Erstattung Stornogebühr bei "verfrühtem" Rücktritt von der Pauschalreise?

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Familie H. schildert uns folgendes Problem:

Wir hatten bei einem Reiseveranstalter Ende 2019 eine Pauschalreise in die Türkei gebucht. Die Reise sollte im Juni 2020 stattfinden. Wegen der Corona-Pandemie verfolgten wir regelmäßig die Veröffentlichungen des Veranstalters auf dessen Homepage. Dort war immer zu lesen, dass Reisen bis zum … abgesagt werden und für Reisen danach die Allgemeinen Bedingungen des Veranstalters gelten. Der Zeitpunkt, bis zu dem Reisen abgesagt wurden, wurde regelmäßig aktualisiert, also verlängert. Anfang Mai fragten wir bei unserem Reisebüro an, ob unsere Reise nun stattfindet oder nicht. Das konnte uns keiner sagen. Da uns die Sache dann zu heiß wurde und wir nicht noch die Restzahlung an den Veranstalter zahlen wollten, stornierten wir schließlich die Reise. Der Veranstalter stellte uns prompt eine Stornorechnung und verrechnete diese mit der Anzahlung. Bleiben wir auf den Stornokosten sitzen oder haben wir eine Chance, den Betrag zurückzuerhalten?

Rechtslage

Nun, die Frage ist bislang nicht vollständig geklärt.

Tritt der Reisende von seiner Reisebuchung bis zum Beginn der Reise zurück, verliert der Reiseveranstalter seinen Anspruch auf den Reisepreis. Er kann jedoch eine angemessene Entschädigung verlangen, die in aller Regel pauschaliert erhoben werden. Nach dem Wortlaut des Gesetzes kann der Veranstalter jedoch keine pauschale Entschädigung verlangen, wenn entweder am Urlaubsort besondere Gefahren bestehen oder der Transport zum, bzw. vom Urlaubsort mit Gefahren für den Reisegast verbunden wären (§ 651h Abs. 3 BGB).

Streitpunkt

Die Juristen streiten sich nun um die Frage, ob im Falle eines Kundenrücktritts die weitere Entwicklung mit berücksichtigt werden muss oder es ausschließlich auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Rücktritts ankommt. Je nach dem, welchem Lager – Veranstalter oder Verbraucher – die Juristen zuzuordnen sind, wird diesbezüglich alles vertreten. Entsprechende, veröffentlichte Gerichtsentscheidungen liegen bislang nicht vor.

Ausblick

Allerdings hat das Amtsgericht München einen Hinweisbeschluss erlassen, der zumindest eine „Gerichtsmeinung“ erkennen lässt. Das Amtsgericht München hat nämlich darauf hingewiesen, dass dann, wenn der Rücktritt 1 Monat vor der geplanten Abreise erfolgt – die Reise dann tatsächlich nicht stattfindet – die Voraussetzungen des § 651h Abs. 3 BGB wohl gegeben sind (AG München v. 2.7.2020, 242 C 6487/20). Sicherlich ist das AG München nicht der Nabel der Welt und andere Gerichte sind kraft der richterlichen Freiheit ohnehin nicht an die Ansichten ihrer Kollegen gebunden. Betroffenen kann man aber – in vergleichbarer Lage - trotzdem nur anraten, die Stornorechnung nicht auf sich sitzen zu lassen.



Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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