EuGH entscheidet zur Hinzurechnungsbesteuerung – Schweiz (Motivtest)

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Das deutsche Außensteuergesetz (AStG) sieht vor, dass bei unbeschränkt Steuerpflichtigen – die an ausländischen Kapitalgesellschaften beteiligt sind – unter Umständen ein Hinzurechnungsbetrag anzusetzen ist.

Die Voraussetzungen sind – vereinfacht dargestellt – dass a) unbeschränkt Steuerpflichtige zu mehr als der Hälfte an der ausländischen Gesellschaft beteiligt sind, b) die Gesellschaft niedrig besteuert wird und c) dass es sich um sogenannte Zwischeneinkünfte handelt. Sind diese Voraussetzungen gegeben, reicht schon eine Beteiligung von 1% an dieser Gesellschaft, um hiermit unter die Hinzurechnungsbesteuerung zu fallen.

Was Zwischeneinkünfte sind (auch passive Einkünfte genannt), ist im § 8 AStG aufgeführt. Hierunter fallen beispielsweise Dienstleistungen, wenn sich die Gesellschaft dazu ihrer – in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtigen – Gesellschafter bedient.

Ein praktischer Anwendungsfall wäre etwa ein Berater mit Wohnsitz in Deutschland, der 100 % der Anteile einer schweizerische GmbH besitzt und mittels dieser GmbH seine Beratungsleistungen in der Schweiz anbietet. Die Voraussetzungen der Hinzurechnungsbesteuerung sind hier erfüllt, da die Anteile an der GmbH zu mehr als der Hälfte unbeschränkt steuerpflichtigen Personen gehören, die GmbH niedrig besteuert wird (Ertragssteuerbelastung < 25 %) und die Gesellschaft sich für die Erbringung ihrer Leistungen Gesellschafters bedient, der durch seinen deutschen Wohnsitz unbeschränkt steuerpflichtig ist. Die Gewinne der GmbH können demnach – abzüglich ausländischer Steuern - direkt dem Gesellschafter zugerechnet werden.

Innerhalb der EU/EWR-Staaten wurde diese Hinzurechungsbesteuerung als nicht vereinbar mit dem Unionsrecht angesehen, da die Gesellschafter nicht die Möglichkeit des Beweises hatten, dass es sich bei der Einschaltung der ausländischen Gesellschaft um eine aktive Gesellschaft handelt und diese nicht für die Steuerumgehung eingesetzt wird. Der Gesetzgeber hat daher in § 8 Abs. 2 AStG einen sogenannten Motivtest zugelassen. Demnach wird dem Gesellschafter die Möglichkeit des Nachweises eingeräumt, dass die Gesellschaft in dem EU/EWR-Staat einer tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit nachgeht. Gelingt dies, gilt die Gesellschaft nicht als Zwischengesellschaft. Weitere Voraussetzung ist allerdings, dass der ausländische Staat sich verpflichtet hat, für die Besteuerung erforderlichen Auskünfte zu erteilen.

Der Gesetzgeber hat diese Möglichkeit allerdings nicht vorgesehen, wenn die Gesellschaft ihren Sitz im sogenannten Drittland (also außerhalb der EU/EWR) hat. Hierzu hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) allerdings am 26.02.2019 eine beachtliche Entscheidung getroffen (Aktenzeichen: C-135/17). Die bisherige Argumentation Deutschlands, dass sich Steuerpflichtige aufgrund einer sogenannten stand still-Klausel im Unionsrecht (Art. 64 Abs. 1 AEUV) in Drittstaatenfällen gar nicht auf die Kapitalverkehrsfreiheit berufen können, wurde dort verworfen. Zum anderen wurde dort festhalten, dass die Regelungen Deutschlands unverhältnismäßig sind, wenn sie den betroffenen Steuerpflichten nicht die Möglichkeit einräumen, die Vermutung einer künstlichen Gestaltung zu widerlegen.

Jedoch steht dies unter dem Vorbehalt, dass Auskünfte von den zuständigen Behörden des Drittstaats eingeholt werden können, wozu es einer vertraglichen Verpflichtung des Drittstaats bedarf. Eine solche vertragliche Verpflichtung sieht der Bundesfinanzhof (BFH; Urteil vom 22.5.2019, I R 11/19) in der Folgeentscheidung zu dem vorgenannten EuGH-Urteil in Art. 27 Doppelbesteuerungsabkommens, welcher ab dem 01.01.2011 in Kraft getreten ist. Nach dieser sogenannten Großen Auskunftsklausel tauschen die zuständigen Behörden (Deutschland-Schweiz) die Informationen aus, die zur Durchführung des Doppelbesteuerungsabkommens oder zur Anwendung oder Durchsetzung des innerstaatlichen Rechts betreffend Steuern jeder Art und Bezeichnung voraussichtlich erheblich sind.

Demnach muss Deutschland nun auch im für schweizerische Kapitalgesellschaften den Nachweis ermöglichen, dass diese einer aktiven wirtschaftlichen Tätigkeit in der Schweiz nachgehen und somit nicht nur eingeschaltet wurden, um eine Steuerumgehung zu ermöglichen.

Die Finanzverwaltung hat dies nun auch akzeptiert (BMF-Schreiben vom 17.03.2021, IV B 5 - S 1351/19/10002 :001). In dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen sind die Details hierzu festgelegt, insbesondere für den Nachweis der Teilnahme am Marktgeschehen in der Schweiz, die "aktiv, ständig und nachhaltig" sein muss. Die Ausübung der Geschäftstätigkeit muss demnach einen relevanten Umfang erfordern und erreichen. Zudem soll der Steuerpflichtige "triftige wirtschaftliche, d. h. außersteuerliche, Gründe für die Beteiligung an der ausländischen Gesellschaft" darlegen und nachweisen, also darf der Hauptzwecke der Beteiligung nicht lediglich die Erlangung eines steuerlichen Vorteils sein.

Diese Zusammenstellung stellt keine Empfehlung oder Beratung dar und kann eine auf den Einzelfall zugeschnittene juristische Beratung und Beurteilung der Rechtslage nicht ersetzen. Zu besseren Verständlichkeit wurde auf eine genaue und vollständige Darstellung verzichtet. Lassen Sie sich daher beraten, bevor Sie eine Entscheidung treffen.


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