Die Liquidation einer GbR, OHG, KG und die Behandlung von positiven und negativen Kapitalkonten der Gesellschafter.

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1. Einführung

Die Auflösung einer Gesellschaft, sei es eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), eine offene Handelsgesellschaft (OHG) oder eine Kommanditgesellschaft (KG), ist ein komplexer Vorgang, der nicht nur organisatorische und rechtliche, sondern auch finanzielle Aspekte umfasst. 

Ein zentraler Punkt in diesem Prozess ist die Behandlung der Kapitalkonten der Gesellschafter. 

Denn diese Konten reflektieren die finanzielle Beteiligung und Verpflichtungen der Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft und spielen eine entscheidende Rolle bei der Verteilung des Gesellschaftsvermögens am Ende der Liquidationsphase. 

Die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Behandlung dieser Kapitalkonten sind in verschiedenen Gesetzen verankert, darunter das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) für die GbR und das Handelsgesetzbuch (HGB) für die OHG und KG. 

Die spezifischen Regelungen variieren je nach Gesellschaftsform und sind entscheidend für das Verständnis des Liquidationsprozesses.

Denn ganz am Ende steht die Frage, ob die Gesellschafter noch Gelder erhalten oder Gelder in die Gesellschaft nachschießen müssen.


2. Die Kapitalkonten während der gewerblichen Tätigkeit der GbR, OHG und KG

Die Kapitalkonten in GbR, OHG und KG sind essenziell für die Darstellung der finanziellen Beziehungen und Verpflichtungen der Gesellschafter. Sie werden durch verschiedene Rechtsnormen beeinflusst, die sich auf Einlagen, Gewinn- und Verlustverteilung sowie Entnahmerechte beziehen.

a. Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)

In der GbR, die durch das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) geregelt wird, repräsentieren die Kapitalkonten die Einlagen der Gesellschafter. 

Diese Konten können sowohl positive als auch negative Salden aufweisen, abhängig von der Geschäftsentwicklung und den Vereinbarungen unter den Gesellschaftern. 

Die relevanten Normen hierfür finden sich im BGB, insbesondere in den §§ 705 ff. BGB, die die Grundlagen der GbR behandeln. Spezifische Vorschriften für Kapitalkonten sind im BGB allerdings nicht explizit ausgeführt, da die GbR oft durch individuelle Gesellschaftsverträge geregelt wird.

b. Offene Handelsgesellschaft (OHG)

In der OHG, die im Handelsgesetzbuch (HGB) unter den §§ 105 ff. HGB geregelt ist, sind die Kapitalkonten ein wesentlicher Bestandteil der Gesellschaftsstruktur. 

Sie zeigen die Einlagen der Gesellschafter und werden durch Gewinne und Verluste sowie durch Entnahmen und Einlagen der Gesellschafter beeinflusst. § 120 HGB regelt die Gewinn- und Verlustverteilung in der OHG, was direkten Einfluss auf die Kapitalkonten hat. § 122 HGB behandelt die Entnahmerechte der Gesellschafter, die ebenfalls die Kapitalkonten beeinflussen.

c. Kommanditgesellschaft (KG)

In der KG, geregelt in den §§ 161 ff. HGB, gibt es eine Unterscheidung zwischen den Kapitalkonten der Komplementäre (voll haftende Gesellschafter) und der Kommanditisten (beschränkt haftende Gesellschafter). 

Die Kapitalkonten der Komplementäre ähneln denen in einer OHG, während die Kapitalkonten der Kommanditisten ihre Haftungsbegrenzung auf die Höhe ihrer Einlage widerspiegeln. § 167 HGB regelt die Gewinnverteilung in der KG, was sich auf die Kapitalkonten auswirkt. § 169 HGB behandelt die Entnahmerechte der Kommanditisten und deren Einfluss auf die Kapitalkonten.


3. Der Liquidationsprozess bei GbR, OHG und KG und die Relevanz der Gesellschafterkapitalkonten

Der Liquidationsprozess in GbR, OHG und KG ist ein mehrstufiger Vorgang, der durch das BGB und das HGB geregelt wird. Er beginnt mit dem Auflösungsbeschluss und umfasst die Abwicklung der Geschäfte, die Begleichung von Verbindlichkeiten und die Verteilung des verbleibenden Vermögens. Und genau letzters wird durch den Kontostand der Kapitalkonten bestimmt.

Die spezifischen Paragraphen des BGB und HGB (wie §§ 726, 730, 731 BGB für die GbR und §§ 131, 145, 149 HGB für die OHG und KG) bieten einen detaillierten Rahmen für diesen Prozess.

a. Liquidation und Kapitalkonten bei der GbR

  • Auflösungsgründe und -beschluss: Die Auflösung einer GbR kann durch verschiedene Gründe, wie z.B. Erreichen oder Unmöglichwerden des Gesellschaftszwecks, Beschluss der Gesellschafter oder Tod eines Gesellschafters, eintreten (§ 726 BGB).
  • Liquidation: Nach der Auflösung tritt die GbR in die Liquidationsphase ein. Die Gesellschafter oder von ihnen beauftragte Dritte übernehmen die Liquidation (§ 730 BGB). Dies umfasst die Beendigung laufender Geschäfte, die Begleichung von Schulden und die Verteilung des verbleibenden Vermögens unter den Gesellschaftern (§ 731 BGB).

