Die Vorfälligkeitsentschädigung: und wann nicht gezahlt werden muss nach § 502 Abs. 2 Nr.2 BGB

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Was ist die sogenannte Vorfälligkeitsentschädigung?

Die Vorfälligkeitsentschädigung ist eine Entschädigung, die ein Darlehensgeber im Falle der vorzeitigen Rückzahlung des Darlehens vom Darlehensnehmer verlangen kann, sofern das Darlehen an einen bestimmten Zinssatz gebunden war und dem Darlehensgeber auf Grund der vorzeitigen Ablösung ein Schaden entstanden ist (vgl. §502 Abs. 1 BGB). Sozusagen ein Schadensersatzanspruch, erklärt Rechtsanwalt Sascha C. Fürstenow von FÜRSTENOW Anwaltskanzlei.

Allerdings kann der Anspruch nach einer solchen Vorfälligkeitsentschädigung auch gesetzlich ausgeschlossen sein, sofern eine der in §502 Abs. 2 BGB formulierten Situationen vorliegt.

Aus §502 Abs. Nr.1 ergibt sich, dass die Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung ausgeschlossen sei, sofern die Rückzahlung aus Versicherungsmitteln bewirkt wurde, welche ursächlich die Rückzahlung des Darlehens absicherte.

Gem. §502 Abs. 2 Nr.2 bezieht sich dagegen auf unzureichende Angaben innerhalb des Vertrages. Diese richten sich auf die „Laufzeit des Vertrags, das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers oder die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung“.

Was genau als „unzureichend“ definiert ist, lässt sich aus dieser Norm jedoch nicht direkt entnehmen. Und das ist auch die Problematik dieses Absatzes, da manche vereinbarten Vorfälligkeitsentschädigungen auf Grund dessen als nichtig gelten dürften, ohne dass dies gleich erkennbar ist.

Der nachfolgende Rechtsrat befasst sich daher explizit mit dem §502 Abs. 2 Nr.2 BGB und betrachtet die bisherige, wichtigste Rechtsprechung dazu, wann die Vorfälligkeitsentschädigung möglicherweise ausgeschlossen sein könnte.

Was gilt als „unzureichend“?

Insbesondere unzureichend seien Angaben in einem Verbraucherdarlehensvertrag, die für den gemeinen Verbraucher nicht ohne weiteres nachzuvollziehen sind, so Rechtsanwalt Fürstenow.

Der EuGH geht in seinem Urteil zur Verbraucherkredit-Richtlinie u.a. tiefer darauf ein, was eine unzureichende Berechnung darstelle. Das Gericht kommt zu dem Schluss, die Berechnung müsse sich leicht nachvollziehbar darstellen und der Verbraucher müsse zudem den endgültigen Betrag aus den im Vertrag gegebenen Informationen einfach entnehmen bzw. berechnen können. Dies ist auf Grund der Komplexität der Berechnungsformeln eine höchst umstrittene Rechtsprechung, die wegen ihrer begrenzten Wirkung auf die Verbraucher-RL auch unter Juristen umstrittene Wirkung auf die Unwirksamkeit der Vorfälligkeitsentschädigung insgesamt habe. Allerdings ist es ein Anzeichen dafür, wie hoch der Anspruch des Gesetzgebers an die Schutznorm gerade bei Verbraucherdarlehensverträgen angesetzt wird. Nach herrschender Meinung dürfen die Informationen zur Berechnung zudem weder fehlerhaft, zweideutig noch wenig nachvollziehbar sein, was die Meinung der Richter des EuGH zusätzlich stärkt. Und auch die Rechtsprechung des BGHs in den letzten Jahren gibt Grund zu der Annahme, dass die Anforderungen die an die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung im Darlehensvertrag gestellt werden, sehr hoch bzw. ident mit denen des EuGH sein dürften.

