Familienrecht: Antrag auf Gewaltschutz: Eilverfahren / ENG: The Violence Protection Act (GewaltSchG)

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Das Gewaltschutzgesetz (§§ 1-4 GewSchG) stellt eine präventive zivilrechtliche Maßnahme zum Schutz vor Gewalt und Nachstellung dar. Durch die darin enthaltenen Vorschriften soll das Opfer vor gewalttätigen Übergriffen durch den Täter geschützt werden. Umfasst werden hier nicht nur körperliche Tätlichkeiten, sondern auch psychische Einwirkungen wie Stalking oder Telefonterror (auch per WhatsApp, Facebook etc.), vgl. § 1 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GewSchG. 

Da es sich um präventiven Schutz handelt, reicht für die Eröffnung des Gewaltschutzverfahrens bereits ein Akt angedrohter Gewalt aus, § 1 Abs. 2 Nr. 1 GewSchG.

Nach erfolgtem Antrag kann das zuständige Gericht verschiedene Anordnungen treffen, beispielweise kann es ein Verbot gem. § 1 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 bis 5 GewSchG aussprechen hinsichtlich:

  • dem Betreten der Wohnung des Antragstellers
  • dem Aufenthalt in einem gewissen Umkreis der Wohnung des Antragstellers
  • dem Aufsuchen eines Ortes, an dem sich der Antragsteller regelmäßig aufhält (z. B. der Arbeitsplatz)
  • der Kontaktaufnahme mit dem Antragsteller (persönlich, schriftlich, per Telefon, durch Dritte, usw.)

Zudem kann nach § 2 GewSchG auch eine Überlassung der gemeinsamen Wohnung zur alleinigen Nutzung beantragt werden, im Falle eines Tatbestandes i. S. d. § 1 GewSchG.

Voraussetzungen

Für die Einleitung eines Verfahrens muss der Sachverhalt, d. h. die gewalttätige Verhaltensweise, an Eidesstatt versichert werden. Dies kann beim Familiengericht selbst oder bei Ihrem Rechtsanwalt / Ihrer Rechtsanwältin geschehen. Zur näheren Glaubhaftmachung können zuvor gemachte polizeiliche Anzeigen oder ärztlich dokumentierte Verletzungen vorgelegt werden. Zudem können Zeugen bereits vorsorglich genannt werden. Sobald der Antrag gestellt wurde, findet die gerichtliche Entscheidung im Eilverfahren statt. Es gilt hierbei eine Antragsfrist von zwei Wochen seit Vorfall (dies wird mit der Dringlichkeit der Angelegenheit begründet). Auch die Dauer der einstweiligen Anordnung ist befristet, i. d. R. auf 6 Monate. Bei weiteren Zuwiderhandlungen kann aber eine Verlängerung beantragt werden, §1 Abs. 1 Satz 2 GewSchG.

Unter Glaubhaftmachung, § 51 Abs. 1 Satz 2 FamFG, ist zu verstehen, dass der Antragsteller nicht den Beweis zu erbringen braucht. Es genügt der Nachweis der überwiegenden Wahrscheinlichkeit. Dies kann auf verschiedene Weisen geschehen, meist wird auf die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung zurückgegriffen. Unterstützt werden kann diese durch Vorlage ärztlicher Atteste, polizeilicher Anzeige oder Zeugenaussagen Dritter. Eine Glaubhaftmachung kann im Wege der sog. Gegenglaubhaftmachung erschüttert werden, d. h. es werden substantiierte Einwendungen erhoben und glaubhaft gemacht.

Beweismittel im Verfahren

Das Gericht kann sich verschiedener Hilfsmittel bedienen. Bei dem Gewaltschutzverfahren sind die für das Zivilprozessrecht (ZPO) üblichen Beweismittel ebenfalls angebracht, § 31 Abs. 1 FamFG.

Mögliche Beweismittel wären demnach:

  • Versicherung an Eides statt
  • Sachverständigengutachten
  • richterlicher Augenschein
  • (präsente) Zeugen
  • Urkunden (z. B. Ärztliche Atteste)

Gem. § 111 Nr. 6 FamFG haben die Familiengerichte die Zuständigkeit für das Gewaltschutzverfahren

Dauer bis zum Erlass einer einstweiligen Anordnung

Gem. § 214 Absatz 1 Satz 1 FamFG kann das Gericht durch Erlass einer einstweiligen Anordnung eine vorläufige Regelung nach §§ 1 und 2 GewSchG treffen und zwar vorerst ohne rechtliche Anhörung des Antragsgegners. In sehr vielen Fällen schafft bereits die schnell erlassene einstweilige Anordnung (Innerhalb von wenigen Tagen) die erforderliche Befriedung, sodass der Antrag von dem Opfer dann nicht weiterverfolgt wird. Voraussetzung für den Erlass solchen Rechtsschutzes bestimmt sich nach § 49 Abs. 1 FamFG.

