Fragen und Antworten rund um das Recht auf Einsicht in die Behandlungsunterlagen/Patientenakte?

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Wenn Patienten überprüfen wollen, ob bei einer ärztlichen Behandlung ein Behandlungsfehler unterlaufen ist,  geht dies in der Regel nur durch eine Einsicht in die Behandlungsunterlagen, da der behandelnde Arzt verpflichtet ist, zum Zwecke der Dokumentation eine Patientenakte zu führen. In dieser muss der Behandler alle wesentliche Ergebnisse aufzeichnen. Insbesondere sind die Anamnese, Diagnosen, Untersuchungen, Untersuchungsergebnisse, Befunde, Therapien und ihre Wirkungen, Eingriffe und ihre Wirkungen, Einwilligungen und Aufklärungen in die Patientenakte aufzunehmen. Vorstehendes ist in § 630f BGB geregelt. Ähnliche Regelungen finden sich zusätzlich in den Berufsordnungen der Behandler (Ärzte und Therapeuten). In der Praxis stellen sich dem Patienten zu dem Thema Einsicht in die Behandlungsunterlagen dann viele Fragen. Einige hiervon sollen nachfolgend kurz beantwortet werden.


Habe ich überhaupt ein Recht auf Einsicht in die Behandlungsunterlagen?

Die Antwort ist einfach: Ja

Nach § 630g Abs. 1 BGB ist dem Patienten auf Verlangen unverzüglich Einsicht in die vollständige, ihn betreffende Patientenakte zu gewähren, soweit der Einsichtnahme nicht erhebliche therapeutische Gründe oder sonstige erhebliche Rechte Dritter entgegenstehen. Die Akteneinsicht darf nur in einigen Ausnahmefällen abgelehnt werden.


Muss ich dem Arzt sagen warum ich die Akte einsehen möchte?

Auch hier ist die Antwort klar: Nein.

Das Akteneinsichtsbegehren muss auch in keiner Weise begründet werden. Das Recht auf Einsichtnahme folgt nicht nur aus § 630g Abs. 1 BGB sondern auch unmittelbar aus dem verfassungsrechtlich verankerten Recht auf informationelle Selbstbestimmung und der personalen Würde des Patienten.


Habe ich ein Recht auf Aushändigung der Behandlungsunterlagen?

Das Recht die Behandlungsunterlagen beim Arzt bzw. im Krankenhaus einzusehen allein hilft häufig nicht weiter. In der Regel will der Patient die Behandlungsunterlagen nicht vor Ort einsehen, sondern   diese mit nach Hause nehmen um  sie ausgiebig studieren zu können. Die erste Frage ist also, ob ein Patient ein Recht hat, die  Behandlungsunterlagen im Original mitzunehmen. Hier lautet die Antwort: Nein.

Mehrere Gerichte haben mittlerweile entscheiden, dass Ärzte und Krankenhäuser grundsätzlich nicht verpflichtet sind, die Behandlungsunterlagen an den Patienten im Original herauszugeben, da diese im Alleineigentum des Arztes bzw. des Klinikträgers stehen. Der Patient kann jedoch eine Herausgabe von Kopien der vollständigen Behandlungsunterlagen verlangen. Im Gegenzug muss der Patient dem Behandler Kopierkosten erstatten (§ 630g Abs. 2 BGB). Die Originalbehandlungsunterlagen können wie bereits dargelegt in der Klinik/in der Praxis eingesehen werden.


Kann ich von dem Arzt/dem Krankenhaus eine Übersendung der Behandlungsunterlagen verlangen?

Diese Frage ist schon schwieriger zu beantworten. Bei dem Akteneinsichtsrecht handelt es sich juristisch gesehen um eine sogenannte Holschuld. Der „Übergabeort“ der Behandlungsunterlagen ist demnach das Krankenhaus bzw. die Arztpraxis. Grundsätzlich besteht somit erst einmal nur ein Anspruch auf Aushändigung der Behandlungsunterlagen am Behandlungsort/Belegenheitsort. Sofern der Patient zusagt, neben den anfallenden Kosten für die Vervielfältigung auch die Kosten für den Versand der Behandlungsunterlagen  zu übernehmen, dürfte die Behandlerseite jedoch verpflichtet sein, die Unterlagen auch zu übersenden.

