Die wichtigsten Aspekte des Nießbrauchrechts im Überblick!

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Sie interessieren sich dafür, Grundvermögen – also Grundstücke, Häuser oder Wohnungen – an die nächste Generation zu übertragen. Sei es, um dem Nachwuchs eine Art materiellen Startschuss für den Bau eines Eigenheims zu geben oder sei es aus steuerlicher Motivation heraus. Dabei wollen Sie sich aber noch umfassende Freiheiten und Verfügungsmöglichkeiten vorbehalten? 

Ich bringe Ihnen in diesem Beitrag das Nießbrauchrecht näher, denn es gibt Ihnen viel Freiheit und steuerlich ist es meist eine sehr sinnvolle Möglichkeit, vollkommen legal dem Finanzamt möglichst wenig zukommen zu lassen.

Übertragen Sie ein Grundstück, eine Wohnung oder eine Immobilie, so erfolgt das – grob gesagt – im Wege eines Kaufvertrages oder einer Schenkung. Den Fall des Kaufvertrages nehme ich in diesem Video ausdrücklich raus. Es soll sich hier nur um die Konstellation handeln, dass Grundvermögen an ein oder mehrere Kinder oder Enkelkinder geschenkt wird.

In diesem Zusammenhang gibt es insgesamt vier Punkte zu berücksichtigen. Und diese vier Punkte möchte ich mit Ihnen besprechen:

  1. Übertragen Sie das Eigentum, ist es für Sie persönlich weg. Das bedeutet, dass der neue Eigentümer damit machen kann, was er will. Er kann es sogar an eine andere Person später weiterverkaufen. Ich erkläre Ihnen in diesem Video aber auch, wie Sie für den Verkaufsfall einen Riegel vorschieben können – und gebe Tipps, damit auch andere Problemfälle gar nicht erst auftauchen.
  2. Sie können die Immobilie mit dem Nießbrauchrecht vollkommen ungehindert nutzen. Mit anderen Worten: Sie wohnen in dem Objekt oder kassieren bis an Ihr Lebensende die Mieten oder Pachten. 
  3. Was die Kosten anbelangt, sind Sie als Berechtigter aus dem Nießbrauch weiter verpflichtet. Investitionen oder Verbesserungen JEDOCH soll der neue Eigentümer – also Ihr Kind oder Engelkind – tragen.
  4. Sind erb- oder pflichtteilsberechtigte Personen vorhanden, sollte man sie in das Übertragungskonzept mit einbeziehen. 

Der Nießbrauch wird im Rahmen einer Schenkung vereinbart. Der Eigentümer einer Immobilie, auch Schenker oder Schenkende genannt, überträgt das Eigentum an andere. Das Eigentum an dem Grundstück geht also auf der einen Seite an den Beschenkten über, auf der anderen Seite entsteht das Nießbrauchrecht für den alten Eigentümer und es wird in das Grundbuch eingetragen. Wie Sie sehen, gibt es jetzt zwei Rechte an dem Grundstück: einmal das Eigentum an dem Grundvermögen und zum zweiten das Nutzungsrecht an der Immobilie – juristisch korrekt als Nießbrauch bezeichnet.

Was bewirkt das in tatsächlicher Hinsicht? Die Immobilie wird im Regelfall dadurch faktisch unverkäuflich. Das Nießbrauchrecht ist faktisch eine Verkaufsblockade. Denn niemand wird eine Immobilie erwerben wollen, über die er nicht ungehindert verfügen kann. Das Nießbrauchrecht bremst jedes Kaufinteresse aus und alle Erträge fließen weiterhin dem Nießbrauchberechtigten zu und auch das Recht zu wohnen bleibt dem Nießbrauchberechtigen erhalten. Außerdem gibt es noch weitere Bremsen, die das Verkaufen der Immobilie ausschließen.

Der Schenkende – also der Nießbrauchberechtigte wird außerdem abgesichert: Sowohl das Gesetz als auch der Schenkungsvertrag können dem Schenker bestimmte Sicherungen einräumen. Das Bürgerliche Gesetzbuch sieht beispielsweise das Rückforderungsrecht vor, wenn der Schenker verarmt ist. Es können auch Sicherungsmechanismen vereinbart werden, wenn der Nießbraucher dem Schenker einen zusätzlich vereinbarten Unterhalt oder die Versorgungspflicht vorenthält oder schwerwiegend vernachlässigt. In solchen Fällen kann der Schenker die „Rückgabe“ der Immobilie verlangen.

Darüber hinaus können im Schenkungsvertrag weitere Punkte vereinbart werden um das Grundstück oder die Immobilie zurück zu verlangen. Beispielsweise kann eine Bedingung oder eine Auflage festgelegt werden, mit der der Schenker das Recht zur Rückforderung der Immobilie ausüben kann. Dies könnte beispielsweise der Fall sein, wenn der Beschenkte die Immobilie veräußert oder nicht bestimmungsgemäß nutzt. Auch der Scheidungsfall, Alkoholismus, Drogensucht können als Optionen für einen Rückfall der Immobilie an den Schenkenden vereinbart sein. 

Solche Bestimmungen zur Rückgabe sind nicht nur wichtig, um den Beschenkten sozusagen „gewogen“ zu halten, sondern auch aus schenkungsteuerlichen Gründen. Denn, während eine Schenkung von der Elterngeneration an die Kinder aufgrund hoher Freibeträge günstig ist, besteht im Fall einer schenkweisen Rückübertragung an Eltern nur ein sehr geringer Freibetrag.

