Ein gemeinsamer Anwalt für die Scheidung?

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In meiner Beratungspraxis kommen die Rechtsuchenden häufig mit dem Wunsch „Wir wollen nur einen Anwalt für das Scheidungsverfahren!“

In einem solchen Fall hat die Anwaltschaft umfassende Aufklärungspflichten. Zwar genügt für das Ehescheidungsverfahren ein Rechtsanwalt/eine Rechtsanwältin. Aber es ist ein weit verbreiteter Irrglaube, dass dieser Anwalt beide Eheleute vertritt. Tatsächlich ist es Anwälten sogar verboten, beide Parteien desselben Rechtsstreits zu vertreten.

Der Antrag der das Ehescheidungsverfahren einleitet muss durch einen Rechtsanwalt/eine Rechtsanwältin gestellt werden. Insoweit besteht nach § 114 FamFG Anwaltszwang. Es muss also zumindest die Antragstellerin/der Antragsteller anwaltlich vertreten sein. Will der andere Ehegatte der Scheidung nur zustimmen, ohne selbst Anträge zu stellen, muss er nicht anwaltlich vertretenen sein.

Der Bundesgerichtshof (BGH vom 19.09.2013 – IX ZR 322/12) hat für die Anwaltschaft klare Regeln für diese Fälle definiert. Der Rechtsanwalt/die Rechtsanwältin muss vor der gemeinsamen Beratung von Eheleuten unmissverständlich darauf hinweisen, dass ein Anwalt im Grundsatz nur einen von beiden beraten kann, dass er bei gemeinsamer Beratung die Eheleute nur unter Ausgleich der gegenseitigen Interessen beraten kann und bei aufkommenden, widerstreitenden und unüberwindbaren Interessen das Mandat gegenüber beiden Eheleuten unverzüglich niederzulegen ist. Denn nach Ansicht des Bundesgerichtshofes sei den Ehegatten oft gar nicht bewusst, dass ihre Interessen gegenläufig sind, weil ihnen die gegenseitigen Rechte unbekannt sind.

Autorin des Beitrags ist Rechtsanwältin Judith Weidemann aus Potsdam, zugleich Fachanwältin für Familienrecht


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