„Doppelte“ Schriftformklausel in Gewerberaummietvertrag und Vorrang der Individualabrede

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Eine in einem Gewerberaumvertrag enthaltene sogenannte doppelte Schriftformklausel, nach welcher nicht nur Vertragsänderungen, sondern auch die Änderung der Schriftformklausel selbst dieser Form bedürfen, schließt im Falle einer formularmäßigen Vereinbarung wegen des sog. Vorrangs der Individualabrede nach § 305b BGB eine mündliche oder konkludente Vertragsänderung nicht aus.


Mit Beschluss vom 25.01.2017 – XII ZR 69/16 - hat der BGH daher die ordentliche Kündigung eines Gewerberaummietverhältnisses in folgendem Fall bestätigt: Die ursprüngliche Vermieterin hatte mit dem Vormieter des Beklagten zwei Mietverträge abgeschlossen, denen ein bestimmter Vertragszweck zugrunde lag. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen sahen u.a. doppelte Schriftformklauseln vor. In einem späteren Schreiben im Juli 2006 bestätigte die Vorvermieterin dem Vormieter einen weitergehenden Vertragszweck. Der Beklagte trat danach in die Mietverträge ein und vereinbarte mit der Erwerberin des Grundstückes in einem schriftlichen Nachtrag zum Mietvertrag eine feste Laufzeit bis zum 31.12.2016. Mit Schreiben vom 09.02.2015 erklärte diese sodann die fristlose, hilfsweise fristgerechte Kündigung zum nächstmöglichen Zeitpunkt und verlangte von dem Beklagten - nach Auffassung des BGH zu Recht - Räumung und Herausgabe aufgrund der ersten ordentlichen Kündigung zum 31.12.2015: Wegen der Befristung des Mietverhältnisses durch den Nachtrag bezog sich das auch für Gewerbemieträume geltende Beurkundungserfordernis des § 550 BGB auf den gesamten Vertragsinhalt. Die ursprünglichen Vertragsparteien hatten die Mietverträge jedoch im Juli 2006 hinsichtlich des Vertragszweckes und damit wesentlich geändert, ohne hierbei die Form des § 550 BGB einzuhalten, sodass der Mietvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen und damit ordentlich kündbar war. Diese den Nutzungszweck erweiternde und nicht dem Schriftformerfordernis entsprechende Vertragsänderung war auch wirksam. Insbesondere stand ihr nicht die doppelte Schriftformklausel entgegen, da diese wegen Verstoßes gegen § 305 b BGB wirkungslos war. Auch die ursprünglich vereinbarte Schriftformheilungsklausel hinderte die  vorzeitige Beendigung des Mietvertrages nicht, da diese Klausel jedenfalls nicht den Erwerber bindet. Dies ist mit dem von § 550 BGB bezweckten Erwerberschutz auch dann nicht vereinbar, wenn die Klägerin, wie vorliegend, nicht in eine langfristige und daher das Formerfordernis des § 550 BGB begründete Bindung eingetreten ist, sondern diese selbst erst eingegangen ist.


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