Diese Kriterien bestimmen Ihre Abfindung – Sozialpläne in der Praxis

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Gerät der Betrieb des Arbeitgebers in die Krise, stehen oftmals Arbeitsplätze auf dem Spiel. Je nachdem wie angeschlagen das Unternehmen ist, ist auch ein großzügiger Personalabbau keine Seltenheit. Die Rechte der Arbeitnehmer schützt in dieser Situation das Betriebsverfassungsgesetz. Über eine kollektivrechtliche Vereinbarung zwischen dem Betriebsrat und dem Arbeitgeber sollen die wirtschaftlichen Folgen der betrieblichen Veränderungen für Arbeitnehmer abgefedert werden. Juristen sprechen in diesem Zusammenhang vom Sozialplan, einem wirksamen Instrument der Mitbestimmung des Betriebsrates, der unter anderen auch Ansprüche auf Abfindungszahlung bei Massenentlassungen vorsehen kann.

In diesem Rechtstipp gehen wir auf die Sozialplanabfindung ein und erläutern, welche Kriterien die Höhe der Abfindung beeinflussen und was Sie beachten müssen, um das Beste für sich rauszuholen!

1. Wie und wann kommt der Sozialplan zustande?

Den Sozialplan vereinbaren Arbeitgeber und Betriebsrat. Er hat den Status einer Betriebsvereinbarung und gilt daher dem Grunde nach für jeden durch die Betriebsveränderung betroffenen Arbeitnehmer. In der Praxis bleiben oftmals leitende Angestellte im Sozialplan unberücksichtigt, da für sie gesonderte Regelungen gelten. Gleiches gilt häufig für Arbeitnehmer, die kurz vor dem Renteneintritt stehen. Auch für sie treffen Arbeitgeber und Betriebsrat oftmals gesonderte Vereinbarungen.

Alternativ, wenn die Betriebsparteien keine Einigung erzielen konnten, kann auch eine Einigungsstelle den Sozialplan aufstellen. Letzteres soll nach den Vorstellungen des Gesetzgebers jedoch die Ausnahme darstellen. Während nämlich Arbeitgeber und Betriebsrat bei der Aufstellung eines Sozialplans im Rahmen des geltenden Rechts grundsätzlich keinen Beschränkungen unterliegen, was Art und Umfang der Regelungen anbelangt, ist die Kompetenz der Einigungsstelle begrenzt. Sie kann nur solche Bestimmungen treffen, die dazu dienen, die wirtschaftlichen Nachteile der Arbeitnehmer auszugleichen oder zu mildern. In einem Sozialplan der Einigungsstelle dürfen deshalb beispielsweise keine Leistungen vorgesehen sein, mit denen rein immaterielle Nachteile ausgeglichen werden sollen.

Die Einigungsstelle hat bei ihrer Aufstellung des Sozialplans zum einen die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen und zum anderen die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen im Blick zu behalten. Sie muss also Leistungen zum Ausgleich wirtschaftlicher Nachteile bestimmen, die auch die Arbeitsmarktchancen der betroffenen Arbeitnehmer berücksichtigen und gleichzeitig darauf achten, dass das Unternehmen hierdurch finanziell nicht gefährdet wird.

2. Wie wird die Abfindungshöhe festgelegt?

Die Abfindungen in Sozialplänen werden in der Regel nach einer durch den Betriebsrat im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber festgelegten Formel oder Punktetabelle ermittelt. In der Praxis weitverbreitete Berechnungskriterien sind:

  • Bruttomonatsgehalt
  • Lebensalter
  • Betriebszugehörigkeit

Häufiger Streitpunkt ist dabei bereits die Definition des Monatsgehalts, das bei der Abfindungsberechnung zugrunde gelegt wird. Um Unklarheiten und Regelungslücken zu vermeiden, sollten die Betriebsparteien daher sämtliche Vergütungselemente, die berücksichtigt werden sollen, explizit benennen.

Praxistipp à Wer als Arbeitnehmer vor der Entscheidung steht eine Kündigung gegen Sozialplanabfindung zu akzeptieren, sollte die Berechnungsgrundlage der Leistung stets anwaltlich prüfen lassen. Denn wegen der zahlreichen Möglichkeiten zur zeitweisen Verringerung der Arbeitszeit etwa durch Elternzeit oder Elternteilzeit, stellt sich oftmals die Frage, welche Vergütung zu Grunde zu legen ist. Es ist stets im Einzelfall zu prüfen, ob und wie diese Veränderungen bei der Berechnung einer Sozialplanabfindung berücksichtigt werden müssen.

3. Abfindung geltend machen – Worauf muss ich achten?

Was wenige wissen: Arbeitnehmer verlieren durch den Sozialplan nicht ihre gesetzlichen Kündigungsschutzrechte. Wer eine betriebsbedingte Kündigung erhält, kann unbeschadet des Sozialplans eine Kündigungsschutzklage erheben. Auf diesem Wege behält der Betroffene die Möglichkeit im Rahmen eines Gerichtsprozesses eine höhere Abfindung als die im Sozialplan vorgesehene zu erstreiten. Der Arbeitgeber darf seinen Beschäftigten den Zugang zu den Arbeitsgerichten nicht nehmen!

Beachten sollten Sie jedoch die Einhaltung von Ausschlussfristen. Oftmals ist nämlich die Geltendmachung der Abfindungsansprüche an eine Frist gebunden. Wer diese versäumt, verliert regelmäßig auch seinen Anspruch auf Abfindung gegenüber dem Arbeitgeber! Hellhörig sollten Sie auch dann werden, wenn der Sozialplan eine Klausel enthält, wonach die Abfindung verfällt, wenn Sie einen zumutbaren neuen Arbeitsplatz nicht annehmen.

4. Fazit

Abfindungsansprüche des Arbeitnehmers können sich bei Personalabbau nicht nur aus einem Sozialplan ergeben. In Betracht kommen daneben auch Tarifsozialpläne oder Sozialtarifverträge oder etwa "normale" Abfindungen im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses.

Bei dieser Vielzahl an denkbaren Anknüpfungspunkten, die einen Anspruch auf Abfindungszahlung gewähren können, sollten Sie anwaltliche Hilfe zu Rate ziehen. Dies umso mehr, weil die gängigen Sozialpläne oft Anrechnungs- bzw. Tilgungsbestimmungen enthalten, die einer mehrfachen finanziellen Inanspruchnahme des Arbeitgebers vorbeugen sollen. Als Fachanwaltskanzlei im Arbeitsrecht beraten wir Sie hierzu gerne!


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