Eine solche Maßnahme kann nur getroffen werden, soweit

  • ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden besteht und
  • dies (nach den für das Rechtsverhältnis maßgebenden Vorschriften) gerechtfertigt ist.

Angesichts des meist sehr gewalttätigen Charakters bestimmt § 214 Abs. 1 Satz 2 FamFG, dass ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden des Gerichts in der Regel vorliegt, wenn eine Tat nach § 1 des Gewaltschutzgesetzes begangen wurde oder auf Grund konkreter Umstände mit einer Begehung zu rechnen ist. Der Antragsteller muss zudem die Voraussetzungen für das Vorliegen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung begründen, und diese auch glaubhaft machen.

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung im Gewaltschutzverfahren erfolgt in vielen Fällen aufgrund der Eilbedürftigkeit ohne mündliche Verhandlung. Der Antragsgegner kann die Durchführung der mündlichen Verhandlung beantragen, womit eine erneute Entscheidung herbeigeführt werden kann. Die Durchführung der mündlichen Verhandlung stellt für den Antragsgegner die Möglichkeit dar, den Sachverhalt aus seiner Sicht zu schildern.

Folgen des Verstoßes gegen die Gewaltschutzanordnung

Wird gegen eine nach dem GewSchG erlassene Maßnahme verstoßen, droht eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe gem. § 4 GewSchG. Die Strafbarkeit bleibt dabei unberührt von anderen Strafvorschriften (wie z. B. Mord, Totschlag, Körperverletzung und etc.).

Beachten Sie: Außer dem Gewaltschutzverfahren steht Ihnen noch die Möglichkeit zu, gegen den Antragsgegner strafrechtlich vorzugehen. 

Ablauf der mündlichen Verhandlung im Gewaltschutzverfahren

Für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung muss ein Antrag seitens des Antragsgegners gestellt werden. Anschließend wird vom Gericht ein nichtöffentlicher Termin bestimmt. Zeugen werden hierbei nicht geladen, es werden nur Personen vernommen, die bei dem Termin selbst erscheinen (Präsente Zeugen). Es empfiehlt sich daher, Zeugen eigenhändig um ihr Erscheinen zu bitten.

Bei der mündlichen Verhandlung wird der Vorfall genauestens verhandelt, insbesondere hat der Antragsgegner die Möglichkeit, den Sachverhalt aus seiner Sicht zu schildern. Die Verhandlung endet meist mit einem Vergleich, indem die beteiligten Parteien ein gegenseitiges Kontaktverbot oder etc. vereinbaren. Sollte kein Vergleich zustande kommen, entscheidet das Gericht durch Beschluss.

Rechtsmittel gegen eine Gewaltschutzanordnung

Gemäß §§ 936, 924 I ZPO kann der Antragsgegner gegen die erlassene einstweilige Verfügung Widerspruch erheben. Der Widerspruch ist nicht fristgebunden. Jedoch kann dem Antragsgegner bei spätem Handeln ein Verwirkungseinwand entgegengehalten werden. Das Gericht entscheidet sodann über die Rechtmäßigkeit der einstweiligen Verfügung § 925 ZPO.

Beachten Sie: Die Vollziehung der einstweiligen Verfügung wird durch den Widerspruch nicht gehemmt, § 924 III 1 ZPO. Ausnahmsweise kommt eine Einstellung der Zwangsvollstreckung nach §§ 924 III 2, 707 ZPO in Betracht, beispielsweise , wenn der Widerspruch von dem Gericht für offensichtlich begründet gehalten wird.

Sollten Sie Klärungs- oder Handlungsbedarf im Gewaltschutzverfahren haben, wenden Sie sich bitte unverzüglich an unsere Kanzlei – telefonisch oder per Mail.

Ihre Rechtsanwältin Vera Mueller-Lehnert

English version:

The Violence Protection Act (§§1-4 GewSchG) is a preventive civil law measure to protect against violence and re-enactment. The provisions contained therein are intended to protect the victim from violent attacks by the perpetrator. This includes not only physical assault but also psychological effects such as stalking or telephone terror (also via WhatsApp, Facebook etc.), cf. Section 1 (1) sentence 3 no. 4 GewSchG.

Since this is preventive protection, an act of threatened violence is already sufficient for the initiation of the violent protection procedure, § 1 (2) no. 1 GewSchG.

