Einkommenspfändung bei Grenzgängern

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Pfändbarkeit des im Ausland verdienten Arbeitseinkommens

BGB § 850e Nr. 2, 2a; InsO § 335; EuInsVO Art 4 Abs. 2b a. F. 

Das Recht des Eröffnungsstaats bestimmt auch für Arbeitseinkommen und Renten den Umfang der Pfändbarkeit von Vermögenswerten.

Bundesgerichtshof Urteil vom 20.7.2017 – IX ZB 63/16 – NZI 2017, 816

Sachverhalt

Der Schuldner bezog zwei Renten, eine aus der Schweiz und eine aus Deutschland. Im Rahmen eines in Deutschland eröffneten Insolvenzverfahrens über sein Vermögen beantragte der Verwalter erfolgreich die Zusammenrechnung beider Einkommen. Beschwerde und Rechtsbeschwerde des Schuldners dagegen blieben erfolglos.

Rechtliche Würdigung

Der BGH bestätigt die Zusammenrechenbarkeit, wenn und soweit die laufenden Geldleistungen nach deutschem Vollstreckungsrecht pfändbar sind, vgl. §§ 850e Nr. 2 Nr. 2a ZPO. Denn auf das Insolvenzverfahren ist das Recht des Eröffnungsstaats anwendbar, § 335 InsO, Art 7 EuInsVO n. F. 

Obwohl sich aus der EuInsVO zu vielen Beispielen Interpretationshilfen entnehmen lassen, schweigt sie zum Pfändungsschutz, was in der Vergangenheit zu einer sehr uneinheitlichen Auslegung in Rechtsprechung und Literatur geführt hat.

Nach den Ausführungen des BGH könnte eine Einzelanknüpfung des Pfändungsschutzes nach dem Recht der Einzelzwangsvollstreckung im Rahmen des Insolvenzverfahrens zu Lücken führen. Dies nicht nur auf Seiten des Schuldnerschutzes, sondern auch auf denen des Gläubigerschutzes. 

Letztlich bestimmt das deutsche Insolvenzstatut den Umfang und die Grenzen der Insolvenzmasse. So folgert der BGH daraus, dass nur die Anwendung dieses Insolvenzstatuts auf den Pfändungsschutz gleichzeitig einen stimmigen Schuldnerschutz garantiert und ferner den Gläubigern einen Zugriff auf den nicht geschützten Teil des Schuldnervermögens ermöglicht.

Praxishinweis

Gerade in Bundesländern mit Auslandsberührung, in welchen es zahlreiche sog. „Grenzgängerfälle“ gibt, eine erfreuliche Entscheidung, die Rechtssicherheit schafft. Den bedenklich unterschiedlichen Meinungsstand innerhalb der deutschen Instanz-Rechtsprechung hat das Gericht in seinem Urteil ausführlich dargestellt. 

Nun gilt, dass der in Deutschland wohnhafte Insolvenzschuldner den Schutz der inländischen Pfändungsschutzvorschriften genießt, die den hiesigen Verhältnissen Rechnung tragen. Jene hingegen, die während des Verfahrens wegen eines Jobangebots ins Ausland verziehen und dort höhere Lebenshaltungskosten haben (wie zum Beispiel in der Schweiz) als in Deutschland, werden mit den deutschen Pfändungsfreigrenzen kaum ihr Auskommen haben. 

Da das Gericht bislang davon ausging, dass in der Zwangsvollstreckung das Territorialitätsprinzip gelte, weil auf die jeweilige Zwangsgewalt des Staates rekurriert werden muss, könnte das Gericht sich künftig wiederum mit diesem Thema befassen müssen.

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