Genehmigungsfiktion bei verspäteter Entscheidung der Krankenkasse über einen Leistungsantrag

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Stellt ein Versicherter bei seiner Krankenkasse einen Antrag auf Leistungen, so setzt § 13 Abs. 3a SGB V (Sozialgesetzbuch) der Krankenkasse im Regelfall eine Frist von 3 Wochen zur Entscheidung. Ist eine gutachterliche Stellungnahme erforderlich, beträgt die Frist 5 Wochen, bei einem zahnärztlichen Gutachten 6 Wochen. Dies gilt aber nur für den Fall, dass die Krankenkasse den Antragsteller über die Notwendigkeit eines Gutachtens rechtzeitig, d. h. vor Ablauf der 3-Wochenfrist, schriftlich informiert. Erfolgt diese Information nicht, verbleibt es bei der 3-Wochenfrist. Ist es der Krankenkasse nicht möglich, die gesetzlich festgelegte Frist einzuhalten, hat sie dies dem Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig mitzuteilen. Kommt die Krankenkasse dieser Verpflichtung nicht nach, so gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt.

Zweck der Regelung

Die Regelung zur Genehmigungsfiktion wurde 2013 im Rahmen des Gesetzes zur Verbesserung der Rechte von Patienten und Patientinnen eingeführt. Hintergrund der Regelungen ist es, eine Beschleunigung des Bewilligungs- und Genehmigungsverfahrens bei den gesetzlichen Krankenkassen zu bewirken, um es den Versicherten zu ermöglichen, die benötigten Leistungen zeitnah zu erhalten.

Voraussetzungen und Folgen der Genehmigungsfiktion

Die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a SGB V greift dabei nicht in Hinblick auf jedweden Antrag. Erforderlich ist, dass sich der Antrag auf eine Sozialleistung der gesetzlichen Krankenkassen bezieht, welche sich aus dem Gesetz oder der Satzung der zuständigen Krankenkasse ergibt. Nicht erfasst von der Genehmigungsfiktion sind solche Sozialleistungen, die auf eine finanzielle Absicherung oder auf die Erstattung eines Geldbetrages ohne Sicherstellung der Inanspruchnahme einer Naturalleistung gerichtet sind (z. B. Mutterschaftsgeld gemäß § 24i SGB V, Kinderkrankengeld gemäß § 45 SGB V). Ausgenommen von der Genehmigungsfiktion sind zudem solche Anträge, bei denen die beantragte Leistung offensichtlich nicht vom Leistungskatalog der Krankenkassen erfasst ist. Die bedeutet, die Genehmigungsfiktion greift auch dann, wenn die konkrete Leistung nicht vom Leistungskatalog erfasst ist, der Antragsteller dies jedoch nicht ohne Weiteres eindeutig erkennen konnte. 

So bejahte das BSG (Bundessozialgericht), (11.07.2017, Az.: B 1 KR 1/17 R), das Eingreifen der Genehmigungsfiktion bezüglich eines Antrags auf eine Fettabsaugung, weil es sich um keine offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung bestimmte Leistung handelte. Vielmehr sei die Fettabsaugung durch die behandelnden Ärzte fachlich befürwortet worden. Der Antragsteller musste sich daher auch nicht mit den einzelnen Voraussetzungen der ambulanten und stationären Leistungserbringung auskennen.

Erforderlich für das Entstehen der Genehmigungsfiktion ist zudem, dass die Ursache für die nicht fristgemäße Entscheidung dem Verantwortungsbereich der Krankenkasse zuzuordnen ist. Die Genehmigungsfiktion greift daher dann nicht ein, wenn der Antragsteller die erforderliche Mitwirkung unterlassen hat. Es besteht als eine Mitwirkungspflicht des Antragstellers, um es der Krankenkasse zu ermöglichen, überhaupt eine Entscheidung treffen zu können. Trägt der Antragsteller z. B. nicht alle notwendigen Tatsachen vor oder wirkt er bei einer erforderlichen körperlichen Befunderhebung nicht mit, so greift nach dem Fristablauf die Genehmigungsfiktion nicht ein.

Gilt eine Leistung nach § 13 Abs. 3a SGB V als genehmigt, können sich die Versicherten die erforderliche Leistung selbst beschaffen. Die durch die eigene Beschaffung der erforderlichen Leistung entstandenen Kosten müssen von der Krankenkasse erstattet werden. Der Kostenerstattungsanspruch tritt in diesem Fall an die Stelle des ansonsten bestehenden Sachleistungsanspruchs. Die Kostenerstattung kann damit nicht weiter gehen als der eigentliche Sachleistungsanspruch. Die Genehmigungsfiktion und die entsprechende Kostenübernahmeverpflichtung der Krankenkasse greift aber auch für den Naturalleistungsanspruch, also, wenn sich der Versicherte, die Leistung noch nicht selbst besorgt hat (BSG, vom 07.11.2017 – Az.: B 1 KR 15/17 R). Dies ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Genehmigungsfiktion. Wäre die Leistungspflicht der Krankenkasse zudem allein auf die Erstattung der Kosten bereits vom Versicherten selbst beschaffter Leistungen beschränkt, würde dies zudem eine unzulässige und sachwidrige Ungleichbehandlung im Sinne von Art. 3 Abs. 1 GG darstellen. Denn nur der Naturalleistungsanspruch kraft Genehmigungsfiktion ermöglicht es mittellosen Berechtigten, die nicht in der Lage sind, sich die begehrte Leistung selbst zu beschaffen, ihren Anspruch 


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