EncroChat und (K)CanG

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Einleitung

In einer jüngsten Entscheidung des Landgerichts Mannheim wurde ein Fall verhandelt, der zeigt, wie tiefgreifende gesetzliche Änderungen direkte Auswirkungen auf laufende Strafverfahren haben können. Die Kernfrage drehte sich um die Verwertbarkeit von Beweismitteln, die durch verschlüsselte Nachrichten auf der Plattform EncroChat gewonnen wurden, und wie diese durch das neu in Kraft getretene Cannabisgesetz beeinflusst wurden.

Hintergrund des Falles

Ein 36-jähriger Mann wurde beschuldigt, etwa 450 Kilogramm Marihuana aus Spanien über Frankreich nach Deutschland geschmuggelt zu haben. Die Ermittlungen gegen den Mann begannen nach der Auswertung von verschlüsselten Chat-Nachrichten auf EncroChat, einer Plattform, die häufig von Kriminellen genutzt wird. Die Beweise schienen erdrückend, doch die rechtlichen Rahmenbedingungen änderten sich entscheidend während des Verfahrens.

Die Rolle des neuen Cannabisgesetzes (CanG)

Das kürzlich verabschiedete Cannabisgesetz (CanG) hat Cannabis aus der Liste der verbotenen Betäubungsmittel entfernt. Dies hatte unmittelbare Auswirkungen auf den vorliegenden Fall, da die Handlungen des Angeklagten unter das neue Gesetz fielen, welches zum Zeitpunkt der angeblichen Straftaten noch nicht in Kraft war. In der Hauptverhandlung stellte das Landgericht fest, dass die durch EncroChat gewonnenen Beweise nicht mehr nach den bisherigen strengen Vorgaben des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) verwertet werden konnten.

Die Entscheidung des LG Mannheim

Die 5. Große Strafkammer des Landgerichts hat den Angeklagten von den Vorwürfen freigesprochen und folgende Begründungen angeführt:

  • Verwertbarkeit der EncroChat-Daten: Aufgrund des seit 1. April 2024 gültigen Cannabisgesetzes und der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht keine ausreichende Grundlage mehr für die Verwertbarkeit der Erkenntnisse aus der sichergestellten Kommunikation. Das Gericht betonte, dass die Änderungen im § 100b StPO und die Neuregelungen im KCanG eine fundamentale Verschiebung in der Beurteilung der Strafbarkeit bzgl. Cannabisprodukten bewirkt haben.

  • Qualität der Beweise: Eine in der Hauptverhandlung zunächst abgegebene, dann jedoch widerrufene geständige Einlassung des Angeklagten wurde vom Gericht als nicht ausreichend qualifiziert angesehen und bot somit keine ausreichende Verurteilungsgrundlage.

  • Fehlen weiterer verwertbarer Beweise: Ohne die EncroChat-Daten und das fehlende Geständnis sah das Gericht keine weiteren verwertbaren Beweismittel, die eine Verurteilung rechtfertigen würden.

Die Kammer wies darauf hin, dass gemäß § 100e Abs. 6 Nr. 1 StPO und den spezifischen Anforderungen des § 100b Abs. 2 Nr. 5a StPO, die nur in bestimmten schweren Fällen eine Anwendung finden, keine Verwertbarkeit der Daten vorlag, da die spezifischen Voraussetzungen im Falle des Angeklagten nicht zutrafen.

Angeklagt oder verurteilt gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG: Empfohlene Maßnahmen

Personen, die gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) angeklagt oder verurteilt sind und sich während eines Revisionsverfahrens in Untersuchungshaft befinden, sollten unverzüglich einen Antrag auf Haftprüfung stellen und die Aufhebung des Haftbefehls anstreben. Dies könnte zu ihrer Entlassung aus der Untersuchungshaft führen.

Für Angeklagte im laufenden Verfahren empfiehlt sich die Beauftragung eines Strafverteidigers, um eine umfassende Darlegung der Sach- und Rechtslage sicherzustellen und die bestmöglichen Verteidigungsstrategien zu nutzen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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