Gesellschaftervereinbarung bei Beteiligung von Finanzinvestoren – insbesondere Venture Capital (VC)

  • 6 Minuten Lesezeit

Die Bedeutung von Venture Capital (auch Risiko- oder Wagniskapital) hat in den letzten gut 15 Jahren deutlich an Bedeutung für die Finanzierung von Startups gewonnen.

Venture-Capital-Investoren zeichnen sich dadurch aus, dass sie eine Anlagestrategie verfolgen, die klar auf einen anstehenden Exit ausgelegt ist. Übliche Haltefristen für derartige Finanzbeteiligung betragen zwischen 3 und 5 Jahren. In dieser Zeit muss sich zeigen, ob das Geschäftsmodell, in das die Finanzinvestoren ihr Wagniskapital investiert haben, nachhaltig ist. Üblicherweise beteiligen sich Venture-Capital-Investoren in frühen Phasen der Unternehmensfinanzierung (first or second round financing). Venture-Capital-Investoren treffen oftmals auf Gründer, die in einer Frühphase ihrer Unternehmensentwicklung stecken und in der Regel nicht zwingend auf einen Exit hinarbeiten. Wichtig ist insofern, dass die Gründer- bzw. Alt-Gesellschafter sich frühzeitig mit dem Gedanken an einen Exit auseinandersetzen. Venture-Capital-Investoren sichern ihre Positionen umfangreich im Rahmen eines Beteiligungsvertrages ab. Auch wenn sie nicht unmittelbar am operativen Geschäft der jeweiligen Unternehmung teilhaben, so kann man doch sagen, dass nichts ohne ihr Wissen bzw. ihr Einverständnis geschieht.

Ausgestaltung von Beteiligungsverträgen

Beteiligungsverträge können mit einer Vielzahl verschiedener Venture-Capital-Investoren geschlossen werden. Neben den klassischen privaten Venture-Capital-Gesellschaften, die hauptsächlich privat eingeworbenes Geld verwalten und investieren, gibt es verschiedene Investoren, die aus dem öffentlichen Förderumfeld kommen. Egal ob diese Investoren nun privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich organisiert sind, so zeichnet sie doch in der Regel das gleiche Interesse aus, nämlich das von ihm getätigte Investment möglichst umfangreich abzusichern.

Dies spiegelt sich dann in den verschiedenen Regelungen von VC-Beteiligungsverträgen  wider, die nachfolgend kurz dargestellt werden sollen.

1. Erhöhtes finanzielles Ausfallrisiko der Investoren wird durch ausgeprägte Informations- und Mitbestimmungsrechte abgesichert

Venture Capital ist in der Regel dadurch charakterisiert, dass hier für die Investoren ein erhöhtes finanzielles Ausfallrisiko im Hinblick auf die von ihnen investierten Barmittel besteht. Landläufige Faustregel ist, dass nur etwa eins von zehn Start-ups, in das investiert wird, auch wirklich nachhaltig wirtschaftlich erfolgreich ist. Um das erhöhte Ausfallrisiko möglichst umfangreich abzusichern, lassen sich VC-Investoren üblicherweise umfangreiche Mitbestimmung und Informationsrechte einräumen.

Dies erfolgt zum einen durch die Ausgestaltung umfangreicher Reporting-Anforderungen an das Management, so werden üblicherweise monatlich gewisse Kennzahlen zu melden sein. Zum anderen erfolgt dies durch die Ausgestaltung weitreichender Zustimmungserfordernisse, durch Festlegung sogenannter zustimmungspflichtige Rechtsgeschäfte. Dies stellt sicher, dass die Geschäftsführung der Gesellschaft wesentliche Rechtshandlungen und Geschäftsvorgänge nur mit Zustimmung der Gesellschafter durchführen kann.

Darüber hinaus engagieren sich VC-Kapitalgeber oftmals als Mitglieder von Beiräten. Im Rahmen dieser Funktion werden nicht nur Überwachungs-, sondern auch Hilfestellungsmaßnahmen erbracht. Hier können VC-Geldgeber oftmals auf ein branchenrelevantes Netzwerk an Beratern und Experten zurückgreifen, von deren Einbindung sie sich eine positive Entwicklung der Unternehmung versprechen.

