EuGH Urteil : Thermofenster ist unzulässig - C-693/18

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Am 17. Dezember hat der EuGH im Verfahren C-693/18 über die Zulässigkeit von Abschaltvorrichtungen entschieden. Im Verfahren zur Zulässigkeit von Abschaltvorrichtungen ging es auch um das Thermische Fenster. Dies  eine von mehrereren Abschaltvorrichtungen. VW und Mercedes bestreiten die Nutzung des Thermofensters nicht, hielten es aber bislang  für zulässig. Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass das Abschaltvorrichtungen wie das Thermofenster unzulässig sind und im Sinne von § 826 BGB nach europäischem und nationalem Recht eine vorsätzliche und sittenwidrige Schädigung sind, die einen Schadenersatzanspruch auslösen.

Im nun verbraucherfreundlich entschiedenen Verfahren C-693/18 ging  es auch um die Zulässigkeit von Abschaltvorrichtungen, die nur in einem bestimmten Temperaturfenster die Emissionsbearbeitung von Dieselmotoren zulassen. Hersteller wie Daimler und Volkswagen nutzen eine entsprechende EU-Verordnung zum Schutz von Bauteilen des Emissionssystems vor Überhitzung. Verbraucherschützer sehen darin eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung nach § 826 BGB. Kläger-Anwälte wie Andreas Schwering sind der Meinung: "Wenn Bauteile geschützt werden müssen, dann sollten Motorenentwickler in der Lage sein, diesen Schutz allein durch technische Maßnahmen zu gewährleisten und nicht durch beliebige Auslegung von Bestimmungen so wie es ihnen gefällt!"

Generalanwältin gab Richtung vor

EU-Generalanwältin Eleanor Sharpston hatte in Ihrem Abschluss-Antrag vor dem Europäischen Gerichtshof eindeutig festgestellt: Die beklagte Volkswagen AG hat europäisches Recht gebrochen!  Auch wenn es im streitgegenständlichen Fahrzeug mit EA189 Motor nicht konkret um das Thermische Fenster geht, hat die Generalanwältin die Richtung vorgegeben und dargestellt, dass temperaturabhängige Abschaltvorrichtungen nicht den relevanten EU-Normen entsprechen. Das Thermische Fenster ist fester Bestandteil der EA189-Updates, die seit 2016 auf alle 3- und 4-Zylinder der Volkswagen-Familie in der Schadstoffklasse 5 aufgespielt werden.

"Thermisches Fenster ist unzulässig!"

Laut Eleanor Sharpston handelt es sich beim  "Thermischen Fenster" um eine unzulässige Abschaltvorrichtung. Ein Urteil hätte direkte Auswirkungen auf aktuelle Klage zum EA288. Diese Motoren werden seit 2008 in den Massemodellen vom Golf bis zum Bulli verwendet. Aber auch Mercedes, Fiat-Chrysler, BMW und Opel arbeiten mit dem Thermofenster und es ist letzten Endes auch zu vermuten, dass sich Hersteller wie Volvo oder Ford auch in dieser juristischen Trickkiste bedient haben, und dass auch Japaner und Koreaner das Thermofenster nutzen. Das nun verkündete Urteil entspricht dem Antrag.

Für alle Hersteller gilt bei europäischen Zulassungsgenehmigungen: Die Abgasreinigung darf erst dann abgeschaltet werden, wenn ein Ausfall von Bauteilen unmittelbar bevorsteht und ausschließlich durch extrem hohe oder extrem niedrige Temperaturen heraufbeschworen wird, die im Alltag in aller Regel nicht vorkommen. Wenn Temperaturen unter 17 und über 33 Grad die Lebensdauer eines Motors beeinflussen, dann muss halt anders konstruiert werden - so der Tenor des Antrages der Generalanwältin

Der EuGH ist  dem sehr substantiiert vorgetragenen Antrag der Generalanwältin gefolgt und hat damit festgelegt, dass europäische Autohersteller die EG-Verordnung 715/2007 zu den Abgasnorm Euro 5 und Euro 6 nur im vom Gesetzgeber durch die Norm vorgebenen Rahmen für sich nutzen dürfen.

Was bedeutet das Urteil konkret?

Das verbraucherfreundliches Urteil bedeutet, dass VW beim EA189 Updates aufgespielt hat, die nicht zulässig waren, bzw. noch immer nicht sind. Eigentlich müssten dann alle EA89 zurück in die Werkstatt, da die Updates die betroffenen Motoren mit Hilfe des Thermischen Fensters dazu bringen, Grenzwerte einzuhalten. Weitere Auswirkungen müssen herausgearbeitet werden.

EuGH setzt juristische Standards

Auch Behörden wie das KBA werden ihre Entscheidungen diesem Urteil des EuGH angleichen müssen, denn Pflicht solcher Aufsichtsbehörden ist zu überwachen und durchzusetzen, dass in Deutschland zugelassene Autos europäischem Recht entsprechen. Rechtsanwalt Schwering: "Das Urteil des EuGH zum Thermischen Fenster wird eine Vielzahl von Rückrufaktionen auslösen. Durchgeführte Rückrufaktionen beseitigen aber den Mangel nicht uns so wird das Urteil des EuGH zum Thermischen Fenster dem Abgasskandal eine Dynamik verleihen."

Hersteller werden nach diesem Richterspruch das Thermofenster abschalten müssen mit der Konsequenz, dass EU-Grenzwerte nicht mehr eingehalten werden können und technisch Lösungen entwickelt werden müssen. Die Veränderungen dürften nicht ohne Konsequenzen für die Dieselbesitzer bleiben: Die Lebensdauer des Autos wird heruntergeschraubt, Verbrauchswerte steigen und auch die Performance des Motors leidet - es drohen Motorschäden wie defekte AGR-Ventile, kaputte AGR-Kühler und Turbolader. Insbesondere Gebrauchtwagen mit hohen Laufleistungen verlieren enorm an Wert.

Klare Aussagen vom EuGH

Rechtsanwalt Schwering: "Verbraucheranwälte sich natürlich eine klare Aussage zum Thermischen Fenster gewünscht -- diese liegt nun vor. Damit ist es vor Gericht noch einfacher, eine konkrete Betroffenheit im Abgasskandal durch diese spezielle Abschaltvorrichtung nachzuweisen!" Eine Entscheidung zumThermofenster ist absolut also hilfreich. Nun gilt es, den Herstellern noch die Verwendung der Fahrkurvenerkennung und weitere Abschaltvorrichtungen praktisch nachzuweisen - dass all diese Manipulationen unzulässig sind, das hat der EuGH nun entschieden.

Rechtsanwalt Andreas Schwering steht für eine  Erstberatung gern zur Verfügung.

 


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