Geschäftsmodell Inkasso – Rechtliche Grenzen des Forderungseinzugs

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„Haben Sie nicht etwas vergessen?" - „Wir erinnern Sie höflichst" - Gerne geben wir Ihnen die Möglichkeit, Ihre offene Forderung ganz unkompliziert zu begleichen". So oder ähnlich lauten Texte in Schreiben, die säumige Verbraucher von Inkassounternehmen erhalten.

Dienstleistungsunternehmen, Telefongesellschaften, Internetprovider, Online-Kaufhäuser und Banken nutzen den Service von Inkassounternehmen, weil die Auslagerung des Forderungsmanagements oder Forderungsverkaufs günstiger ist. In der Praxis bedeutet dies, dass Verbraucher immer häufiger mit „Mahnschreiben", Anrufen, Telefaxen und sogar „persönlichen Besuchen" dieser Unternehmen konfrontiert werden. Es stellt sich die Frage: Können sich Verbraucher zur Wehr setzen? Müssen Sie mit einem SCHUFA Eintrag rechnen?

Rechtlich beurteilt sich die Auslagerung des Forderungsmanagements u.a. als Abtretung gemäß § 398 BGB. Inkassounternehmen können die Forderungen im eigenen Namen einklagen (Pal./§ 398/Rnr.30). Diese Unternehmen beabsichtigen die vollständige oder teilweise Realisierung der abgetretenen Forderungen. Bei Telekommunikationsunternehmen (Telefon oder Internet) gehört dies zur täglichen Praxis. Die Abtretbarkeit  des Forderungsverzugs wird in der Regel in einer Vertragsklausel vereinbart. Andernfalls muss das Inkassounternehmen dem Verbraucher den Nachweis über die erfolgte Abtretung vorlegen (§ 410 Abs.2 BGB).

Wo liegen die rechtlichen Grenzen? - Darf das Inkassounternehmen alles?

Zunächst muss die Forderung hinreichend bestimmt sein. Besteht keine Forderung bzw. ist sie unwirksam, ist auch der Inkassoeinzug unwirksam. Ausgenommen sind die Vorschriften des Datenschutzrechts und das Bankgeheimnis. Hier wird vertraglich eine Einwilligung erklärt, so dass daraus kein Abtretungsverbot folgt (BGH NJW 07, 2106). Macht ein Inkassounternehmen die gesamte Forderungshöhe geltend, ist dies je nach Einzelfall für den Schuldner unzumutbar (Pal/§ 399/Rnr.2). Bei Telefon- und Handyverträgen ist die Forderungsabtretung unwirksam, wenn dem neuen Gläubiger die Verbindungsdaten mitgeliefert werden. Die Rechtsgrundlage (§ 97 Abs.1 S.3 TKG) begründet nur für den Forderungseinzug einen Erlaubnistatbestand (AG Bremen vom 20.10.2011 - 9 C 430/11). Deshalb sollten Schuldner die Zahlungsaufforderungen in diesen Fällen genau prüfen. Ebenfalls ist  zu prüfen, ob Einwendungen gegen die Hauptforderung z.B. Leistungsverweigerungsrechte bestehen. Diese bleiben den Schuldnern erhalten (§ 404 BGB). Dasselbe gilt für die Aufrechnung mit etwaigen Gegenansprüchen. Nicht alle Handlung der Inkassounternehmen müssen Schuldner dulden. Zum Beispiel sind Hausbesuche in den Abendstunden unzulässig, da dies als Androhung von Gewalt und damit als Nötigung zu verstehen ist (OLG München WRP 2010, 295, 297).

Was können Verbraucher bei einer Drohung mit einem SCHUFA-Eintrag unternehmen?

Die betroffenen Schuldner sollten sich umgehend mit einem Anwalt in Verbindung setzen, der die Zahlungsaufforderung zunächst prüft. Es besteht die Möglichkeit, unberechtigte Forderungen und Inkassokosten sofort zurückzuweisen oder andernfalls Rückzahlungsvereinbarungen zu treffen. Ein SCHUFA Eintrag darf nicht angedroht werden. Allein die Tatsache dass der Schuldner säumig ist, rechtfertigt keinen Eintrag. Erfolgt dieser dennoch, besteht ein Beseitigungs- bzw. Löschungsanspruch aus der Datei. Der bloße Zahlungsverzug reicht für einen SCHUFA Eintrag nicht aus. Dafür muss ein „berechtigter" Grund bestehen. Dies wird in den meisten Fällen erst dann der Fall sein, wenn der Forderungsgläubiger sicher davon ausgehen darf, dass der Schuldner mit der Forderung ausfällt.


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