Fallstricke des Berliner Testaments

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Das Kammergericht in Berlin musste erst kürzlich über einen Fall entscheiden, der deutlich zeigt, welche Fallstricke und Risiken mit einem Berliner Testament verbunden sind, dass durch Laien errichtet wird. Viele Testierende machen sich keine Gedanken darüber, dass ein Berliner Testament ebenso wie ein Erbvertrag dazu führen kann, dass einseitige Änderungen durch einen der Ehepartner nicht mehr möglich sind. Das ist besonders dann schwerwiegend, wenn der erste der Ehepartner bereits verstorben ist.

In dem vom Kammergericht entschiedenen Fall ging es um Eheleute, die sich in einem gemeinschaftlichen Ehegattentestament aus dem Jahr 2002 gegenseitig zu Erben eingesetzt und ihre Tochter und ihren Sohn zu Schlusserben nach dem Längerlebenden bestimmt hatten.

Nachdem im Jahr 2008 zunächst die Ehefrau und dann auch der Sohn verstorben waren, hatte der Vater im Jahr 2012 ein neues Testament errichtet und seine Tochter ebenso enterbt wie den Sohn seines verstorbenen Sohnes, also seinen Enkel. Die Tochter beantragte gleichwohl einen Erbschein, wonach sie aufgrund des gemeinschaftlichen Testaments Erbin geworden sei. Sie war der Auffassung, dass die nachträgliche Enterbung nicht mehr möglich war, und setzte sich damit im nachlassgerichtlichen Verfahren durch.

Das Kammergericht hat in seiner Entscheidung betont, dass nach den gesetzlichen Vorschriften die Erbeinsetzung der Tochter zur Schlusserbin vom Vater nicht mehr einseitig abgeändert werden konnte, weil gesetzlich vermutet wird (§ 2270 BGB), dass die Einsetzung des Vaters zum Alleinerben der Mutter in wechselbezüglichem Zusammenhang steht mit der Erbeinsetzung der beiden gemeinsamen Kinder durch den Vater. Deshalb sei das nachträgliche Testament des Vaters unwirksam.

Anders sieht die Entscheidung des Kammergerichts allerdings bezüglich des Enkelsohns aus: Weil der Enkel nur aufgrund gesetzlicher Regelungen an die Stelle seines verstorbenen Vaters nachrückt, kommt hier ein Ausschluss von der Erbfolge in Betracht. Lediglich dann, wenn sich auch aus dem Inhalt des Testaments ergeben sollte, dass der Enkel für den verstorbenen Sohn nachrücken soll, wäre auch hier eine Abänderung durch den Vater ausgeschlossen.

Das Urteil zeigt in aller Deutlichkeit, welches von vielen Laien nicht erkannte Risiko in einem Berliner Ehegattentestament steckt: Durch die Einsetzung der Kinder zu Schlusserben macht nicht nur der erstversterbende Ehepartner sein Testament, sondern auch der längerlebende. Dieser ist nicht nur gehindert, die Erbfolge zu ändern. Unwirksam wäre sogar jede Anordnung eines Vermächtnisses, und sei es zugunsten von Personen, die den Längerlebenden am Ende seines Lebens aufopferungsvoll und fürsorglich versorgen.

Abhilfe hiergegen kann nur durch eine entsprechende Regelung in dem gemeinschaftlichen Testament beider Eheleute getroffen werden. Deshalb sollten sich Eheleute, die ein Testament errichten wollen, unter fachkundiger Beratung Gedanken über so genannte Abänderungsklauseln machen.

Kammergericht Berlin, Beschluss vom 19.12.2014, 6 W 155/14


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