Diesel-Affäre: Widerruf des Darlehensvertrags bei finanziertem Autokauf als Ausweg?

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Die Affäre um manipulierte Schadstoff-Software – kurz „Diesel-Gate“ – hat hohe Wellen geschlagen. Da die Gerichte die Streitfrage, ob die in den Dieselfahrzeugen eingebaute „Abgas-Manipulationssoftware“ als rücktrittsbegründender Mangel der Kaufsache zu bewerten ist, bislang sehr unterschiedlich bewerten, stellt sich für Käufer betroffener Fahrzeuge die Frage, wie man sich vom Kaufvertrag lösen kann. Ein Weg kann bei finanzierten Käufen der Widerruf des Darlehensvertrags sein, wenn der Vertrag nach dem 10.10.2010 geschlossen wurde.

Die Gerichte beantworten die Frage, ob die in den Dieselfahrzeugen eingebaute „Abgas-Manipulationssoftware“ als rücktrittsbegründender Mangel der Kaufsache zu bewerten ist, bisher sehr unterschiedlich. Die Erfolgsaussichteneiner Schadensersatz- oder Rückabwicklungsklage sind somit unsicher und hängen auch vom örtlich zuständigen Gericht ab. Eine Entscheidung durch den Bundesgerichtshof (BGH) steht derzeit noch aus.

Widerrufsjoker als Ausweg bei fehlerhafter Widerrufsbelehrung im Kreditvertrag

Ein Ausweg kann der Widerruf des dem Kaufvertrag zugrundeliegenden Kreditvertrags sein. Verbraucher können im Falle eines eingeräumten Widerrufsrechts grundsätzlich den Vertrag innerhalb einer Frist von 14 Tagen widerrufen. Zwar ist diese Frist in der Regel bereits abgelaufen. In Fällen, in denen der Kreditgeber den Verbraucher jedoch fehlerhaft über das Widerrufsrecht belehrt hat, beginnt die Frist nicht zu laufen. In der Folge kann der Kreditnehmer bei einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung den Vertrag auch noch nach mehreren Jahren widerrufen (sog. Widerrufsjoker).

Rechtlich stellen Kaufvertrag und Kreditvertrag ein sog. verbundenes Rechtsgeschäft dar. Dies hat zur Folge, dass die Unwirksamkeit des einen Vertrags die Bindungswirkung des anderen Vertrags entfallen lässt. Käufer betroffener Dieselfahrzeuge können auf Grundlage einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung den Vertrag auch heute noch rückabwickeln.

Widerrufsbelehrungen der Autobanken sind oft fehlerhaft

Insbesondere die VW-Bank und die AUDI-Bank haben den nach der BGB-Info-VO vorgegebenen Mustertext nicht wörtlich, sondern in abgewandelter Form wiedergegeben. Laut Rechtsprechung des BGH kann sich der Verwender einer Widerrufsbelehrung nicht auf die Schutzwirkung der BGB-Info-VO berufen, wenn er diese in eigenen Worten wiedergibt.

Etwa wird zum Beginn der Widerrufsfrist in vielen Verträgen formuliert:

„Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrages, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB (z. B. Angabe zur Art des Darlehens, Angaben zum Nettodarlehensbetrag, Angaben zur Vertragslaufzeit) erhalten hat“.

Einige Oberlandesgerichte bewerten diese Art der Belehrung als Verwirrung des Kunden und damit als rechtlich unwirksam (so z. B. OLG München, Urteil v. 21.5.2015, 17 U 334/15).

Ähnliche Formulierungen haben viele Banken bei Immobiliendarlehensverträgen verwendet. Betroffen sind Kreditverträge der Volkswagen-Bank („VW Financial Service“) und ihre Zweigstellen für Seat, Skoda und Audi. Weiter betroffen sind die Santander Bank, BMW-Bank oder Mercedes-Benz-Bank.

Häufige Fehler in Kreditverträgen der Autobanken

Weitere häufige Fehler in Widerrufsbelehrungen, die zum Widerruf berechtigen, sind z. B.

  • die Nichtnennung der konkreten Darlehensart,
  • die Nichtangabe der Europäischen Zentralbank als Aufsichtsbehörde,
  • dass unter Verstoß gegen Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB a. F. das Kündigungsverfahren nicht hinreichend dargestellt wird,
  • dass die Berechnung für die Vorfälligkeitsentschädigung nicht konkret genug ist,
  • dass unter Verstoß gegen Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 1 EGBGB a. F. unzutreffende Angaben zu den Widerrufsfolgen, insbesondere auch dem möglichen Wertverlust, gemacht würden.

Folgen des Widerrufs

Grundsätzlich hat der Käufer im Fall des Widerrufs Anspruch auf die Anzahlung sowie Tilgungsraten gegen Rückgabe des Fahrzeugs. Der Bank stehen in diesem Fall allein die Finanzierungszinsen zu Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer zu. Dies gilt für Verträge, die zwischen dem 10.10.2010 und 12.06.2014 geschlossen wurden.

Keine Nutzungsentschädigung bei Verträgen ab 13.06.2014

Eine wichtige Neuerung für Autokäufer ist die ab 13.6.2014 in Kraft getretene Umsetzung der Verbraucherrichtlinie der EU 2011/83/EU (§§ 355 ff BGB). Hiernach hat der Verbraucher im Rahmen der Rückabwicklung eines Vertrages für einen eingetretenen Wertverlust nur unter bestimmten Voraussetzungen aufzukommen. Bei einem infolge eines Widerrufs eines nach dem 12.6.2014 geschlossenen Finanzierungsvertrags unwirksam gewordenen Kfz-Kaufvertrags bestehen durchaus Aussichten, dass der Verbraucher nicht einmal Ersatz für die gezogenen Nutzungen leisten muss.

Bundesweite Vertretung geschädigter Dieselkäufer

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Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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