Ein gemeinschaftliches Testament ist nicht deshalb widerrufen, weil es weg ist!

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Nicht selten errichten Eheleute ein gemeinschaftliches Testament. Dabei setzen sie sich zunächst gegenseitig als Alleinerben ein. 

Erst für den Fall, dass die/der Letzte von beiden verstirbt, soll dann ein Dritter Erbe werden. Dieser ist dann der Schlusserbe.

Und wenn das Originaltestament nach dem Todesfall nicht mehr auffindbar ist?

Grundsätzlich erfüllt eine Fotokopie nicht die Anforderungen an ein formgültiges privatschriftliches Testament. 

Allein aus der Vorlage einer Testamentskopie kann deswegen das Erbrecht nicht nachgewiesen werden!

Eine Kopie kann aber ausreichen!

Die Kopie eines Originaltestamentes kann jedoch dann ausreichen, wenn mit ihr die formgerechte Errichtung des Originaltestaments nachgewiesen werden kann. 

An diesen Nachweis sind strenge Anforderungen geknüpft. 

Um herauszufinden, ob das Originaltestament formgerecht errichtet worden ist, wird ein Gericht prüfen müssen, ob solche Erkenntnisse im Rahmen einer Gesamtbeurteilung 

  • aus der Lebenssituation des Erblassers, 
  • des Testamentsinhalts,
  • der Auffindesituation der Testamentskopie sowie
  • weiterer Umstände des konkreten Einzelfalles

gewonnen werden können.

Widerruf eines gemeinschaftlichen Testamentes

Ehegatten können das gemeinschaftlich errichtete Testament ändern oder widerrufen.

Ein Widerruf kann erfolgen durch:

  • die gemeinsame Errichtung eines neuen gemeinschaftlichen Testamentes
  • die gemeinsame Rücknahme des gemeinschaftlichen notariellen Testamentes aus der amtlichen Verwahrung
  • die gemeinsame Vernichtung des Testamentes
  • einen gemeinsamen Widerruf des Testamentes

Widerruf zu Lebzeiten beider Ehegatten

Ein Ehegatte kann ein gemeinschaftlich errichtetes Testament auch allein widerrufen. 

Allerdings nur, wenn der andere Ehegatte noch lebt!

Dieser einseitige Widerruf wird jedoch erst wirksam, wenn er dem anderen Ehegatten in notariell beurkundeter Form zugeht.

Widerruf nach dem Tod des Erstversterbenden

Ist ein Ehegatte bereits verstorben und haben beide Ehegatten zuvor ein gemeinschaftliches Testament errichtet, in dem sie wechselseitige Verfügungen getroffen haben, erlischt das Recht des überlebenden Ehegatten, das gemeinschaftliche Testament zu widerrufen.

Das bedeutet, dass der überlebende Ehegatte von den wechselseitigen Verfügungen des gemeinschaftlichen Testamentes nicht mehr abweichen kann. 

Die Errichtung eines neuen Testamentes oder der Abschluss eines Erbvertrages wären dann unwirksam!

Widerruf durch Abhandenkommen / Vernichtung

Ein gemeinschaftliches Testament kann grundsätzlich durch Vernichtung aufgehoben/widerrufen werden. 

Diese Vernichtung muss in der Absicht, das Testament zu widerrufen, durch die Ehegatten (und zwar durch beide gemeinsam) erfolgen. Für den späteren Beweis dieser Tatsache genügt ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit.

Wollen die Ehegatten jedoch sichergehen, dass später nicht doch noch eine Kopie des Originaltestamentes auftaucht, sollten sie das Testament gemeinsam widerrufen und ein neues gemeinsames Testament formwirksam errichten.

Geschieht dies nicht, besteht die Gefahr, dass ein Gericht später feststellen muss, ob ein Widerruf durch Vernichtung des Testamentes von beiden Ehegatten gemeinsam mit Testierwillen in Widerrufsabsicht umgesetzt worden ist.

Fazit

Ist ein Testament später also nicht im Original auffindbar, so kann deshalb erst einmal nicht vermutet werden, dass es vom Erblasser vernichtet worden und deshalb als widerrufen anzusehen ist. Die Vermutung setzt ihrerseits nämlich voraus, dass eine Vernichtung des Testamentes auch festgestellt ist.

Erfolgt diese Feststellung nicht, kann auch die Kopie eines abhandengekommenen Originaltestamentes ihre Gültigkeit behalten!


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