Erbschaftssteuer bei Kryptowährung im digitalen Nachlass

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I. Steuerbarkeit

Um es vorweg zu nehmen: Kryptowährungen bzw. die sich auf die zugrundeliegenden Datenmengen beziehende Nutzungsverhältnisse unterliegen grundsätzlich dem Erbrecht. 

II. Steuerlicher Anknüpfungspunkt

Beachten Sie jedoch: Kryptowährungen sind keine Sachen im rechtlichen Sinne, aber auch keine formellen Rechtspositionen wie Forderungen. Das Datenvolumen, welches das Kryptoguthaben bildet, hat keinen eigenen Vermögenswert. Wem die jeweilige Kryptowährung „gehört“, hängt von der Verfügungsgewalt ab, die über den sog. „Private-Key“ (den kryptographischen Schlüssel) vermittelt wird. Wer also über diesen Schlüssel verfügt, kann dementsprechend Transaktion über das im Wege des Blockchain-Eintrags zugeordnete Kryptoguthaben durchführen und somit dieses wirtschaftlich auch nutzen.

Es liegt ein erbschaftsteuerpflichtiger Erwerb im Sinne des Erbschaftsteuergesetzes vor, da der Erwerber durch den Übergang der Verfügungsgewalt, die über den sog. „Private-Key“ (den kryptographischen Schlüssel) vermittelt wird, bereichert ist.

III. Steuerliche Qualifikation 

Virtuelle Währungen, sogenannte „Kryptowährungen” wie beispielsweise Bitcoins, sind für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer als Finanzinstrumente zu qualifizieren.

IV. Steuerliche Bewertung

Die Bewertung virtueller Währungen richtet sich grundsätzlich nach demgemeinen Wertgem. § 9 BewG.

Bei dem gemeinen Wert handelt es sich um den im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für ein Wirtschaftsgut nach seiner Beschaffenheit unter Berücksichtigung aller den Preis beeinflussenden Faktoren erzielbaren Verkaufspreis ohne Berücksichtigung ungewöhnlicher oder persönlicher Verhältnisse, im Endeffekt also der Verkehrswert.

Maßgeblich für die Wertermittlung ist in jedem Fall der Todestag des Erblassers als Zeitpunkt der Entstehung der Steuer, bzw. bei Schenkungen unter Lebenden mit dem Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung.

Das heißt, spätere Kursverluste bleiben grundsätzlich außer Betracht. Eine von diesen Grundsätzen abweichende Bewertung kann lediglich im Einzelfall aufgrund von Billigkeit durch Beantragung bei der Finanzbehörde erreicht werden. 

Bei virtuellen Währungen, die im Betriebsvermögen gehalten werden, hat dies erhebliche Auswirkungen, da Finanzmittel nur bis zu 15 % dem begünstigten Vermögen zuzuordnen ist. Diese gilt jedoch nur, wenn der Betrieb nach seinem Hauptzweck einer Tätigkeit aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder einer freiberuflichen Tätigkeit dient. 

V. Faktische erbschaftsteuerliche Probleme bei Kryptowährungen im Digitalen Nachlass 

1. Starke Kursschwankungen

Aufgrund der starken Kursschwankungen können Kryptowährungen zu einer echten Steuerfalle im Rahmen der Vermögensnachfolgeplanung werden. Im schlimmsten Falle wird das gesamte Vermögen aufgezerrt. Bei nachteiligen Wertentwicklungsverläufen kann es vorkommen, dass der Wert, der in der Kryptowährung verkörpert ist, die Steuerlast nicht abdeckt. In diesem Fall müsste zur Erfüllung der Steuerschuld der Bestand des analogen Nachlasses (z.B. Grundstücke, Wertgegenstände) „versilbert“ werden.

2. Anzeigepflicht

Gem. § 30 Abs. 1 ErbStG ist jeder der Erbschaftssteuer unterliegende Erwerb vom Erwerber binnen einer Frist von drei Monaten nach erlangter Kenntnis von dem Anfall der Erbschaft dem für die Verwaltung der Erbschaftsteuer zuständigen Finanzamt anzuzeigen. Es bleibt aber fraglich, ob der Erbe innerhalb dieser Frist tatsächlich in der Lage ist, nähere Angaben, so wie sie für eine Anzeige nach § 30 Abs. 1 ErbStG erforderlich sind, zu machen. Die Recherche bzgl. des Digitalen Nachlasses im Falle eines ungeregelten Nachlasses ist häufig derart schwierig und zeitaufwendig, dass diese Frist im Normalfall nicht ausreichend ist, um die Anzeigeverpflichtung erfüllen zu können.

3. Fälligkeit

Die Erbschaftsteuer entsteht mit dem Tod des Erblassers oder bei Schenkungen mit dem Zeitpunkt der Ausführung der Schenkung.

Fällig ist die Erbschaft- und Schenkungsteuer frühestens mit Bekanntgabe des die Steuer festsetzenden Steuerbescheids. Das kann insofern Probleme bereiten, als die Umwandlung von Kryptowährungen in Barmittel jedoch erhebliche Transaktionszeit in Anspruch nehmen kann (und wird) und außerdem für die Transaktion nicht unerhebliche Gebühren der Kryptobörsen anfallen. Ein weiteres Problem ist die Frage, ob dann die entsprechende Kryptonbörse überhaupt die ausreichende Liquidität aufweist, um die gewünschte Transaktion durchführen zu können. 

4. Faktische wirtschaftliche Nutzbarkeit des Kryptoguthabens

Wem die jeweilige Kryptowährung „gehört“, hängt von der Verfügungsgewalt ab, die über den sog. „Private-Key“ (den kryptographischen Schlüssel) vermittelt wird. Wer also über diesen Schlüssel verfügt, kann dementsprechend Transaktion über das im Wege des Blockchain-Eintrags zugeordnete Kryptoguthaben durchführen und somit dieses wirtschaftlich auch nutzen. 

Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass ein Erbe das Kryptoguthaben nicht erlangen kann, wenn ihm nicht auch der „Private-Key“ zufällt. Ohne diesen Schlüssel ist also der Nachlasswert für den Erben wirtschaftlich nicht nutzbar, da er nicht darauf zugreifen kann.

Inwieweit dieses (in der Lebenswirklichkeit nicht selten vorzufindende Problem) jedoch durch die Finanzbehörden Berücksichtigung findet, ist unklar.

Denn Voraussetzung hierfür wäre, dass der Erbe den negativen Nachweis darüber erbringt, dass er über den notwenigen „Private Key“ gerade nicht verfügt. Wie das gelingen soll, ist fraglich.

Daher wird darüber diskutiert, ob für diesen Fall der Rechtsgedanke aus § 12 Abs. 2 BewG herangezogen werden könne. Denn dann blieben uneinbringliche Kapitalforderungen bei der Bewertung des zu versteuernden Vermögens außer Ansatz. Wie bei einer verjährten Forderung ist in diesem Fall nämlich der Vermögenswert noch vorhanden, aber für den Erben nicht realisierbar. 

Ob der Erbe die Finanzbehörde hiervon jedoch überzeugen kann, erscheint fraglich. 

Wenn sie zu diesem Themenkomplex Fragen haben, sprechen Sie mich gerne an.


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