Eingeschränktes Kündigungsrecht bei Prämiensparverträgen–BGH-Urteil vom 14. Mai 2019 – XI ZR 345/18

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Der XI. Zivilsenat des BGH hat entschieden, dass ein Kreditinstitut einen Prämiensparvertrag nicht vor Erreichen der höchsten Prämienstufe kündigen kann.

1. Problemstellung

Insbesondere die älteren Bausparverträge sehen hohe Verzinsungen zugunsten der Bausparer vor. Aufgrund des langanhaltenden Niedrig- und Negativzinsumfeldes werden diese Sparverträge reihenweise gekündigt. Mit der vorstehenden BGH-Entscheidung werden die Rahmenbedingungen für Kündigungen der Sparverträge „S-Prämiensparen flexibel“ geklärt.

2. Sachverhalt

Der vom BGH entschiedene Fall betraf sog. Prämiensparverträge, wonach nach Vollendung des dritten Sparjahres eine jährliche Prämie gemäß einer vereinbarten Prämienstaffel auf die in dem jeweiligen abgelaufenen Sparjahr geleisteten Sparbeiträge vorgesehen war. Diese Prämie erhöhte sich in Höhe von 50 % der jährlichen Sparbeiträge. Die Sparkasse kündigte den über 20 Jahre alten Prämiensparvertrag mit einer dreimonatigen Frist sowie die beiden übrigen Prämiensparverträge jeweils mit Ablauf des 15. Sparjahres. Die Sparer begehrten mit ihrer Klage die Feststellung, dass die Kündigungen ihrer Prämiensparverträge unwirksam sind.

3. Inhalt der Entscheidung

Der BGH beschäftigte sich mit folgenden Fragen:

  • Bestehen eines fristlosen Kündigungsrecht gemäß Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkasse,
  • Rechtswirkungen von Werbeflyern, die bei Vertragsschluss Sparern vorgelegt wurden.

4. Lösung des Falles

  • Bestehen eines fristlosen Kündigungsrecht gemäß Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkasse:

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revision der Sparer zurückgewiesen und entschieden, dass die beklagte Sparkasse die Sparverträge nach Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen nach Erreichen der höchsten Prämienstufe, d. h. hier jeweils erst nach Ablauf des 15. Sparjahres kündigen durfte. Der vereinbarte „Bonusanreiz“ beinhaltet einen konkludenten Ausschluss des Kündigungsrechts aus Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen bis zum Ablauf des – hier – 15. Sparjahres, weil andernfalls die Sparkasse den Sparern jederzeit den Anspruch auf Gewährung der Sparprämien entziehen könnte. Darin liegt ein konkludenter und zeitlich befristeter Ausschluss des Kündigungsrechts.

  • Auslegung der Kündigungsregelungen:

Nach Ablauf des 15. Sparjahres kann jedoch bei diesen Verträgen gekündigt werden. Ab diesem Zeitpunkt waren die Sparverträge zwar nicht beendet. Nach dem Vertragsinhalt stand der Sparkasse ab da jedoch ein Recht zur ordentlichen Kündigung nach Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen zu.

  • Werbeflyer nicht bindend:

Die in dem Werbeprospekt enthaltene Musterrechnung, die auf einen Zeitraum von 25 Jahren bezogen ist, stellt lediglich ein Rechenbeispiel dar, mit dem keine verbindliche Aussage zur tatsächlichen Laufzeit des Vertrages verbunden ist. Diese ergibt sich vielmehr aus den Vertragsantragsformularen, in denen die Sparkasse ein Erreichen der höchsten Prämienstufe mit dem 15. Sparjahr zugesagt hat. Bei den weitergehenden Aussagen handelt es sich nach Darstellungsart, Inhalt und Formulierung lediglich um eine werbende Anpreisung der Leistung, der ein durchschnittlicher Sparer eine Änderung oder gar – hier in Bezug auf die Laufzeit – Erweiterung der wechselseitigen Ansprüche und der aus dem Sparvertrag folgenden Rechte, Pflichten und Obliegenheiten nicht entnehmen kann.

Fazit:

  1. Für die Rechtmäßigkeit der Kündigung kommt es auf den Zeitpunkt der Kündigung an.
  2. Beim sog. Prämiensparen ist eine Kündigung frühestens ab Eintritt der höchsten Stufe möglich.
  3. Zu „Anbahnungszwecken“ vorgelegte weitere Unterlagen – wie Flyer etc. – können sich auf den Zeitpunkt der Kündigung auswirken, sofern ein definierter Rechtsbindungswille erkennbar ist.
  4. Die Übertragbarkeit auf andere Sparverträge ist durch einen Anwalt zu prüfen.

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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