Genussrechte gekündigt, keine Rückzahlung?

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In aktuellen Fällen hat sich die Kanzlei Rohring mit der Frage auseinanderzusetzen, welche Rechte Genussrechtsinhabern zustehen, wenn das gekündigte Genussrechtskapital nicht ausgezahlt wird, weil der Jahresabschluss für das letzte Vertragsjahr noch nicht festgestellt wurde und damit der Buchwert des Genussrechtskapitals noch nicht feststehe.

So gibt es Fälle, in denen Genussrechtskapital z. B. zum 31.12.2013 gekündigt wurde und die Auszahlung des vertragsgemäßen Rückzahlungsbetrags noch heute verweigert wird, weil der Jahresabschluss für das Jahr 2013 im März 2016 noch nicht festgestellt wurde und damit der Buchwert nicht beziffert werden könne.

Jahresabschlüsse (Bilanz oder Einnahme-/Überschussrechnung) müssen grundsätzlich innerhalb strikter Fristen erstellt werden. Diese sind im HGB festgelegt (3 – 6 Monate nach Jahresende, vergleiche § 264 Abs. 1 HGB)

Die gesetzlichen Vertreter der Gesellschaftsform können bei Nichteinhaltung der Aufstellungsfristen durch Antrag von jedermann vom Bundesamt für Justiz durch eine Geldbuße bis zu 25.000 € zur Aufstellung gezwungen werden.

Fakt ist, dass Gesellschaften die Fälligkeit der Rückzahlung des Genussrechtskapitals einseitig vereiteln können, wenn sie die Jahresabschlüsse nicht aufstellen.

Im Vertragsrecht ist aber allgemein anerkannt, dass nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) niemand aus seinem eigenen treuwidrigen Verhalten Vorteile ziehen darf. Dieses Grundprinzip konkretisiert § 162 BGB. Wer das bedingte Geschäft durch eine unredliche Einflussnahme auf das Ereignis zu seinen Gunsten korrigiert, muss sich so behandeln lassen, als sei die Bedingung eingetreten (§ 162 BGB). Dies dürfte bei mehr als 25 Monaten nach Ende des Jahres der Fall sein, sofern nicht ausnahmsweise besondere Umstände vorliegen, die eine verspätete Aufstellung des Jahresabschlusses rechtfertigen (vgl. OLG Köln am 27.11.1992, 19 U 89/91).

Wenn die Gesellschaft sich dann – wie im Beispiel – im Jahr 2016 auf einen vermeintlich geringeren Buchwert zum 31.12.2013 berufen will, so trägt sie die umfassende Darlegungslast dafür, dass der Buchwert zum 31.12.2013 geringer ist, als das eingezahlte Kapital (Nennwert). Es liegt ausschließlich in der Hand der Gesellschaft, den Jahresabschluss für 2013 aufzustellen. Da sie dies treuwidrig vereitelt, ohne bis heute einen Grund dafür genannt zu haben, muss sie sich in zumindest analoger Anwendung des § 162 BGB so behandeln lassen, als ob das eingezahlte Kapital nicht durch Verluste reduziert wurde – wenn Sie dies nicht nachweisen beziehungsweise substantiiert dazu vortragen kann.

Ansonsten hätte die Beklagte es legitimerweise in der Hand, die Auszahlung des Genussrechtskapital über viele Jahre zu verhindern, ohne hierfür einen Cent Zinsen zahlen zu müssen. Dies kann nicht der deutschen Rechtsordnung entsprechen!

Genussrechtsinhaber können nach unserer Rechtsauffassung – und wohl auch der des Landgerichtes Paderborn – daher im Einzelfall gute Chancen haben, ihre Rechte vor Gericht durchzusetzen.

Ich berate und vertrete sie hier gerne!

Rechtsanwältin Ellen Rohring

www.kanzlei-rohring.de


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