After completing the application, the competent court may make various orders, for example, it may be a ban in accordance with. § 1 para. 1 sentence 3 no. 1 to 5 GewSchG in terms of:

  • entering the apartment of the applicant
  • stay in a certain radius of the apartment of the applicant
  • Visiting a place where the applicant regularly resides (e.g., the workplace)
  • contacting the applicant (personally, in writing, by telephone, by third parties, etc.)

In addition, pursuant to § 2 GewSchG, a transfer of the shared apartment for sole use may be requested, in the event of an offense i.S.d. § 1 GewSchG.

Requirements

For the initiation of a procedure, the facts, esp. the violent behavior, has to be affirmed to oath. This can be done at the family court itself or at your lawyer's. For more detailed information, previously made police reports or medically documented injuries may be submitted. In addition, witnesses can already be named as a precautionary measure. Once the application has been made, the court ruling will take place in an urgent procedure. There is an application deadline of two weeks since the incident (this is justified by the urgency of the matter). The duration of the interim measures is limited, esp. to 6 months. For further violations, however, an extension may be requested, § 1 para. 1 sentence 2 GewSchG.

Under Article 51 (1), second stc., FamFG, which means that the applicant does not need to provide the proof. It is sufficient to prove the overwhelming probability. This can be done in various ways, usually resorting to the submission of an affidavit. This can be supported by presentation of medical certificates, police report or testimony of third parties. A belief can be shaken by so-called counter-belief, this means substantiated objections are raised and made credible.

Evidence in the court proceedings

The court can use various aids. In the case of the protection against violence, the usual means of civil procedure (ZPO) are also appropriate, § 31 Abs. 1 FamFG.

Possible evidence would therefore be:

  • Insurance takes place on oath
  • expert opinion
  • judicial inspection
  • (present) witnesses
  • Certificates (e. g. medical certificates)

According to § 111 No. 6 FamFG, the family courts have the responsibility for the protection against violence.

Duration until the adoption of a temporary injunction

Pursuant to § 214 (1), first sentence, of the FamFG, the court may issue interim measures pursuant and for the time being without a legal hearing of the defendant. In many cases, even the swiftly issued provisional order (within a few days) creates the necessary pacification, so that the request is then not pursued by the victim. The condition for the granting of such legal protection is determined by § 49 para. 1 FamFG.

Such a measure can only be taken so far

  • there is an urgent need for immediate action and
  • this is justified (according to the rules governing the legal relationship).

In view of the mostly very violent character, § 214.1 sentence 2 FamFG determines that there is an urgent need for an immediate action of the court as a rule if an act was committed according to § 1 of the Violence Protection Act or on the basis of concrete circumstances with a commission is calculated. The applicant must also justify the conditions for the existence of an interim order and make it credible.

In many cases, interim injunctions are issued on grounds of urgency without a hearing. The defendant may request the performance of the verbal proceedings, which may bring about a new decision. The performance of the oral proceedings constitutes an opportunity for the restitutor to describe the facts from his point of view.

Consequences of acting against the violent protection order

If a measure issued under the GewSGG is violated, imprisonment of up to one year or a fine according to Art. § 4 GewSchG. The criminal liability remains unaffected by other criminal provisions (such as murder, manslaughter, assault etc.).

Please note: In addition to the violent protection procedure, you still have the option of taking legal action against the defendant.

Expiry of the verbal proceedings in the protection against violence

In order to hold an verbal hearing, an application must be made by the defendant. Subsequently, the court determines a non-public appointment. Witnesses are not loaded, only people are interviewed who appear at the appointment itself (present witnesses). It is therefore advisable to ask witnesses for their appearance by hand.

At the hearing, the incident is dealt with in the most exact manner, and in particular the respondent has the opportunity to describe the facts from his point of view. The negotiation usually ends with a settlement in which the parties involved agree on a mutual ban on contact e.g. If no settlement is reached out, the court decides by resolution.

Appeal against a violent protection order

According to §§ 936, 924 I ZPO, the defendant may object to the issued injunction. The opposition is not timed. However the defendant can be countered with a defensive objection in case of late action. The court then decides on the legality of the injunction, § 925 ZPO.

Note: The completion of the injunction is not inhibited by the contradiction, § 924 III 1 ZPO. Exceptionally, a termination of foreclosure under § § 924 III 2, 707 ZPO is considered, for example, if the opposition is considered by the court to be obviously justified.

If you should have any need for clarification or action in the protection against violence, please contact our law office immediately – by phone or by email.

Lawyer Vera Mueller-Lehnert


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