Die Maskenpflicht und ihre Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern

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Die Coronapandemie und die damit einhergehenden Maßnahmen zur Eindämmung des Infektionsgeschehens sind längst im Alltag der Bevölkerung angekommen. So ist das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes ("Alltagsmaske") in Bus und Bahn oder beim Gang in den Supermarkt für viele ein notwendiges Übel. Dies wird in Anbetracht der Kürze des hierfür benötigten Zeitfensters auch meist als hinnehmbar und sinnvoll akzeptiert. Anders mag dies beurteilt werden, wenn die sog. Maskenpflicht die tägliche Arbeit betrifft. Während sich die Einen glücklich schätzen, ihre Arbeitsleistung ohne dauerhaftes Tragen von Mund-Nase-Bedeckungen ausführen zu dürfen, trifft es andere Berufsgruppen ungleich härter. 

Grundsätzlich darf ein Arbeitgeber das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes während der Arbeitszeit anordnen bzw. ist – so dies öffentlich-rechtliche Arbeitsschutzvorschriften erfordern - sogar dazu verpflichtet. Eine Befreiung von der sog. Maskenpflicht erforderte bislang die Vorlage eines ärztlichen Attestes, welches konkrete und nachvollziehbare Angaben enthält, wieso das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes der betroffenen Person nicht zumutbar ist. In der Praxis waren Atemwegserkrankungen als häufige Hinderungsgründe zu nennen. Mit zunehmender Immunisierungsquote und neuer Gefährdungslage erweitern sich nunmehr folgerichtig die Ausnahmetatbestände. 

I. Bisherige Einordnung der Rechtsprechung:  

Arbeitsgericht Siegburg mit einem der ersten Urteile im Dezember 2020 

Einen frühzeitig bekannt gewordenen Sachverhalt entschied das Arbeitsgericht Siegburg mit Urteil vom 16.12.2020 (Az: 4 Ga 18/20) derart, dass ohne Vorlage eines entsprechenden Attests im Falle der Verweigerung des Tragens einer Maske weder der Beschäftigung nachgegangen, noch auf Homeoffice oder mobiles Arbeiten ausgewichen werden dürfe. 

Im konkreten Fall ordnete der Arbeitgeber des Klägers damals das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung im Rathaus für Besucherinnen und Besucher sowie Beschäftigte an. Der Kläger legte daraufhin ein Attest vor, welches ihn ohne Angabe von Gründen von der Maskenpflicht befreite. Der Arbeitgeber reagierte und ordnete das Tragen eines Gesichtsvisieres in Gemeinschaftsräumen, bei Verlassen des Büros, Betreten der Flure oder der sanitären Einrichtungen sowie der Pausen- und Druckerräume an. Der Kläger legte sodann ein weiteres Attest vor, das ihn nunmehr von der Pflicht zum Tragen von Gesichtsvisieren jeglicher Art befreite – erneut ohne Begründung. Der Arbeitgeber verweigerte daraufhin die Beschäftigung. Der (Verfügungs-)kläger begehrte im einstweiligen Verfügungsverfahren seine Beschäftigung im Rathaus ohne Mund-Nasen-Bedeckung, hilfsweise eine Beschäftigung im Homeoffice. 

Das Arbeitsgericht Siegburg wies die Anträge zurück. Dem Anspruch auf Beschäftigung ohne das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung stehe das ordnungsgemäß ausgeübte Direktionsrecht des Arbeitgebers nach § 106 S.1 GewO sowie die arbeitgeberseitige Fürsorgepflicht in Form des Gesundheits- und Fürsorgeanspruchs gegenüber anderen Arbeitnehmern gegenüber. Aufgrund der Arbeitsschutzvorschriften sei der Arbeitgeber zudem verpflichtet, die geltenden Corona-Schutzmaßnahmen umzusetzen. Der Verpflichtung ist der Arbeitgeber durch die Anweisung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung nachgekommen. Der Arbeitnehmer konnte nicht glaubhaft machen, dass ihm das Tragen eines Gesichtsvisiers unmöglich war; die vorgelegten Atteste weckten erhebliche Zweifel an der Richtigkeit. Das LAG Köln bestätigte, dass die Anordnung des Arbeitgebers einer Maskenpflicht am Arbeitsplatz zulässig war. Dem Arbeitnehmer stehe auch kein Anspruch auf Einrichtung eines Homeoffice-Arbeitsplatzes zu. Ein solcher Anspruch ergebe sich weder aus dem Arbeitsvertrag noch aus gesetzlichen oder tarifvertraglichen Vorschriften. 

