Eine Woche bei Mama und die nächste bei Papa – auch wenn nicht beide Eltern einverstanden sind

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Auch gegen den Willen eines Elternteils kann ein wechselseitiges Modell der Kinderbetreuung angeordnet werden, wenn dies dem Kindeswohl am ehesten entspricht. 

Immer mehr Scheidungskinder werden heute auf der Grundlage eines sogenannten paritätischen Wechselmodells von ihren Eltern betreut. In diesen Fällen ordnet das Familiengericht die hälftige Betreuung des Kindes durch beide Elternteile an. 

Dass das auch möglich ist, wenn ein Elternteil dagegen ist, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) und stellte damit klar, dass nicht nur der „Wochenend-Papa“ nach der Scheidung der Eltern als gesetzliche Umgangsregelung vorgesehen ist. 

Wochenend-Papa begehrt gleichberechtigtes Umgangsrecht 

In dem Verfahren ging es um einen sorgeberechtigten Vater der eine Ausweitung seiner Umgangsregelung mit seinem Sohn begehrte. Die geschiedenen Eltern hatten sich bislang zwar gemeinsam um ihren 2003 geborenen Sohn gekümmert. Der Sohn hielt sich dennoch überwiegend bei der Mutter auf und besuchte seinen Vater nur alle 14 Tage.

Der Vater strebte nun eine Umgangsregelung in Form eines paritätischen Wechselmodells an – der Sohn sollte im wöchentlichen Rhythmus jeweils eine Woche bei seiner Mutter und eine Woche bei seinem Vater verbringen. Das Amtsgericht sowie das Oberlandesgericht wiesen das väterliche Begehren zurück. Sie gingen davon aus, dass eine auf ein Wechselmodell gerichtete Umgangsregelung nach der gesetzlichen Regelung nicht möglich sei. 

„Kind hat das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil“

Die Richter am Bundesgerichtshof machten grundlegend deutlich, dass ein Kind das Recht auf den Umgang mit jedem Elternteil habe und auch die Eltern ihrerseits berechtigt und verpflichtet sind, dieses Umgangsrecht auszuüben. Dies sei Grundlage jeder weiteren Überlegung.

Das zuständige Familiengericht müsse dann entscheiden, in welchem Umfang ein Umgangsrecht jedem Elternteil zugesprochen werde. Mit diesem Hinweis hat der BGH den Beschluss des Oberlandesgerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an die Richter zurückgewiesen. 

Kein gesetzliches Pflichtmodell vorgegeben 

In Deutschland sei das Modell der überwiegenden Betreuung durch die Mutter und der nur eingeschränkten Betreuung durch den Vater zwar weit verbreitet. Der Gesetzgeber wollte daraus aber keineswegs ein zwingendes Modell machen – vielmehr sei auch eine hälftige Aufteilung des Umgangsrechts gesetzlich möglich.

Ein solches, paritätisches Wechselmodell stehe auch mit dem Vorliegen eines gemeinsamen Sorgerechts im Einklang. Gerade dort bestehe eine gleichberechtigte Stellung beider Elternteile, die sich auch in einer gleichberechtigten Umgangszeit mit dem Kind äußern kann. 

Über allem steht das Kindeswohl 

Maßstab jeder richterlichen Anordnung im Familienrecht ist und bleibt aber das Kindeswohl.

Dies ist vom Gericht in jedem Einzelfall anhand konkreter Umstände zu ermitteln. Ein hälftiges Umgangsrecht komme also auch nur dann in Frage, wenn es sich als die in der konkreten Situation beste Umgangsform darstellt.

Besonders zu beachten sei dabei, dass sich das Kind jeweils auf zwei hauptsächliche Lebensumgebungen einstellen können muss, was besondere Anforderungen an die Eltern in Hinblick auf Organisation und Kommunikation stellt.

Daher sei laut der Richter am Bundesgerichtshof ein paritätisches Wechselmodell nicht anzuordnen, wenn diese Voraussetzungen erst geschaffen werden müssen. Ein hälftiges Umgangsmodell soll nicht dazu dienen, unstrukturierte Verhältnisse in die rechte Bahn zu leiten. Vielmehr ist ein solches Modell erst dann erfolgsversprechend, wenn die Eltern untereinander feste Absprachen treffen können. Sie müssten beweisen, dass sie trotz Scheidung zu einer gleichberechtigten Sorgerechtsausübung in der Lage sind.

Ein sehr konfliktbelastetes Elternverhältnis spreche zum Beispiel eher gegen die Anordnung eines hälftigen Umgangsrechts.

Gerade mit zunehmendem Alter müsse aber auch der geäußerte Wille des betroffenen Kindes in die Entscheidung mit einfließen. 

Dies hatten die Richter in der Vorinstanz allerdings unterlassen, da sie von einer generellen Unmöglichkeit eines auf ein Wechselmodell gerichteten Umgangsrechts ausgingen. Diese Anhörung muss nun vom Oberlandesgericht nachgeholt werden. 

Entscheidung im Einklang mit bisherigen Urteilen 

Bereits in der jüngsten Vergangenheit zeigte die Rechtsprechung der Familiengerichte deutlich, dass ein paritätisches Wechselmodell nach einer Scheidung gesetzlich vorgesehen und durchaus mit dem Kindeswohl in Einklang gebracht werden kann.

Auch im August 2016 hatte beispielsweise das Oberlandesgericht in München in einem Beschluss festgestellt, dass es sich bei dem Wechselmodell um eine Anordnung handelt, die ihre Rechtsgrundlage im Sorgerecht hat und auch gegen den Willen der Eltern zum Wohle des Kindes angeordnet werden kann. 

Vor dem Hintergrund der uneinheitlichen Entscheidungen verschiedener Gerichte, dürfte der BGH mit seiner Entscheidung Klarheit in dieser Frage geschaffen haben. 

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