Die VOB/B in der Fußbodentechnik

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Was man als Bodenleger wissen muss!

Leider zeigt die Erfahrung, dass viele Handwerker keine Kenntnisse von der VOB/B haben, obwohl sie diese täglich anwenden müssen. Das geht quer durch die Gewerke. Viele wissen bereits nicht, wie viel Vorschriften die VOB/B hat. Es sind lediglich 18 Paragraphen, die jedoch nicht viele Auftragnehmer im Fußbodenbereich gelesen haben. Die VOB/B hält viele Fallen und Stolpersteine parat, die man ohne Kenntnis der VOB/B übersieht und dann nur mit finanziellen Blessuren übersteht. Das sollte man vermeiden. Man muss auf den Instrumenten der VOB/B spielen können, sonst hat man verloren. Viele im Bodenbereich tätige Gewerke (Estrich, Parkett, Bodenbelag, Fliesen und Naturstein) sind mit der VOB/B befasst. Jeder sollte wissen, dass die VOB, also die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen sich in drei Teile gliedert: 1. Teil: VOB/A enthält die Allgemeinen Bestimmungen für die Vergabe von Bauleistungen, 2. Teil: VOB/B enthält die Allgemeinen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen und 3. Teil: VOB/C enthält die Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen für Bauleistungen. Als im Bodenbereich tätiges Gewerk ist wichtig, sich auch mit der entsprechenden maßgeblichen Vorschrift der VOB/C auseinanderzusetzen, insbesondere für das Gewerk Estrich die DIN 18 353, für Parkett die DIN 18 356, für Bodenbelagsarbeiten die DIN 18 365 und für Fliesen die DIN 18 352. Nur die VOB/B ist Gegenstand des Fachbeitrags. 

Den Aufbau der VOB/B zu wissen, ist wichtig, da man sich dann anhand der Vorschriften daran entlang hangeln kann. Zuerst geht es um die Leistungsseite, also die Frage, was ist vereinbart (§ 1 VOB/B). Wo Leistung ist, sollte die Bezahlung auch nicht weit sein. Die Vergütung wird als Nächstes (§ 2 VOB/B) geregelt. Jetzt ist ein Vertrag geschlossen, da die wesentlichen Elemente feststehen: Leistung und Gegenleistung (= Vergütung). Nach Vertragsschluss geht es in die Ausführung. Dafür braucht man zuerst Ausführungsunterlagen (§ 3 VOB/B). Wenn diese vorliegen, kann es mit der Ausführung (§ 4 VOB/B) losgehen. Bei Ausführung sind natürlich die Ausführungsfristen (§ 5 VOB/B) zu beachten. Während der Ausführung kann die Baustelle schon mal ins Stocken kommen (§ 6 VOB/B). Bei der Ausführung stellt sich auch die Frage, wenn die erbrachte Bauleistung beschädigt oder untergeht (§ 7 VOB/B). Dann gibt es Situationen in der Ausführung, dass es im Verhältnis Auftraggeber und Auftragnehmer einfach nicht klappen will und man an eine Vertragsbeendigung denkt: Kündigung durch den Auftraggeber (§ 8 VOB/B) und Kündigung durch den Auftragnehmer (§ 9 VOB/B). Des Weiteren kann es während der Ausführung zu Schäden kommen. Dann stellt sich die Frage nach der Haftung der Vertragsparteien (§ 10 VOB/B). Auch kann der Auftraggeber anstatt eines konkreten Schadens eine Vertragsstrafe (§ 11 VOB/B) verlangen, soweit dies vereinbart ist. Das Objekt ist fertiggestellt. Die Ausführungsphase ist beendet. Jetzt kommt es auf die Abnahme (§ 12 VOB/B) an. Vielleicht bestehen Mängelansprüche des Auftraggebers (§ 13 VOB/B). Der Auftragnehmer verfolgt ein anderes Ziel. Er will seine erbrachten Leistungen abrechnen (§ 14 VOB/B). Für die Abrechnung von Stundenlohnarbeiten gibt es eine besondere Regelung (§ 15 VOB/B). Die richtige Abrechnung ist das eine. Jetzt will ich als Auftragnehmer auch die Zahlung (§ 16 VOB/B). Bei der Zahlung stellt sich die Frage nach der Sicherheitsleistung (§ 17 VOB/B). Wenn es mal Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien gibt, dann wird das in der letzten Vorschrift geregelt (§ 18 VOB/B). 

Man erkennt: Eine Baustelle läuft wie ein Theaterstück ab: Anfang, Höhepunkt, Ende oder Vertragsschluss, Ausführung, Fertigstellung. 