b. Liquidation und Kapitalkonten bei der OHG

  • Auflösungsgründe: Die Auflösung der OHG kann durch Zeitablauf, Beschluss der Gesellschafter, Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder gerichtliche Entscheidung erfolgen (§ 131 HGB).
  • Liquidation: Die Liquidation der OHG wird durch die Liquidatoren durchgeführt, die in der Regel die bisherigen Gesellschafter sind, sofern der Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt (§ 145 HGB). Die Aufgaben der Liquidatoren umfassen die Beendigung der laufenden Geschäfte, die Einziehung von Forderungen, die Umwandlung des Vermögens in Geld und die Verteilung des Erlöses (§ 149 HGB).

c. Liquidation und Kapitalkonten bei der KG

  • Auflösungsgründe: Ähnlich wie bei der OHG kann die Auflösung einer KG durch verschiedene Gründe wie Zeitablauf, Gesellschafterbeschluss oder Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen (§ 161 Abs. 2 HGB in Verbindung mit § 131 HGB).
  • Liquidation: Die Liquidation der KG erfolgt analog zur OHG, wobei die Komplementäre in der Regel als Liquidatoren fungieren, sofern der Gesellschaftsvertrag keine anderen Regelungen vorsieht (§ 161 Abs. 2 HGB in Verbindung mit §§ 145 ff. HGB).


4. Die Behandlung der Kapitalkonten bei der GbR, OHG und KG

Die Behandlung der Kapitalkonten in der GbR, OHG und KG bei der Auflösung ist ein komplexer Prozess, der durch das BGB und das HGB geregelt wird. 

Positive Kapitalkonten führen zu Auszahlungen an die Gesellschafter, während negative Kapitalkonten je nach Gesellschaftsform und -vertrag unterschiedlich behandelt werden (in der Regel besteht eine Nachschusspflicht).

a. Kapitalkonto GbR

  • Positives Kapitalkonto: Ein positives Kapitalkonto zeigt an, dass der Gesellschafter einen Anspruch auf einen Anteil am Liquidationserlös hat. Die Verteilung des Vermögens erfolgt nach den Anteilen der Gesellschafter am Gesellschaftsvermögen (§ 731 BGB).
  • Negatives Kapitalkonto: Bei einem negativen Kapitalkonto muss der betreffende Gesellschafter in der Regel seinen Anteil am Verlust tragen. Nach § 735 BGB sind die Gesellschafter verpflichtet, zum Ausgleich eines Verlustes beizutragen, der das Gesellschaftsvermögen übersteigt.

b. Kapitalkonto OHG

  • Positives Kapitalkonto: In der OHG haben Gesellschafter mit positiven Kapitalkonten Anspruch auf ihren Anteil am Liquidationserlös nach der Begleichung aller Schulden der Gesellschaft (§ 155 HGB).
  • Negatives Kapitalkonto: Ein negatives Kapitalkonto in einer OHG bedeutet, dass der Gesellschafter der Gesellschaft Geld schuldet. Die Behandlung solcher Fälle hängt vom Gesellschaftsvertrag ab. In der Regel sind die Gesellschafter verpflichtet, ihre Konten auszugleichen, bevor ein Überschuss verteilt wird (§ 707 BGB in Verbindung mit § 105 HGB).

c. Kapitalkonto KG

  • Positives Kapitalkonto: Kommanditisten und Komplementäre mit positiven Kapitalkonten erhalten ihren Anteil am Liquidationserlös nach der Schuldenbegleichung, entsprechend ihrer Einlage (§ 155 HGB in Verbindung mit § 161 HGB).
  • Negatives Kapitalkonto: Bei negativen Kapitalkonten, insbesondere bei Kommanditisten, ist die Nachschusspflicht in der Regel auf die Höhe ihrer Einlage beschränkt (§ 167 Abs. 3 HGB). Komplementäre hingegen können zur Deckung des Verlustes herangezogen werden.


5. Fazit

Die Auflösung einer Gesellschaft und die damit verbundene Abwicklung der Kapitalkonten ist ein rechtlich komplexer Prozess, der eine genaue Kenntnis der relevanten Rechtsnormen erfordert. 

Die Behandlung der Kapitalkonten hängt von der Art der Gesellschaft (GbR, OHG, KG) und den spezifischen Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag ab. 

Während positive Kapitalkonten in der Regel zu Auszahlungen an die Gesellschafter führen, können negative Kapitalkonten je nach Gesellschaftsform und -vertrag unterschiedliche Konsequenzen haben, von Nachschusspflichten bis hin zur Verlustbeteiligung. 

Die rechtlichen Grundlagen, die in Gesetzen wie dem BGB und dem HGB festgelegt sind, bieten einen strukturierten Rahmen für den Umgang mit diesen finanziellen Aspekten während der Auflösung einer Gesellschaft. Kenntnisse dieser Bestimmungen sind für alle Beteiligten von entscheidender Bedeutung, um den Prozess korrekt und gerecht zu gestalten.

Insbesondere sollte in dieser Phase zur Vermeidung von (Rechts)Nachteilen ein fachkundiger Rechtsanwalt hinzugezogen werden.



Dieser Artikel stellt keine konkrete und individuelle Rechtsberatung dar, sondern gibt lediglich einen groben Erstüberblick über die geschilderte und sehr komplexe rechtliche Materie. Rechtliche Sicherheit für Ihre konkrete Fallkonstellation können Sie nur durch abgestimmte Prüfung und Beratung eines fachkundigen Rechtsanwalts erhalten. 


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