Ermittlungen in einem Umfangsverfahren gegen Sie. Was nun?

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Die Menge der Umfangsverfahren steigt offensichtlich massiv an, daher sollen hier einige Ausführungen zur Problematik Umfangsverfahren dargestellt werden.

Bereits die Definition des Umfangsverfahrens ist nicht genau gefasst.

Häufig spricht man von Verfahren mit einer Vielzahl von Angeklagten und Verteidigern, eines Aktenumfangs von mehreren Tausend Seiten und in der Regel deutlich mehr als zehn Hauptverhandlungstagen.

Diese Verfahren stellen an alle Beteiligten besondere Anforderungen, da die Einarbeitung und die Hauptverhandlung einen erheblichen zeitlichen Umfang einnimmt.

Ich habe bereits in einer Vielzahl von Umfangsverfahren verteidigt und konnte stets durch eine sehr gute Kenntnis des Verfahrensstoffs punkten. Ich habe an mich selbst den Anspruch die beste Aktenkenntnis aller Verfahrensbeteiligten zu haben. Häufig ergeben sich Querverbindungen innerhalb von umfangreichen Aktenteilen. Gute Aktenkenntnis halte ich in einem Umfangsverfahren für absolut zwingend, um einen Mandanten umfangreich und inhaltlich richtig beraten zu können.

Meist haben Sie in umfangreichen Verfahren die Möglichkeit einen zweiten notwendigen Verteidiger (Pflichtverteidiger) hinzuzuziehen, da das Aktenmaterial für einen einzelnen Verteidiger nicht zu bewältigen ist bzw. die Anzahl der Hauptverhandlungstage und hierdurch die Gefahr des Ausfalls des Verteidigers (z. B. Erkrankung) bestehen. 

In diesen Fällen ist es an dem Vorsitzenden „zur Sicherung des Verfahrens“ einen zweiten Verteidiger zu bestellen. Wichtig ist hierbei, dass der Beschuldigte auch hier ein Auswahlrecht hinsichtlich des Verteidigers hat. Lassen Sie sich nicht einfach einen Gerichtsverteidiger beiordnen. Reagieren Sie rechtzeitig, da die Fristen zur Benennung in der Regel sehr kurz bemessen sind.

Dabei kommt unter dem Gesichtspunkt des Umfangs und der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Bestellung eines zweiten Verteidigers insbesondere dann in Betracht, wenn der Verfahrensstoff nur durch ein arbeitsteiliges Vorgehen zweier Verteidiger ausreichend beherrscht werden kann (OLG Hamburg NStZ-RR 1997, 203; Strafo 2000, 383; OLG Karlsruhe Beschl. v. 5.5.2009 – 2 Ws 160/09, BeckRS 2009, 45702, beck-online). 

Meist wird man bei einer Hauptverhandlungsdauer von deutlich über zehn Hauptverhandlungstagen einen zweiten notwendigen Verteidiger benötigen. Eine einheitliche Rechtsprechung gibt es hierzu nicht, aber drängt sich in sehr umfangreichen Verfahren auf. Ein entsprechender Antrag sollte hierzu fachkundig gestellt werden.

Der Gesetzgeber hat mit dem neuen § 144 Abs. 1 StPO reagiert:

„In den Fällen der notwendigen Verteidigung können dem Beschuldigten zu seinem gewählten oder einem gemäß § 141 StPO bestellten Verteidiger bis zu zwei Pflichtverteidiger zusätzlich bestellt werden, wenn dies zur Sicherung der zügigen Durchführung des Verfahrens, insbesondere wegen dessen Umfang oder Schwierigkeit, erforderlich ist.“ An dieser Stelle sollte ein entsprechender Antrag eine sinnvolle und wirksame Verteidigung ermöglichen.

Häufig ist bereits die Sitzordnung in einem Saal im Rahmen eines Umfangsverfahrens bereits ein Diskussionsthema. Die Verteidigung darf durch die bestehende Sitzordnung nicht in der effektiven Sitzordnung behindert werden. 

Auch führt die Terminierung in solchen Verfahren meist direkt zu einem Streit mit dem Gericht. 

Beachten Sie auch, dass über die Verfahren meist in der Öffentlichkeit umfangreich berichtet wird. Auch hier können erfahrene Verteidiger Ihnen helfen. 

Auch sind Kosten der Verteidigung in Mammutverfahren immer ein Thema. 

Grundsätzlich gilt, dass die verurteilten Angeklagten die Kosten des Verfahrens (Gerichtskosten, Zeugenentschädigungen, Kosten für Sachverständige, Dolmetscherkosten usw.) gesamtschuldnerisch tragen. Diese Kostenregelung wird jedoch über § 466 Abs. 3 StPO sehr interessant unterbrochen. Auch hierzu sollten Sie sich – gerade in einem Umfangsverfahren – beraten lassen.

Umfangsverfahren gehen häufig mit Untersuchungshaft einher. Sollte eine Inhaftierung vorliegen, sind sofortige Maßnahmen der Verteidigung zu treffen. Diese können sehr vielfältig ausfallen und reichen von Anträgen zur Haftprüfung bzw. Haftbeschwerde bis zur Vorbereitung einer Vielzahl von Anträgen im Ermittlungs-, Zwischen- oder Hauptverfahren.

Die meist zuständigen Strafkammern werden mit drei ordentlichen hauptamtlichen Richtern zu besetzten sein. Die gelegentliche „Zweierbesetzung“ des Gerichts kann bereits einen Revisionsgrund darstellen. Dieses ist jedoch geeignet zu rügen. 

Das Gericht wird in solchen Fällen häufig mit Ersatzrichtern und Ersatzschöffen besetzt sein, welche erst im Falle des Ausscheidens eines Richters/ Schöffens in den Spruchkörper (Gericht) eintreten.

Wenden Sie sich im Falle eines Umfangsverfahrens an einen kompetenten Strafverteidiger mit entsprechender Erfahrung. Ich stehe für die aktive Verteidigung in Umfangsverfahren zur Verfügung und berate Sie gern.

Timo Scharrmann 

Rechtsanwalt und Fachanwalt für 

Strafrecht und Verkehrsrecht 


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