihrer Wohnung zu überfallen. Ziel war es, die ältere Dame, um Ihre Wertsachen zu erleichtern. Die Täter fesselten und bedrohten das Opfer dabei unter anderem mit einer Schere. Nachdem diese das Ausräumen ihres Safes ermöglichte, ließen die Täter die Dame gefesselt zurück. Auf Grund des Schocks erlitt die Rentnerin ein Herzinfarkt-ähnliches Syndrom am Herzen, was auch potentiell lebensgefährdend ist.

Im folgenden Prozess ließ sich einer der beiden Täter zu der Raubtat ein. Zu den konkreten Vorgängen und seinen Gedanken bezüglich der Körperverletzung schwieg der Angeklagte.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs

Zu entscheiden war nun, ob dem Angeklagten bedingter Vorsatz bezüglich einer gefährlichen Körperverletzung nachzuweisen sei. Zu erwägen war dabei, ob das Schweigen des Angeklagten zum Vorsatz, Nachteil ausgelegt werden dürfe. Im Grundsatz darf das Schweigen dem Angeklagten nicht negativ ausgelegt werden (nemo-tenetur-Grundsatz). Eine Ausnahme kann dabei der teilschweigende Angeklagte darstellen. Das gilt insbesondere bei lückenhaften Einlassungen, die negative Punkte einfach auslassen. Vorliegend hat der Angeklagte jedoch zu dem gesamten Komplex der Körperverletzung geschwiegen. Das Teilschweigen darf nur negativ verwertet werden, wenn Angaben zu dem Punkt zu erwarten gewesen wären und andere mögliche Ursachen des Verschweigens ausgeschlossen werden können und die Aussagen nicht ersichtlich lediglich fragmentarischer Natur sind.

Fazit aus der Entscheidung

Die Entscheidung, ob man sich zur Sache einlässt, bleibt eine Sache des Einzelfalls. Die Vor- und Nachteile einer Einlassung sollten dabei genau abgewogen werden. Für mich als Rechtsanwalt für Strafrecht spielt diese Frage eine zentrale Rolle in der Planung der Verteidigungsstrategie. Persönlich neige ich zur Verwendung von Aussagesurrogaten, um die Vorteile des schweigenden Angeklagten nicht leichtfertig aufzugeben.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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