Geschwindigkeitsverstoß: Einspruchsführer bleibt Herr – BayObLG München v. 26.9.2019

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Wenn ein Bußgeldbescheid wegen Überschreitung der Geschwindigkeit verhängt wurde, stellt sich für viele Betroffene die Frage, ob Sie nach Einlegung eines Einspruchs noch Kontrolle über das Verfahren haben. Es ist ja im Einzelfall möglich, dass sich der Einspruch durch Erhöhung des Gerichts verschlechtert. Zunächst ist das Verfahren bis zur Verhandlung zu betrachten.

Welche Möglichkeiten bestehen im Vorverfahren?

Nachdem der Einspruch eingelegt wurde, empfiehlt es sich, die Messung anhand eines Vorgutachtens prüfen zu lassen. Soweit ein Anwalt beauftragt wurde, kann dieser anhand des Akteninhalts einen Gutachter mit der Prüfung beauftragen. Dieser wird zur Verwertbarkeit der Messung Stellung beziehen und Empfehlungen für die Verhandlung abgeben.

Wird ein Vorgutachten von der Rechtsschutzversicherung übernommen?

Gemäß § 5 Abs. 1 c) ARB besteht regelmäßig nur Deckungsschutz für die Kosten von solchen Sachverständigen vor, die „vom Gericht herangezogen“ wurden. § 5 Abs. 1 f) ARB, der bei der Verteidigung in verkehrsstrafrechtlichen Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren gilt, sieht eine Übernahme von Sachverständigenkosten jedoch ausnahmsweise vor.

Was ist, wenn das Vorgutachten keine Erfolgsaussichten bietet, und der Betroffene den Einspruch zurücknehmen will?

Das Bayerische Oberste Landgericht hat sich am 26.9.2019 (Az: 202 ObOWi 1929/19) mit der Frage auseinandergesetzt, was passiert, wenn der Betroffene unmittelbar vor Urteilserlass in Abwesenheit den Einspruch zurücknimmt, das Gericht aber – in Unkenntnis hiervon – ein Urteil erlässt. Demnach ist ein Urteil dann nicht mehr möglich:

„Denn mit der bis zum Erlass einer gerichtlichen Entscheidung im ersten Rechtszug jederzeit möglichen Rücknahme des Einspruchs wird dieser als Rechtsbehelf vernichtet, womit der Bußgeldbescheid sofort in Rechtskraft erwächst und vollstreckbar wird, womit das gerichtliche Verfahren beendet ist.“

Demzufolge bleibt der Einspruchsführer Herr des Verfahrens. Dies gilt auch, wenn er einen Verteidiger mit der Wahrnehmung der Interessen beauftragt hat. Er bleibt jederzeit handlungsfähig – selbst wenn das Gericht und der Verteidiger noch keine Kenntnis von seiner Rücknahme haben.

Der Autor des Rechtstipps, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht und Strafrecht Christian Steffgen, hat sich auf das Fahrerlaubnis-, Straf- und Bußgeldrecht im Verkehrsrecht spezialisiert. Jedes Jahr vertritt er Hunderte von Verfahren persönlich vor den Gerichten. Die Bundesrechtsanwaltskammer hat ihm das Zertifikat Q für besondere Bemühungen in der Fortbildung verliehen.


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