Das einzige Mittel, was in so einer Problemlage noch hilft, ist ein sorgsam formulierter Vertrag, der diese Einzelfälle allesamt konkret und korrekt auflistet. Deshalb ist es sinnvoll, dass neben dem Notar, der ja steuerlich NICHT berät, auch ein Anwalt für Steuerrecht oder Steuerberater mit ins Boot geholt wird. Er sorgt dafür, dass die Rückforderungsrechte steuerneutral abgesichert sind. 

Der Grund, warum so ein Vertrag wirklich sorgsam durchdacht sein muss, ist der Fakt, dass ein Nießbrauchrecht nach dem Willen des Gesetzgebers nicht an eine weitere Person übertragbar ist, jedoch vertraglich so etwas vereinbart werden kann. Unter dem Aspekt ist es natürlich erforderlich, dass bei einem Grundstück meist nicht nur der alte alleinige Eigentümer mit einem Nießbrauchrecht ausgestattet wird, sondern auch der Ehe- oder Lebenspartner bzw. -partnerin. Mit dem Tod des oder der Nießbrauchberechtigten endet dieses Recht automatisch. 

Nutzen Sie die Immobilie, ist es möglich, dass Sie darin wohnen oder die Mieterträge ziehen. Dann ergibt sich zwangsläufig die Frage nach dem Unterhalt, also den Kosten der Immobilie. 

In der Regel sind Sie als der Nießbraucher für die ordnungsgemäße Instandhaltung und Pflege der Immobilie verantwortlich. Das umfasst beispielsweise Reparaturen, Renovierungen und die Bezahlung von laufenden Kosten wie Strom und Wasser. Sie können jedoch vertraglich etwas anderes bestimmen – lassen Sie sich dazu von uns beraten.

Wichtig ist es, dass in die Vereinbarung mit aufgenommen wird, dass das Nießbrauchrecht mit dem Todesfall erlöschen soll.

An dieser Stelle möchte ich erwähnen, dass das Nießbrauchrecht in ERBRECHTLICHER Hinsicht einen großen Haken haben. Der aber kann ganz schnell beseitigt werden: Denn an dieser Stelle empfiehlt es sich, Pflichtteilsberechtigte bei der Vereinbarung eines Nießbrauchrechts unbedingt mit ins Boot zu nehmen. So sollte in der Urkunde, die von dem Notar erstellt wird, eine ganz spezielle Regelung mit diesen Personen aufgenommen werden. Es sollte geklärt werden, dass diese Personen in Bezug auf das Pflichtteil anerkennen, keine Rechte herzuleiten, dass ein Nießbrauch vereinbart wird. Der Hintergrund ist erbrechtlicher Natur. Er liegt darin begründet, dass erbrechtlich die Übertragung der Immobilie als erst zum Todeszeitpunkt gilt. Das hat z. B. zur Folge, dass enterbte Personen einen höheren Anspruch bezogen auf den Pflichtteil haben. Juristisch korrekt geht es um den Pflichtteilsergänzungsanspruch. 

Wenn ich den abgebenden Schenker berate, werde ich auch oft gefragt: Was passiert, wenn ich später einmal in ein Seniorenheim oder ein Pflegeheim ziehen will oder muss? Über diesen Punkt haben sich Richter schon einmal ausführlich Gedanken gemacht und es gelten folgende zwei Faustregeln: 

Erstens: Ist die Immobilie bereits mindestens 10 Jahre übertragen, dann kann z. B. das Sozialamt das übertragene Haus oder die Wohnung nicht mehr dazu heranziehen, um den Lebensunterhalt zu finanzieren. Mit anderen Worten: Das Haus bleibt dann da, wo es ist. Es muss nicht verkauft werden, um die Versorgung sicher zu stellen.

Und zweitens: Derjenige, also der Schenker, der bis zu diesem Zeitpunkt in der Wohnung in der Wohnung gelebt hat und jetzt in ein Seniorenheim umzieht, ist nicht verpflichtet diese Wohnung zu vermieten. Es drängt ihn also niemand, seinen Lebensbereich für eine gewisse Zeit oder für immer aufzugeben. Er muss im Regelfall nicht die Wohnung vermieten, um von der erzielten Miete seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Das alles hat das Oberlandesgericht Köln bereits 2011 entschieden. Derjenige, der sich für ein Nießbrauchrecht entschieden hat, hat also ein Optionsrecht: Er kann sein zu Hause vermieten oder er kann es als Rückkehrmöglichkeit für sich offenhalten.

Was also ist das Fazit?

Das Nießbrauchrecht hat auch in zivilrechtlicher und auch in steuerlicher Hinsicht eine große Bedeutung. Als Schenkungsvertrag ermöglicht es Ihnen als Schenker, das Eigentum an einer Immobilie zu übertragen, während Sie das Recht auf Nutzung und Ertrag behalten. Dabei können sowohl gesetzliche als auch vertragliche Rückforderungsrechte bei Ihnen verbleiben. 

Sie sind als Nießbraucher ist in der Regel für die regelmäßige Unterhaltung der Immobilie verantwortlich, sollten aber hierüber eine klare Regelung treffen, die auf Ihre wirtschaftliche Situation passt. Erbrechtlich müssen Sie darauf achtgeben, Pflichtteilsberechtigte möglichst mit in die Vereinbarung einzubeziehen. Als Mediator kann ich Ihnen dazu in den Gesprächen mit allen Beteiligten beistehen, so dass Sie Ihr Konzept uneingeschränkt realisieren können.

Sie möchten noch mehr erfahren, dann besuchen Sie unsere Homepage.

Ihr Hartmut Göddecke


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