Eigentlich sind die VOB/B-Vorschriften von ihrer Rechtsnatur nur Allgemeine Vertragsbedingungen. Grundsätzlich stellt sich bei Allgemeinen Vertragsbedingungen immer die Frage, ob die einzelnen Klauseln wirksam sind. Das wird bei der VOB/B nicht mehr hinterfragt, wenn man die VOB/B als Ganzes vereinbart, also keinerlei Änderungen vorgenommen hat. Dann sagt die Rechtsprechung, dass das Klauselwerk privilegiert ist. Aber wehe man verändert Klauseln zu seinen Gunsten aus der VOB/B. Dann kommt jede einzelne Klausel auf den Prüfstand und wird daran gemessen, ob sie unwirksam oder wirksam ist. Das ist das Einfallstor, um die Anwendbarkeit der VOB/B, die man will, zu vereiteln. Das bedeutet, dass man keinesfalls eine Änderung an der VOB/B vornehmen sollte. Hiervon zu unterscheiden sind Öffnungsklauseln, die in der VOB/B geregelt sind. Öffnungsklauseln sind in der VOB/B benannt und lassen einen Spielraum zu. Diese Öffnungsklauseln finden sich in § 11 Abs. 1, § 13 Abs. 4 und § 17 Abs. 1 VOB/B. Dort heißt es immer: Wenn Vertragsstrafe/keine andere Verjährungsfrist/Sicherheitsleistung vereinbart ist, dann ist dies erst vereinbart. Viele glauben immer, dass mit der Vereinbarung der VOB/B auch immer eine Vertragsstrafe oder Sicherheitsleistung vereinbart ist. Das ist nicht richtig. Vielmehr ist es so, dass die Vertragsstrafe oder Sicherheitsleistung oder ein längerer Gewährleistungszeitraum immer zusätzlich vereinbart werden müssen. Das bedeutet, dass der Auftraggeber eine Vertragsstrafe/Verlängerung des Gewährleistungszeitraums/Sicherheitsleistung nicht fordern kann, wenn dies bei Vertragsschluss nicht vereinbart ist. Der Auftraggeber kann nicht im Nachhinein kommen und einfach Vertragsstrafe/Verlängerung des Gewährleistungszeitraums/Sicherheitsleistung verlangen. Größte Sorgfalt muss ein Bodenleger bei bestimmten Vorschriften walten lassen, die zu Geldverlusten für ihn führen können. Das Stichwort ist BNBS: Bedenkenhinweis (§ 4 Abs. 3 VOB/B), Nachträge (§ 2 Abs. 6 VOB/B), Behinderung (§ 6 Abs. 1 VOB/B) und Stundenlohnarbeiten (§ 15 Abs. 1 VOB/B). Es gibt natürlich neben diesen Vorschriften auch andere Vorschriften, die zu Geldverlusten führen können, wenn man nicht aufpasst. 

Ein unterlassender oder unrichtig verfasster Bedenkenhinweis kann ein wirklicher Killer sein. Denn die einfache Konsequenz ist, dass ein Anderer für einen Mangel verantwortlich ist, jedoch der Bodenleger für den Mangel haftet, da er entweder einen Bedenkenhinweis unterlassen oder nicht in der richtigen Form gestellt hat. Die Rechtsprechung ist gepflastert mit derartigen Fällen. Das sollte man tunlichst vermeiden. Auch eine unterlassene oder unrichtig gestellte Behinderungsanzeige kann zu Geldverlusten führen, wenn plötzlich der Auftraggeber eine Vertragsstrafe geltend machen kann. Einen Schaden braucht er dafür nicht darzulegen. Es wird dann einfach 5 % der Schlussrechnungssumme abgezogen, was weh tut. Bei Nachträgen gilt das Gleiche. In der Baupraxis zeigt sich immer wieder, dass zusätzliche Arbeiten nicht oder falsch angekündigt werden. Dann ist die Quintessenz, dass man derartige zusätzliche Leistungen nicht bezahlt bekommt. Auch bei der Beauftragung von Stundenlohnarbeiten besteht beim Handwerk ein gefährliches Halbwissen, welches sicherlich nicht zu einem Vergütungsanspruch führt. Meist ist es so, dass ein Bauleiter oder Architekt den Bodenleger anweist, Arbeiten im Stundenlohn auszuführen. Der Bodenleger denkt sich, dass im Leistungsverzeichnis ja eine Position über Stundenlohnarbeiten vorhanden ist und er diese Arbeiten bezahlt bekommt. Im Vertrauen darauf führt er die Arbeiten aus und muss bei Inrechnungstellung dieser Stundenlohnarbeiten feststellen, dass er keinen Cent bekommt. Der Auftraggeber sitzt das cool aus und gewinnt damit auch noch vor Gericht. Nichts als Ärger und kein Geld. Man sollte unbedingt wissen, mit wem und in welcher Form man Stundenlohnarbeiten vereinbaren kann. Außerdem sollten alle Vereinbarungen am Bau immer schriftlich und nie nur auf Zuruf erfolgen. Ansonsten hat man die Karte gezogen, die keiner haben will.

Carsten Seeger


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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