Aktueller Hinweis: Ein Anspruch, die Behandlungsunterlagen kostenlos übersandt zu bekommen, dürfte sich nunmehr aus § 15 Abs. 3 Satz 1 Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ergeben. Hiernach hat der Verantwortliche eine Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, zur Verfügung zu stellen. Erst für weitere Kopien kann der Verantwortliche ein angemessenes Entgelt verlangen (§ 15 Abs. 3 Satz 2 DSGVO).


Muss ich für die Einsicht in die Behandlungsunterlagen eine Gebühr zahlen?

Nein, eine Gebühr für die Akteneinsicht darf der Behandler nicht verlangen. Gem. § 630g Abs. 2 Satz 2 BGB hat der Patient dem Behandelnden lediglich die Kosten für die Abschriften (Kopierkosten etc.) zu erstatten. Ob bzw. inwiefern Kosten für die Vervielfältigung nach Einführung der DSGVO noch verlangt werden können, wird sich in der Zukunft zeigen.


Kann ich die Behandlungsunterlagen auch telefonisch anfordern?

Patienten können ihre Behandlungsunterlagen grundsätzlich persönlich, schriftlich oder auch telefonisch anfordern. Aus Datenschutzgründen muss der Patient jedoch seine Identität nachweisen können. Aus Beweiszwecken ist es zudem empfehlenswert, die Behandlungsunterlagen schriftlich anzufordern.


Umfasst das Recht auf Einsicht in die Behandlungsunterlagen die gesamten Patientenakte?

Der Anspruch des Patienten auf Einsichtnahme in die Behandlungsunterlagen umfasst sämtliche Aufzeichnungen über objektive Befunde und Behandlungsdaten, die Medikation, Operationsberichte, Laborbefunde, Diagnosen, ärztliche Anordnungen, EKG-Streifen, Röntgenbilder, Fotodokumentationen etc. Nach Ansicht des BGH schließt das Recht des Patienten zur Einsichtnahme jedoch nicht die persönlichen Bemerkungen des Arztes/Behandlers mit ein. Die persönlichen Anmerkungen dürfen daher in den Behandlungsunterlagen vor der Herausgabe an den Patienten abgedeckt/geschwärzt werden, dies muss  jedoch kenntlich gemacht werden.

Eine weitere Ausnahme vom umfassenden Recht des Patienten zur Einsichtnahme betrifft diejenigen Fälle, in denen gerade durch die Kenntnis der Krankenunterlagen eine Gefahr für die Gesundheit des Patienten zu befürchten ist (z. B. bei psychiatrischer und psychotherapeutischer Behandlung).


Haben außer dem Patienten selbst auch andere Personen ein Einsichtsrecht? 

In erster Linie hat der Patient selbst ein Recht seine Behandlungsunterlagen einzusehen. Ein Akteneinsichtsrecht kann zudem einem rechtlichen Betreuer oder einem ausdrücklich Bevollmächtigten zustehen. Ist der Patient verstorben, stehen die vorgenannten Rechte auch den Erben und unter Umständen auch den nächsten Angehörigen des Verstorbenen zu. Die Rechte sind nur ausgeschlossen, soweit der Einsichtnahme der ausdrückliche oder mutmaßliche Wille des Patienten entgegensteht (§ 630g Abs. 3 BGB).


Was mache ich, wenn das der Arzt sich weigert die Behandlungsunterlagen herauszugeben?

In der Regel gewähren die Behandler Ihren Patienten auf Nachfrage unverzüglich Einsicht in die Behandlungsunterlagen. Sollte sich ein Krankenhaus und oder ein Arzt doch einmal weigern, Kopien der Behandlungsunterlagen zu übersenden, kann der Patient schriftlich eine angemessene Frist (3 Wochen sollten ausreichen) zur Herausgabe der Unterlagen setzen. Wenn auch diese Frist fruchtlos verstreicht, empfiehlt sich der Gang zu einem auf das Medizinrecht spezialisierten Rechtsanwalt. Sollte sich der Behandelnde quer stellen, kann als letztes Mittel notfalls eine Klage auf Einsicht in die Behandlungsunterlagen erhoben werden.


Julian Jakobsmeier

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Medizinrecht


(Der Unterzeichner ist Fachanwalt für Medizinrecht und im Gesundheitsrecht bundesweit tätig)


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