So in einem Urteil vom 28.07.2020 des BGH, in dem die Richter der Ansicht folgten, dass eine Bank von Ihren Kunden keine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen dürfe, wenn die Berechnungsangaben im Vertrag fehlerhaft seien. So dürfe die Vorfälligkeitsentscheidung sich auch nicht starr an den gesetzlich zulässigen Höchstbeträgen orientieren, sondern müsste stets „angemessen“ sein.

Im Jahr 2021 bestätigte der BGH des Weiteren ein Urteil des OLG Frankfurt, nach dem die Forderung einer Vorfälligkeitsentschädigung bei einer Kündigung seitens des Verbrauchers mit berechtigtem Interesse „ohne Rechtsgrund erfolge“, sofern die Berechnung sich für den Verbraucher aus dem Vertrag nicht „klar, prägnant, verständlich und genau“ herleiten lasse.

Auch Kündigungen bei Pflichtverletzung führen nicht unbedingt zum Entstehen einer Vorfälligkeitsentschädigung

Auch im Falle der vorzeitigen Kündigung seitens des Darlehensgebers, selbst wenn dafür die verspätete Zahlung oder Zahlungseinstellung seitens des Darlehensnehmers ursächlich war, führe laut BGH nicht zum Entstehen einer Vorfälligkeitsentschädigung; andere Ansprüche, die aus den vereinbarten Verzugszinsen hervorgehen, bleiben jedoch unberührt.

Allgemein solle die außerordentliche Kündigung durch den Verbraucher, die aus berechtigtem Interesse i.S.d. §490 Abs. BGB herrühre, sowie die nicht einvernehmliche vorzeitige Tilgung des Darlehens, nach Rechtsprechung und herrschender Meinung zu einem Ausschluss des Anspruchs einer Vorfälligkeitsentschädigung aus §502 Abs. 2 BGB führen.

Allerdings würde es auch hier wohl zu einem Alternativanspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung gem. §490 Abs. 2 S.3 führen, welche dem Darlehensgeber den aus der (außerordentlichen) Kündigung entstandenen Schaden ersetzen solle.

Auch die Vereinbarung von Sondertilgungsrechten führe laut BGH zwar nicht zum Ausschluss der Vorfälligkeitsentschädigung nach §502 Abs. 2 BGB, allerdings würden diese die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung verringern, da bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung die Sondertilgungsoption für die Berechnung berücksichtigt werden müsse, selbst wenn davon im laufenden Darlehensverhältnis zuvor nie Gebrauch gemacht wurde.

Fazit: sehr hohe Ansprüche an die Berechnungsgrundlage

Sowohl der EuGH als auch der BGH, hegen sehr hohe Ansprüche an die Berechnungsgrundlage und entsprechende Ausgestaltung im Verbraucherdarlehensvertrag. Während die Anforderungen an die genaue Bezeichnung der Kündigungsbedingungen und der Laufzeit des Vertrags noch relativ leicht zu erfüllen sein sollten, wird es bei der richtigen Ausarbeitung der Berechnungsgrundlage im Vertrag, wie sich nicht nur auf Grund der Rechtsprechung dazu in den letzten Jahren gezeigt hat, schon schwieriger. Die daraus resultierende Rechtsfolge, der gesetzliche Ausschluss der Vorfälligkeitsentschädigung, ist daher eine ernstzunehmende Möglichkeit.

Sehen auch Sie sich einer Vorfälligkeitsentschädigungsforderung gegenübergestellt oder wollen vorzeitig aus Ihrem Darlehensvertrag aussteigen? Hier lohnt es sich grundsätzlich immer den Darlehensvertrag juristisch überprüfen zu lassen und sich ausführlich zu diesem Thema beraten zu lassen. Rechtsanwalt Herr Sascha C. Fürstenow übernimmt dies gerne für Sie!

Der Rechtstipp wurde von dem Mitarbeiter der FÜRSTENOW Anwaltskanzlei, Herrn Ewert, erstellt.

KanzleiWebseite/Bankrecht

Foto(s): Sascha C. Fürstenow


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