Ehevertrags-Check – Inhalt eines rechtmäßigen Ehevertrags kann nachträglich angepasst werden

  • 2 Minuten Lesezeit

Eine gerichtliche Inhaltskontrolle kann nach dem Scheidungsantrag nicht nur zur vollständigen Aufhebung ehevertraglicher Vereinbarungen führen, sondern auch zu einer Anpassung an benachteiligende Entwicklungen, die die Ehegatten bei Vertragsabschluss noch nicht vorhergesehen haben. Grundsätzlich gilt auch für den Inhalt eines Ehevertrags die Vertragsfreiheit.

Diese Abschluss- und Inhaltsfreiheit endet, wenn es zur sittenwidrigen Benachteiligung einer Vertragspartei kommt. Die richterliche Prüfung des Vertragsinhalts kann gemäß § 242 BGB erfolgen, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass Schutzbestimmungen umgangen wurden. Das Brandenburgische Oberlandesgericht hat am 30.06.2016 zum Aktenzeichen 9 UF 133/14 durch Beschluss den Inhalt eines grundsätzlich rechtsgültigen Ehevertrages den tatsächlichen Entwicklungen während der Ehezeit angepasst.

Versorgungsausgleich durch Vertrag wirksam ausgeschlossen

Der Antragsteller und die Antragsgegnerin hatten 1978 geheiratet. Sie waren zu diesem Zeitpunkt beide 22 Jahre alt. Die Antragsgegnerin war schon einmal verheiratet gewesen und hatte eine Tochter, die zur Zeit der Heirat mit dem Antragsteller 2 Jahre alt war. Die Antragsgegnerin arbeitete als Schreibkraft im öffentlichen Dienst, während der Antragsteller noch studierte. Am 03.02.1981 schlossen sie einen notariellen Vertrag ab, in dem sie gegenseitig auf Unterhalt verzichteten und den Versorgungsausgleich ausschlossen. Zu dieser Zeit benachteiligte die Vereinbarung die Ehefrau wegen ihrer eigenen Absicherung nicht.

Die Umstände, die zum Abschluss des Vertrags führten, sind streitig. Die Antragsgegnerin trägt vor, sie habe ihre Ehe retten wollen und ihr Ehemann habe darauf bestanden, dass sie den von seinem Anwalt vorbereiteten Text unterschreibe.

Der Antragsteller trägt vor, dass es die Antragsgegnerin gewesen sei, die die Vereinbarung wollte. Der Streit war nicht entscheidungserheblich. Die Richter stellten fest, dass im Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung beide Ehegatten eine vergleichbare berufliche und wirtschaftliche Perspektive hatten.

Der gegenseitige Verzicht auf Unterhaltsleistungen und auf den Versorgungsausgleich für den Fall der Scheidung benachteiligte die Antragsgegnerin nicht, denn sie war durch ihre Anstellung im öffentlichen Dienst hinreichend abgesichert. Beide Eheleute gingen davon aus, dass sie keine Kinder mehr haben würden und bis zur Rente arbeiten könnten.

Später eingetretene Versorgungsnachteile ausgleichen

Nach Vertragsabschluss änderten sich die wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien grundlegend. Unerwartet bekamen die Parteien zwei Kinder. Die Antragsgegnerin gab ihre Arbeitsstelle im öffentlichen Dienst auf, um sich der Familienarbeit zu widmen. Der Antragsteller hingegen stieg nach abgeschlossenem Ingenieurstudium auf. Die Ehe scheiterte und es kam am 01.05.2006 zur Trennung. Am 14.06.2006 schlossen die Parteien, um den Scheidungsantrag vorzubereiten, noch einmal einen Vertrag, in dem sie den Bestand des Ehevertrages von 1981 ausdrücklich bestätigten.

Im Rahmen der Scheidung führte das Familiengericht den Versorgungsausgleich trotz der ehevertraglichen Vereinbarungen durch. Der Antragsteller legte die Beschwerde ein, die vom Brandenburgischen Oberlandesgericht zu entscheiden war. Das Brandenburgische Oberlandesgericht entschied, dass der Vertrag grundsätzlich wirksam bleibt, dass aber dennoch eine Übertragung von Versorgungsanwartschaften vom Rentenkonto des Antragstellers auf das Rentenkonto der Antragsgegnerin stattfinden müsste, weil diese durch die Familienarbeit in unvorhergesehenem Maße daran gehindert worden ist, ihre eigenen Rentenanwartschaften weiter auszubauen. 


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt & Mediator Giuseppe M. Landucci

Beiträge zum Thema