Geplante Urheberrechtsreform birgt Risiken für Produzenten – Stellungnahme zum Regierungsentwurf

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Das Bundeskabinett hat am 16.03.2016 den Regierungsentwurf eines „Gesetzes zur verbesserten Durchsetzung des Anspruchs der Urheber und ausübenden Künstler auf angemessene Vergütung“ beschlossen. Ziel des Gesetzes ist es, eine faire Beteiligung der Urheber an der Verwertung ihrer Werke sicherzustellen. Hierzu soll insbesondere die Vertragsparität zwischen Urhebern und Verwertern gestärkt werden.

Der Regierungsentwurf wirft aus Produzentensicht einige Fragestellungen auf. Diese ergeben sich insbesondere daraus, dass Produzenten eine Art Vermittlerrolle zwischen Urhebern und eigentlichen Verwertern, wie etwa Sendern oder Filmverleihern, einnehmen. 

Die wichtigsten Änderungen im Überblick:

Angemessene Vergütung bei Mehrfachnutzungen (§ 32 Abs. 2 UrhG)

Bei Beurteilung der Angemessenheit der Urhebervergütung soll in Zukunft auch die Häufigkeit der Nutzungsmöglichkeit des Verwerters berücksichtigt werden. Das bedeutet, dass Verträge künftig wohl eine Regelung dazu enthalten sollten, ob und in welchem Umfang eine wiederholte Nutzung des Werks erlaubt sein soll. Zwar sollen Pauschalvergütungen laut Gesetzesbegründung nicht per se als unzulässig anzusehen sein, jedoch sollten hier in erster Linie kollektive Vergütungsvereinbarungen geschlossen werden. Ob und unter welchen Voraussetzungen Pauschalvergütungen in Zukunft auf individualvertraglicher Basis vereinbart werden können, ist derzeit noch unklar. Es ist zu befürchten, dass die genauen Anforderungen an die Vertragsgestaltung bei Vereinbarung einer Pauschalvergütung erst durch die Rechtsprechung konkretisiert werden müssen.

Klar ist, dass der Produzent in der Verantwortung ist, dem Urheber eine angemessene Vergütung zu zahlen. Allerdings ist unklar, wie der Produzent diese Vergütung bemessen und bezahlen soll, wenn er selbst von dem Sender weiterhin selbst nur einen Fixpreis erhält.

Denkbar wäre beispielsweise eine Lösung, nach der die Sender bei Wiederholungen und/oder signifikanten Onlineabrufen zusätzliche Honorare zahlen. Diese Honorare könnten die Produzenten sodann an die Urheber weitergeben und dadurch sicherstellen, dass die wiederholte Nutzung ihrer Werke angemessen vergütet wird. Der Produzent wäre dabei jedoch auf die Mitwirkung der Sender angewiesen.

Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch (§ 32d UrhG-E)

Der Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch soll sicherstellen, dass der Urheber auch bei Vereinbarung einer Pauschalvergütung erfahren kann, welche Erträge durch die Verwertung des Werks erzielt wurden. Nur dann kann er beurteilen, ob die vereinbarte Vergütung angemessen ist und kann er ggf. einen Anspruch auf weitere Beteiligung (§ 32a UrhG) geltend machen.

Der Anspruch richtet sich ausschließlich gegen den Vertragspartner des Urhebers, also den Produzenten. Dies ist aus Urhebersicht natürlich unbefriedigend, da der Produzent nicht derjenige ist, der das Werk letztlich wirtschaftlich auswertet. Dieses Problem würde sich insbesondere bei Auftragsproduktionen stellen.

Der Produzent kann faktisch nur über die Erträge des Werks Auskunft erteilen, die ihm von den Sendern zugeflossen sind. Über Erträge, die der Sender selbst erzielt hat, sollte der Auskunftsanspruch direkt gegenüber dem Sender bestehen.

Wiederverfilmungsrecht nach Ablauf von 10 Jahren (§ 88 Abs. 2 S. 3 UrhG-E)

Der Urheber, z. B. der Drehbuchautor, hat künftig das Recht, sein Werk nach Ablauf von 10 Jahren nach Vertragsschluss anderweitig filmisch zu verwerten. Von dieser Regelung kann nicht mehr – wie bisher – individualvertraglich, sondern nur durch eine Vereinbarung, die auf einer gemeinsamen Vergütungsregel oder einem Tarifvertrag beruht, abgewichen werden.

Eine gemeinsame Vergütungsregel wird gemäß § 36 UrhG von Vereinigungen von Urhebern und Werknutzern aufgestellt. Existiert eine solche gemeinsame Vergütungsregel, so wird die Angemessenheit der Vergütung vermutet. Eine tarifliche Regel hat jedoch stets Vorrang vor einer gemeinsamen Vergütungsregel.

Sofern also keine entsprechende gemeinsame Vergütungsregel oder kein Tarifvertrag besteht, der eine Abweichung zulässt, bedeutet dies, dass eine zwischen Urheber und Produzent vereinbarte Exklusivität des Verfilmungsrechts nach Ablauf von 10 Jahren nach Vertragsschluss endet. Der Urheber kann dann sein Werk, das er vor zehn Jahren an den Produzenten lizenziert hat, erneut von einem Dritten verfilmen lassen. Dies berührt zwar grundsätzlich nicht das Recht des Erstproduzenten, das Werk weiter zu verwerten, jedoch besteht dann das Risiko, dass neben seiner Erstproduktion eine Neuverfilmung konkurrierend im Markt ist. In vielen Fällen mag dies kein Problem darstellen, da die Attraktivität für den Zuschauer von zehn Jahre alten Produktionen ohnehin begrenzt ist. Allerdings könnte dies in der Zukunft für erfolgreiche fiktionale Produktionen durchaus ein relevantes Problem werden. Man denke nur daran, dass demnach eine Neuverfilmung von erfolgreichen Serien möglich sein könnte, wie Cobra 11, Lindenstraße, Herzensbrecher, der Lehrer etc.

Für die Vertragsgestaltung mit den Sendern bedeutet dies, dass die Produzenten keine längere Exklusivität des Verfilmungsrechts als zehn Jahre nach Vertragsschluss mit dem Urheber zusichern dürfen. Zusätzlich problematisch ist hierbei, dass auf den Vertragsschluss mit dem Urheber als maßgeblichen Zeitpunkt abgestellt wird. Der Vertragsschluss liegt jedoch zeitlich in aller Regel deutlich vor der ersten Verwertung. Gerade bei komplexen Filmprojekten können zwischen Vertragsschluss mit den Urhebern und Beginn der Auswertung durchaus mehrere Jahre liegen.

Fazit

Die Intention der Urheberrechtsreform, die Position der Urheber zu stärken, ist sicher anerkennenswert und angesichts der zunehmenden digitalisierten Auswertung auch wichtig. Allerdings lässt der Gesetz-Entwurf doch einige Fragen offen, wie die gesetzlichen Anforderungen in der Praxis umgesetzt werden sollen. Es wäre zu wünschen, dass der Entwurf an diesen Stellen noch nachgebessert werden würde und man nicht bis zur nächsten Urheberechtsreform auf entsprechende Antworten warten müsste.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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