Geerbter Pflichtteilsanspruch unterliegt (auch ohne Geltendmachung) der Erbschaftsteuer

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Der Bundesfinanzhof stellte mit Urteil v. 07.12.2016, II R 21/14, fest: Ein vom Erblasser nicht geltend gemachter Pflichtteilsanspruch unterliegt bei seinem Erben der Besteuerung bereits aufgrund des Erbanfalls. Das Vermögen des Erblassers geht im Wege der Gesamtrechtsnachfolge als Ganzes auf den Erben über. Dazu gehört auch ein dem Erblasser zustehender Pflichtteilsanspruch, weil dieser Anspruch kraft Gesetzes vererblich ist. Für die Besteuerung ist nicht erforderlich, dass der Erbe den geerbten Pflichtteilsanspruch geltend macht.

Hintergrund

Erwerbe von Todes wegen unterliegen der Erbschaftsteuer. Dazu gehört auch der geltend gemachte Pflichtteilsanspruch, § 3 Abs. 1 Nr. 1 Var. 3 ErbStG (Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz). Die Steuer entsteht jedoch erst mit dem Zeitpunkt der Geltendmachung durch den Pflichtteilsberechtigten, § 9 Abs. 1 Nr. 1b ErbStG. Damit respektiert der Gesetzgeber die Entscheidung eines Pflichtteilsberechtigten, gegen seine Verwandten keine Ansprüche geltend machen zu wollen. Anders ist das nach dem Bundesfinanzhof für den Erben des Pflichtteilsberechtigten.

Geerbter Pflichtteilsanspruch mit Anfall der Erbschaft steuerbar

Zu unterscheiden sind das zivilrechtliche Entstehen des Pflichtteilsanspruchs und die Besteuerung beim Pflichtteilsberechtigten sowie der gesetzliche Erwerb des Pflichtteilsanspruchs bei dessen Erben und deren Besteuerung.

  1. Beim Pflichtteilsberechtigten kommt dem zivilrechtlichen Entstehen des Pflichtteilsanspruchs im Rahmen dessen Besteuerung erst dann Bedeutung zu, wenn er seinen Pflichtteilsanspruch geltend macht, §§ 3 Abs. 1 Nr. 1 Var. 3 in Verbindung mit 9 Abs. 1 Nr. 1b ErbStG.
  2. Diese erbschaftsteuerrechtliche Besonderheit – wonach der Erwerb des Pflichtteilsanspruchs nur bei dessen Geltendmachung durch den Pflichtteilsberechtigten der Erbschaftsteuer unterliegt – gilt nicht für den Erwerb eines Pflichtteilsanspruchs durch Erbanfall. Für diesen Erwerb entsteht die Steuer nach den §§ 3 Abs. 1 Nr. 1 Var. 1 in Verbindung mit 9 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 ErbStG bereits mit dem Tod des pflichtteilsberechtigten Erblassers, ohne dass es auf die Geltendmachung des Anspruchs durch dessen Erben ankommt.

(Keine) Gefahr der (Doppel)Besteuerung

Der Erbe eines Pflichtteilsanspruchs muss beim Anfall der Erbschaft Erbschaftsteuer für den Erwerb des Anspruchs bezahlen. Eine spätere Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs durch ihn löst keine weitere Erbschaftsteuer aus. Macht der Erbe den Pflichtteilsanspruch aber nicht geltend, bleibt es dabei, dass für den Erwerb des Anspruchs Erbschaftsteuer anfällt.

Konsequenz der Entscheidung

Macht der Pflichtteilsberechtigte den Pflichtteil nicht geltend, fällt keine Erbschaftsteuer an. Stirbt aber – innerhalb der Verjährungsfrist – der Pflichtteilsberechtigte und möchte sein Erbe den Pflichtteil auch nicht geltend machen, fällt bei diesem Erbschaftsteuer an.

Vermeidung der Erbschaftsteuer

Außer der Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs, um hieraus die Erbschaftsteuerschuld begleichen zu können, kommen weitere Möglichkeiten zur Vermeidung der Erbschaftsteuer in Betracht: Es kann die Erbschaft gänzlich ausgeschlagen werden oder aber der Pflichtteilsanspruch war bereits zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers verjährt. Dann muss der Erwerb des Pflichtteilsanspruchs wegen Uneinbringlichkeit bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlagen außer Ansatz bleiben, §§ 12 Abs. 1 ErbStG in Verbindung mit 12 Abs. 2 BewG.

Sie haben einen Pflichtteil geerbt und sehen sich nun Erbschaftsteuer ausgesetzt? Sprechen Sie uns an, wir prüfen für Sie die in Betracht kommenden Vermeidungsmöglichkeiten und vertreten Sie durchsetzungsstark gegenüber dem Finanzamt!


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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