F.I.P. Finanz- und F.I.P. Garantiefonds-, F.I.P. MaxiFonds GmbH & Co. KG kündigen und widerrufen?

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Wer als Anleger die Beteiligung an einer geschlossenen Fondsgesellschaft vermittelt bekam, die in der Folgezeit entgegen den versprochenen Renditen ausschließlich Verluste erwirtschaftete, kann Versuche unternehmen, die aus dem Beteiligungsverhältnis resultierende Zahlungspflicht durch Ausübung von Widerrufs- und Kündigungsrechten zu beenden.

Nach klarstellender Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH II ZR 444/13) ist es Kapitalanlegern, die eine Beteiligung als (Treuhand-) Kommanditist abgeschlossen haben, ermöglicht, sich von Zahlungspflichten aus der Beteiligung durch Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung zu befreien.

Unterlässt der jeweilige Anleger den Ausspruch einer entsprechenden Kündigung, so haftet er aus dem konkreten Beteiligungsverhältnis aufgrund des Kaufs eines Kommanditistenanteils persönlich unbeschränkt, bis die aus dem Vertragsverhältnis geschuldete Einlage als Kommanditist vollständig an die Gesellschaft bezahlt worden ist. Durch die Kündigung kann er also den Versuch unternehmen, künftigen Zahlungsverpflichtungen zu entkommen, die aus der ursprünglichen Beitrittserklärung geschuldet waren.

Dabei gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes Folgendes: Nach der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft kann sich der Gesellschafter nicht – etwa aufgrund einer Irrtumsanfechtung – mit Wirkung ex tunc von dem fehlerhaften Beitrittsvertrag lösen. Er kann seine Gesellschafterstellung aber durch eine Kündigung mit Wirkung ex nunc beenden (st. Rspr., siehe etwa BGH, Urteil vom 19. November 2013 – II ZR 383/12, BGHZ 199, 104 Rn. 11; Beschluss vom 12. Juli 2010 – II ZR 160/09, ZIP 2010, 2497 Rn. 6, Roth in Baumbach/Hopt, HGB, 36. Aufl., § 105 Rn. 92 f., jeweils mwN).

Von diesem Kündigungsrecht kann ein Anleger auch schon Gebrauch gemacht haben, soweit er seinen eindeutigen Beendigungswillen gegenüber der Gesellschaft geäußert hat. Ob hierbei aber z. B. ein Widerruf in eine Kündigungserklärung stets umgedeutet werden kann, ist Frage des Einzelfalls. Da der Bundesgerichtshof aber in seiner Entscheidung vom 20. Januar 2015 (BGH II ZR 444/13) auch eine Klageerhebung als eindeutigen Willen zum Ausspruch einer Kündigung versteht, soweit er damit zu erkennen gibt, nicht weiter (Quasi-) Gesellschafter des geschlossenen Fonds sein zu wollen, bestehen unseres Erachtens auch Chancen für diejenigen, die lediglich ein „Widerrufsrecht“ ausgeübt hatten.

Können Sie im Übrigen darlegen, dass die Beitrittserklärung im Rahmen eines Hausbesuches eines Vermittlers unterzeichnet worden war und z. B. eine fehlerhafte Belehrung über das dann bestehende Widerrufsrecht erfolgt ist, kann die Beteiligung bereits aufgrund der Ausübung eines Widerrufsrechts selbst nach sehr langer Dauer der Beteiligung beendet werden, BGH-Urteil vom 12. Juli 2016, Az. XI ZR 501/15, zuvor bereits OLG Hamm mit Urteil vom 23.01.2013 (I-8 U 281/11) oder OLG Bremen, Urteil vom 29.2.2012 – 1 U 66/11. Wobei nach letztgenanntem Urteil auch eine Kündigung beim Vorliegen der Voraussetzungen in die Ausübung eines Widerrufsrechtes umgedeutet werden kann.

Allerdings befreit weder der Widerruf noch die Kündigung den Anleger im Zweifel vollumfänglich von Zahlungspflichten. Diese können, selbst wenn erfolgreich eine entsprechende Willenserklärung ausgeübt wurde, lediglich die Beteiligung ab dem Zeitpunkt der Zustellung beenden. Dies hat dann zur Folge, dass die Fondsgesellschaft gemäß § 738 BGB Verbindung mit dem jeweiligen Gesellschaftsvertrag verpflichtet ist, eine Auseinandersetzungsbilanz aufzustellen, um die Höhe des Abfindungsanspruchs des Anlegers-oder des von ihm noch auszugleichenden Fehlbetrages (für den Fall, dass eine negative Abschichtungsbilanz erstellt wird) zu ermitteln.

Immerhin wird aber durch Ausspruch einer rechtswirksamen außerordentlichen Kündigung oder eines Widerrufsrechtes zu Gunsten des Anlegers

  • die ursprüngliche Zahlungsverpflichtung aus der Beitrittserklärung vernichtet, womit
  • die Fondsgesellschaft, will sie noch Geld vom Anleger haben, zunächst erst einmal eine Abschichtungsbilanz erstellen muss
  • wobei im Regelfall weitere Kosten zulasten der Fondsgesellschaft entstehen, womit
  • ein mit der Fondsgesellschaft verhandelbarer Gegenanspruch (Anspruch auf Erstellung einer Abschichtungsbilanz) ebenso zugunsten des Anlegers geschaffen wird, der gegebenenfalls gestattet Vergleiche abzuschließen, um die Angelegenheit zu beenden.

MJH Rechtsanwälte, Rechtsanwalt Martin Josef Haas, meint: Ist man an einer Gesellschaft beteiligt, die keine Gewinne erwirtschaftet, und dennoch zur Fortzahlung der Beiträge aus der Beteiligungserklärung verpflichtet, sollten die Gestaltungsrechte des Widerrufs oder der außerordentlichen Kündigung durch eine fachlich avisierte Anwaltskanzlei geprüft, die Chancen und Risiken abgewogen und die Beendigung der Beteiligung durch Ausübung der Gestaltungsrechte angestrebt werden. Die Alternative hierzu ist das Abwarten, ob die Gesellschaft gegebenenfalls doch noch einmal Gewinne erzielt. Eine Zahlungseinstellung ohne Ausspruch einer Kündigung oder Ausübung eines Widerrufsrechtes ist im Regelfall nicht empfehlenswert, da für diesen Fall hohe Erfolgsaussichten zu Gunsten der Vorgesellschaft bestehen weitere Zahlungsansprüche auch gerichtlich gegenüber dem Anleger durchzusetzen.

Übermitteln Sie uns gerne Ihre Beitrittserklärung, wir erteilen kostenfrei ein Angebot für Ihre rechtliche Interessenvertretung, soweit wir ausreichende Erfolgsaussichten erkennen können.


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