Entschädigung bei Annullierung des letzten Teilflugs?

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Wichtige Entscheidung des EuGH zur Annullierung eines Anschlussfluges!

Anmerkung zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) – Beschluss vom 20.2.2020 C-606/19

Wie in unserem Beitrag „Ansprüche des Reisenden bei Reisemängeln und Flugverspätung“ nachzulesen, hat ein Fluggast bei Nichtbeförderung, Verspätung oder Annullierung nach Art. 7 der Fluggast-VO einen Ausgleichsanspruch, sofern die Voraussetzungen vorliegen.

Bei einem Flug muss generell unterschieden werden zwischen einem Non-Stop-Flug, einem Direktflug oder einem sog. mehrteiligen Flug.

Bei einem sog. mehrteiligen Flug war nicht eindeutig, wo und gegen wen Ansprüche bei einer Annullierung des letzten Fluges, der Teil eines mehrteiligen Fluges war, geltend gemacht werden können.

Der Beschluss des Europäischen Gerichtshofs hat dies nun klargestellt und Folgendes entschieden:

Die Fluggastverordnung (Fluggast-VO) ist bzgl. der gerichtlichen Zuständigkeit für derartige Ansprüche auszulegen. Bei Flügen, für die eine bestätigte einheitliche Buchung vorliegt und die in mehreren Teilflügen von zwei verschiedenen Luftfahrtunternehmen ausgeführt werden, können Klagen auf Ausgleichszahlungen wegen Annullierung des letzten Teilflugs bei den Gerichten des Abflugorts des ersten Teilflugs erhoben werden, selbst wenn sie sich gegen das mit dem letzten Teilflug beauftragte Luftfahrtunternehmen richten.

Folgender Fall liegt der Entscheidung zu Grunde:

Zwei Fluggäste hatten einen Flug mit Anschlussflügen gebucht, für den eine bestätigte einheitliche Buchung vorliegt.

Der gebuchte Flug umfasste drei Teilflüge: Der erste (Teil-) Flug erfolgte von Hamburg nach London und wurde von der Fluggesellschaft British Airways durchgeführt. Die beiden weiteren Flüge, der eine von London nach Madrid und der andere von Madrid nach San Sebastian, wurden von dem spanischen Luftfahrtunternehmen Iberia durchgeführt.

Der dritte Teilflug wurde annulliert, ohne dass die Fluggäste rechtzeitig informiert worden sind. Unklar war, ob vor dem Amtsgericht Hamburg die Entschädigung wegen der Annullierung des letzten Teilfluges gegen die spanische Fluggesellschaft Iberia eingeklagt werden konnte.

Der auf der Grundlage der Fluggastverordnung verlangte Betrag beläuft sich auf 250 Euro pro Fluggast, da die Entfernung zwischen Hamburg und San Sebastian etwa 1433 km beträgt.

Das Amtsgericht Hamburg zweifelte an seiner Zuständigkeit für die Entscheidung über den Rechtsstreit, da der Abflug- und der Ankunftsort dieses dritten Teilflugs, nämlich Madrid bzw. San Sebastian, jeweils außerhalb seiner Zuständigkeit liegt.

Diese Frage erfordert die Auslegung der Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit.

Das Amtsgericht Hamburg hat auf die Entscheidung des EuGH vom 11. Juli 2019 verwiesen.

Der EuGH hatte entschieden, dass im Rahmen eines Flugs mit Anschlussflügen, welche Gegenstand einer einzigen Buchung waren, dasjenige Luftfahrtunternehmen, das den ersten Teilflug durchgeführt hat und dessen Abflugort im Zuständigkeitsbereich des angerufenen Gerichts lag, im Rahmen einer Klage auf Ausgleichszahlungen nach Art. 7 der Fluggast-VO für die Gesamtheit der Teilflüge passivlegitimiert, d. h. zuständig ist.

Es stellte sich nun die Frage, ob das Amtsgericht Hamburg auch für die Klage zuständig ist, welche gegen diejenige Fluggesellschaft erhoben wurde, die mit dem letzten Teilflug eines solchen Flugs beauftragt war, nämlich die Iberia.

Wie eingangs erwähnt, hat der EuGH entschieden, dass das AG Hamburg zuständig ist.

Wie wurde die Entscheidung begründet?

Der EuGH ist der Auffassung, dass bei einem Vertrag über einen Flug, welcher zwar aus mehreren Teilflügen besteht, jedoch auf einer einzigen Buchung basiert, die Fluggesellschaft verpflichtet ist, den Fluggast von A nach D zu befördern.

Auch wenn der Flug aus mehreren Teilflügen besteht, jedoch durch eine Buchung gekennzeichnet ist, kann der Abflugort des ersten Fluges als ein möglicher Erfüllungsort angesehen werden, der im Sinne der Fluggastrechteverordnung den Ort der gerichtlichen Zuständigkeit begründet.

Der Gerichtshof hat festgestellt, dass das Kriterium des Abflugorts des ersten Teilflugs sowohl dem Erfordernis der Nähe zwischen dem Beförderungsvertrag im Luftverkehr und dem zuständigen Gericht als auch dem Grundsatz der Vorhersehbarkeit genügt, die in der Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit festgelegt sind. Dadurch kann sowohl der Kläger als auch der Beklagte das Gericht an dem im Beförderungsvertrag festgelegten Abflugort des ersten Teilflugs als Gericht ausmachen, bei dem eine Klage erhoben werden kann.

Das bedeutet für den Fluggast, den Reisenden, dass er das mit dem letzten Teilflug beauftragte Luftfahrtunternehmen (Iberia) bei dem Gericht verklagen kann, in dessen Zuständigkeitsbereich (Hamburg) der Abflugort des ersten Teilflugs liegt, d. h. dass im geschilderten Fall die spanische Fluggesellschaft Iberia, als zuständiges Luftfahrtunternehmen für den letzten Teilflug in Hamburg verklagt werden kann.

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