Ehrlich währt am längsten – Das Verschweigen von nicht reparierten Vorschäden am Pkw anlässlich eines Verkehrsunfalls

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Stellt sich nach einem Verkehrsunfall heraus, dass nicht alle geltend gemachten Schäden an dem Fahrzeug auf den Unfall zurückzuführen sind, sondern dass es sich teilweise um nicht reparierte Vorschäden handelt, kann dies zum Verlust des gesamten Schadensersatzanspruchs führen. Das hat das Landgericht Frankenthal kürzlich entschieden.

I.    Sachverhalt

Mit folgendem Sachverhalt musste sich das Landgericht (LG) Frankenthal in einer aktuellen Entscheidung befassen:

Eine Frau hatte ihr Fahrzeug ordnungsgemäß auf einem Parkplatz abgestellt. Der Fahrer eines anderen Fahrzeugs stieß sodann beim Ausparken leicht gegen das Heck des geparkten Autos. Die geschädigte Frau ließ daraufhin ein Gutachten über die Höhe der Reparaturkosten einholen. Die vom Privatgutachter ermittelten Reparaturkosten i.H.v. 4.152,29 € netto sowie die Kosten für die Erstellung des Schadensgutachtens forderte die Frau nun von der KFZ-Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers. Eine von der Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers gewünschte Nachbesichtigung des Fahrzeugs durch einen Sachverständigen lehnte die Geschädigte ab. Der Kfz-Haftpflichtversicherer behauptete sodann, die geltend gemachten Beschädigungen seien im Hinblick auf den nur sehr geringfügigen Anstoß an dem Fahrzeug der Geschädigten nicht plausibel auf das Unfallgeschehen zurückzuführen und lehnte eine Regulierung des Schadens vollumfänglich ab.

Daraufhin erhob die Geschädigte Klage beim LG Frankenthal. Um die Frage zu klären, ob die von der Geschädigten geltend gemachten Schäden auf das Unfallereignis zurückzuführen sind, beauftragte das LG im Rahmen der Beweiserhebung einen Sachverständigen mit der Erstellung eines entsprechenden Gutachtens. Der vom Gericht beauftragte Sachverständige stellte schließlich fest, dass manche der geltend gemachten Schäden plausibel auf den Unfall zurückzuführen sein könnten. Es gebe jedoch auch Kratzer in unterschiedliche Richtungen, die nicht gleichzeitig bei einem Unfall entstehen könnten. Zudem mach die Geschädigte, so der Sachverständige weiter, Schäden in Bereichen geltend, in denen es überhaupt keinen Anstoß gegeben habe. Der Sachverständige konnte somit sicher ausschließen, dass sämtliche Schäden auf dieses Unfallereignis zurückzuführen sind.

II.    Entscheidung

Mit Urteil vom 9.6.2021, Az.: 1 O 4/20, wies das LG die Klage der Geschädigten vollumfänglich ab und legte dieser die Kosten des Rechtstreits auf.

Nach Auffassung des LG war es vorliegend erwiesen, dass die Folgen eines früheren Unfalls nicht - wie von der Geschädigten behauptet - ordnungsgemäß repariert worden waren. In einer solchen Situation lasse sich daher nicht sicher feststellen, ob oder welche der Schäden zusätzlich bei dem späteren Unfall entstanden sind. Die verklagte Kfz-Haftpflichtversicherung müsse damit auch nicht für den grundsätzlich plausiblen Teilschaden einstehen, so das LG in seinen Urteilsgründen.

III.    Fazit

Obwohl durch den streitgegenständlichen Unfall offenkundig ein (weiterer) Schaden am Fahrzeug der Geschädigten verursacht wurde, ging diese gleichwohl leer aus. Die Geschädigte war hier offensichtlich nicht gut beraten oder aber schlichtweg zu gierig. Die Frage nach (unreparierten) Vorschäden wird in der Praxis der Unfallregulierung von Versicherern häufig aufgeworfen. Die Gefahr/das Risiko einer falschen/unvollständigen Beantwortung dieser Frage durch den Geschädigten zeigt die hier vorgestellte Entscheidung schonungslos auf.


Martin Volkmann

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Arbeitsrecht

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Fachanwalt für Versicherungsrecht


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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