Geschützte Erwartung der Produktsicherheit bei „Kirschtaler“
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Nach § 3 ProdHaftG weist ein Produkt einen haftungsauslösenden Fehler auf, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die unter Berücksichtigung aller Umstände berechtigterweise erwartet werden kann. Ob dies auch für einen in einen Kirschtaler eingebackenen Kirschkern gilt, hat der BGH nunmehr mit Urteil vom 17.03.2009 – VI ZR 176/08 – entschieden.
Hiernach muss ein für den Endverbraucher bestimmtes Gebäckstück zwar grundsätzlich erhöhten Sicherheitsanforderungen genügen, allerdings kann der Verbraucher keine völlige Gefahrlosigkeit erwarten. Bei einem als „Kirschtaler“ angebotenen Gebäckstück kann der Verbraucher, welcher aufgrund dieser Bezeichnung um die Verwendung von Steinfrüchten wie Kirschobst weiß, nicht erwarten, dass das Gebäckstück zwar Kirschen, aber keinerlei Kirschkerne enthält. Eine dahingehende Sicherheitserwartung hat der BGH als nicht berechtigt erachtet. Dem widerspreche bereits die Art und Weise der Darbietung in der Öffentlichkeit, wonach gerade nicht der Eindruck erweckt werde, dass das Gebäckstück ausschließlich vollkommen entsteinte Kirschen enthalte. Der Kläger hatte die Bäckerei, bei der er das Gebäck erworben hatte, auf Schadensersatz in Anspruch genommen, nachdem beim Biss auf einen Kirschkern ein Teil seines Eckzahns abgebrochen war. Der BGH versagte Kostenersatz und Schmerzensgeld:
Ist die Ware wie hier für den Endverbraucher bestimmt, muss sie zwar erhöhten Sicherheitsanforderungen genügen, welche grundsätzlich dem Wissen- und Gefahrensteuerungspotenzial des durchschnittlichen Konsumenten entsprechen, und unter Umständen sogar darüber hinausgehen. Aus dessen Sicht kann jedoch bei einer aus Steinobst bestehenden Füllung nicht ganz ausgeschlossen werden, dass dieses auch einmal einen kleinen Stein oder einzelne Teile davon enthält. Die völlige Freiheit von Kirschsteinen hingegen wäre dem Hersteller aufgrund des hiermit verbundenen technischen Aufwandes nicht zumutbar, aber auch objektiv nicht erforderlich, da einem Verbraucher, welcher auf einen eingebackenen Kirschkern beiße, hieraus keine schwerwiegenden Gesundheitsgefahren drohten, welche um jeden Preis mit jedem erdenklichen Aufwand vermieden werden müssten. Gemessen an den drohenden Gefahren und das dem Hersteller zumutbare Maß der Gefahrenvermeidung vermochte der BGH daher keine auf die völlige Freiheit von Kirschsteinen bezogene Sicherheitserwartung festzustellen. Der Kirschtaler war somit nicht fehlerhaft im Sinne des ProdHaftG.
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