Gemeinsames Sorgerecht und Urlaub: Wer muss sich nach wem richten?

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Die Urlaubsplanung mit Kindern ist oft schwierig, wenn die Sorgeberechtigten getrennt leben. Wer darf eigentlich entscheiden, wo und wie lange jeder Elternteil mit den Kindern hinfahren kann? Wer darf generell die nötigen Reisepässe aufbewahren?

Das gemeinsame Sorgerecht von Eltern bedeutet, dass die Eltern gemeinsam die Entwicklung der Kinder betreuen sollen. Dabei haben beide ein Anrecht auf die Mitbestimmung über die Lebensgestaltung des Kindes. Ist keine Einigungsmöglichkeit in Sicht, weil sich z. B. keiner zu Kompromissen durchringen kann, werden leider häufig dabei die Folgen des elterlichen Streits auf die Beziehung zum Kind übertragen.

Zu der umfassenden wirksamen Entwicklung eines Kindes gehören selbstverständlich u.a. die Freizeitgestaltung und der Kontakt zu Bezugspersonen. Gemeinsame Erholungsurlaube wirken sich grundsätzlich positiv auf das Kindeswohl aus. Was jedoch, wenn einer der Elternteile ein Land, evtl. das Heimatland des anderen Elternteils, mit dem Argument ablehnt, dass eine Reise dorthin zu gefährlich wäre?

Wenn der Urlaub in eine vermeintlich unsichere Region führen soll, etwa, weil die zu besuchende Verwandtschaft in einem sogenannten „Krisengebiet“ lebt, sorgt dies regelmäßig für enorme Konflikte zwischen getrenntlebenden Elternteilen, die das gemeinsame Sorgerecht ausüben.

Nach § 1687 des Bürgerlichen Gesetzbuchs hat der Elternteil, bei dem sich das Kind gewöhnlich aufhält, die Befugnis zur alleinigen Entscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens. Entscheidungen in Angelegenheiten des täglichen Lebens sind in der Regel solche, die häufig vorkommen und die keine schwer abzuändernden Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben. Andernfalls müssen die getrenntlebenden Eltern bei wichtigen Entscheidungen bezüglich des Kindes übereinstimmen.

Es ist also danach zu differenzieren, ob die geplante Urlaubsreise eine Angelegenheit des täglichen Lebens oder eine wichtige Entscheidung darstellt.

Ein Urlaub gehört grundsätzlich in die zweite Kategorie. Es handelt sich also regelmäßig um keine Angelegenheit des täglichen Lebens, weil Urlaubsreisen gegebenenfalls einen starken nachhaltigen Einfluss auf das Kind haben. Das bedeutet, dass zwingend beide sorgeberechtigten Eltern zustimmen müssen. Dennoch wird eine Einzelfall-Prüfung nicht ohne Weiteres entbehrlich. Maßgeblich ist vor allem die Betrachtung des kulturellen und verwandtschaftlichen Umfelds des Kindes, seines Alters und seiner Gesundheit.

Zu beachten ist hierbei vor allem, dass die Sorgeberechtigten alles zu unterlassen haben, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Sorgeberechtigten beeinträchtigt. Wird die Zustimmung zu einer Urlaubsreise von einem Sorgeberechtigten grundlos oder aus Schikane verweigert, handelt er nicht im Sinne des Kindeswohls. In diesem Fall kann das Familiengericht ihn zu rechtskonformen Verhalten verurteilen.

Ein Antreten des Urlaubs gegen den Willen des anderen Elternteils ohne Einholung anwaltlichen Rats oder Anrufung des Familiengerichts hingegen ist nicht zu empfehlen. Dies verstößt gegen die Rechtspositionen des anderen Sorgeberechtigten, weshalb dieser sich gerichtlich wehren und im äußersten Fall strafrechtliche Maßnahmen (etwa wegen Kindesentführung) einleiten kann.

Das Familiengericht kommt zum Ergebnis, dass es dem Kindeswohl nicht widerspricht, mit einem der Elternteile allein in den geplanten Urlaub zu fahren, wenn dies dem Kindeswohl entspricht. Dabei sind vielerlei Kriterien von Belang. Die Reise in ein Land, dessen Kultur sich gänzlich unterscheidet, ist dann evtl. abzulehnen, wenn die Familie in keinster Weise mit dieser Kultur vertraut ist. Andererseits kann die Reise auch genehmigt werden, wenn sie als wichtig für die Entwicklung des Kindes erachtetet wird, dass es den Kulturkreis seiner Verwandtschaft kennenlernt. Ferner würde der Reiseantritt versagt werden, wenn die Überfahrt zu strapaziös im Hinblick auf das Alter des Kindes ist.

Klassenfahren und Tagesausflüge sind regelmäßig Angelegenheiten des täglichen Lebens, weshalb der betreuende Elternteil grundsätzlich alleine entscheiden kann.

Für eine genaue Einschätzung stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung. Sprechen Sie mich unverbindlich an.


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