Hinweis: LAG Köln, Urteil vom 12.4.2021, Az: 2 SaGa 1/2; Vorinstanz: Arbeitsgericht Siegburg, Urteil vom 16.12.2020, Az: 4 Ga 18/20 

II. Praktische Bedeutung  

Der Arbeitgeber ist im Rahmen seiner Fürsorgepflicht im Sinne der §§ 618, 241 Abs. 2 BGB verpflichtet, durch geeignete Maßnahmen die Gesundheit der Beschäftigten zu schützen. Die öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutzvorschriften konkretisieren diese Verpflichtung und werden begleitet von den praktischen Handlungsempfehlungen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Setzt der Arbeitgeber diese Schutzmaßnahmen nicht um, setzt er sich Haftungsrisiken und der Gefahr von behördlichen Bußgeldern aus. Der Arbeitgeber hat bei der konkreten Umsetzung im Rahmen seines Direktionsrechts im Sinne des § 106 GewO einen Handlungsspielraum. Dieses Ermessen endet aber dann, wenn die auf Bund- und Länderebene erlassenen Coronaschutzverordnungen verbindliche Vorgaben zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung regeln.  

 

III. Ausblick  

Als erstes Bundesland hat NRW eine Lockerung von der Maskenpflicht vorgenommen. Nach § 3 Abs.2 Nr.4 Coronaschutzverordnung NRW können Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen ab dem 20.08.2021 in Innenräumen am Arbeitsplatz ohne Mund-Nasen-Bedeckung zusammen kommen, wenn: zwischen den Personen der Mindestabstand von 1,5 Metern eingehalten wird oder nur immunisierte Personen zusammenkommen oder aber an festen Arbeitsplätzen oder in festen Teams ausschließlich immunisierte oder getestete Personen zusammentreffen, es sei denn, das Tragen von Masken ist aus Gründen des Arbeitsschutzes zwingend geboten.  

Die neue Verordnung stellt somit ausdrücklich drei verschiedene Szenarien dar. Die Maskenpflicht kann demnach nicht nur für immunisierte Personen entfallen, sondern auch, wenn jedenfalls ein Mindestabstand von 1,5 Meter eingehalten wird. 

Mit diesen neuen Regelungen steht die Coronaschutzverordnung NRW nicht im Widerspruch zu der immer noch geltenden SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung vom 25. Juni 2021 des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Denn auch bislang ermöglichte die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel, dass durch ein betriebliches Hygienekonzept von einer Pflicht zur Bedeckung von Mund und Nase abgesehen werden kann, wenn technische und organisatorische Maßnahmen getroffen werden. Die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel sieht zudem eine ausdrückliche Abweichungsmöglichkeit für die Bundesländer vor. Davon hat das Land NRW nun Gebrauch gemacht, indem es eindeutige Ausnahmemöglichkeiten von der Maskenpflicht am Arbeitsplatz vorsieht. 

Die Coronaschutzverordnung NRW ermächtigt Arbeitgeber nicht, den Immunisierungsstatus der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen abzufragen, auch wenn dies eine Umsetzung erleichtern würde. Damit stehen Arbeitgeber vor dem Dilemma, dass sie bei der Umsetzung der Maskenbefreiung am Arbeitsplatz auf die Mitwirkung ihrer Beschäftigten angewiesen sind. Erklärt ein Arbeitnehmer wahrheitswidrig immunisiert zu sein und nimmt an einem Meeting ohne Mund-Nasen-Bedeckung teil, macht sich der einzelne Beschäftigte gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 2 CoronaSchVO NRW bußgeldpflichtig. Ob tatsächlich auf das Tragen von Masken am Arbeitsplatz verzichtet werden kann, ist im Rahmen des betrieblichen Hygienekonzeptes und der Gefährdungsbeurteilung zu klären. Somit bleibt eine Einzelfallwürdigung unabdinglich. 


IV. Fazit

Der Schutz der Gesundheit der Beschäftigten ist auch am Arbeitsplatz zu gewährleisten. Dem Arbeitgeber stehen zur Durchsetzung der dafür notwendigen Schutzmaßnahmen wirksame Instrumente im Arbeitsverhältnis zur Verfügung. Die Gesundheits- und Infektionsgefährdung der Arbeitnehmer ist seit der breiten Impfmöglichkeit und dem Schutz vulnerabler Gruppen neu einzuordnen. Mit § 3 Abs. 2 Nr. 4 Corona Schutzverordnung NRW hat NRW jedenfalls vorübergehend einen Weg für ein Ende des Tragens von Masken am Arbeitsplatz geebnet. Weitere Bundesländer folgen. 

 

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