2. Anti-Dilution und Down-Round-Protection als wesentliche Mittel zur Erhaltung des Beteiligungswerts

VC-Investoren und letztlich auch die Gründer haben ein gesteigertes Interesse daran, dass die von ihnen gehaltenen Anteile im Rahmen von weiteren Finanzierungsrunden a) weder an Wert verlieren noch b) verwässert werden. Bedeutend in diesem Zusammenhang sind insbesondere Regelungen für den Fall, dass der im Rahmen der Erstfinanzierung angenommene Unternehmenswert sinkt. Dies führt im Rahmen von weiteren Finanzierungsrunden zu einer Verwässerung des Werts der Altanteile.

VC-Investoren fordern deshalb meist von Beginn an einen Schutz vor solchen Down-Rounds. Ein solcher Schutz erlaubt es ihnen, weitere Anteile zu einem geringeren Wert zu erwerben. Hierbei werden die sogenannten Full-Ratchet-, Weighted-Average- und Broad-Based-Weighted-Average-Klauseln unterschieden. All diese Klauseln verfolgen das Ziel, den VC-Investoren die Möglichkeit zu geben, eine wertmäßige Verwässerung ihrer Anteile zu begrenzen bzw. auszuschließen. Um negative Auswirkungen dieser Anti-Dilution- und Down-Round-Protection-Klauseln im Hinblick auf die weitere Finanzierung des Unternehmens zu vermeiden, finden sich oftmals Regelungen, dass Erst-Investoren eine Verpflichtung zur weiteren Finanzierung des Unternehmens auferlegt wird („pay to play“).

Grundsätzlich bleibt festzuhalten, dass vorstehend beschriebene Regelungen insgesamt eine nicht zu unterschätzende Komplexität aufweisen. Dies führt in der Praxis oftmals dazu, dass Investoren im Rahmen von First-Round-Finanzierungen die Wirkung derartiger Regelungen nicht vollumfänglich überblicken und hierdurch oftmals Streit zwischen Gründern und VC-Kapitalgebern vorprogrammiert ist.

3. Exit-Absicherung durch Tag-Along- und Drag-Along-Regelungen

Vor dem Hintergrund, dass VC-Investoren immer einen klaren Investitions-Horizont vor Augen haben, ist es für diese unerlässlich sicherzustellen, dass im Falle eines Exits sämtliche Anteile an dem Unternehmen an einen potenziellen Käufer veräußert werden können. Hintergrund hierfür ist, dass die Veräußerung von Teilen eines Unternehmens in der Regel schwierig bis ausgeschlossen ist. Um sicherzustellen, dass die Mitgesellschafter der VC-Investoren mit diesen zusammen ihre Anteile am Unternehmen veräußern, werden auf Ebene der Beteiligungsvereinbarung bereits umfassende sogenannte Drag-Along- („Mit-Verkaufsverpflichtung“) und Tag-Along („Mit-Verkaufs-Recht“)-Regelungen festgeschrieben. Auch diese Regelungen weisen oftmals eine erhöhte Komplexität auf. Oftmals wird hier diskutiert, ob ein Mindestunternehmenswert für die Auslösung der Mit-Verkaufsverpflichtung erforderlich ist. Hier haben VC-Investoren oftmals das Interesse, völlig frei zu sein in der Ausgestaltung des Verkaufspreises.

Entscheidend für Gründungsgesellschafter ist an dieser Stelle die grundsätzliche Bereitschaft, das von ihnen gegründete und begleitete Unternehmen dann zu veräußern, wenn die VC-Investoren dies für geboten erachten.

Für den Fall, dass eine Veräußerung des Unternehmens an einen weiteren Finanzinvestor erfolgt, haben Unternehmensgründer, die weiterhin in das Management der Gesellschaft eingebunden sind, oftmals die Möglichkeit, eine Anschluss-Beteiligung zu zeichnen.

Immer dann, wenn das Unternehmen an einen strategischen Investor veräußert wird, ist die Wahrscheinlichkeit des Ausscheidens der Gründungsgesellschafter aus der Unternehmung deutlich erhöht.

4. Regelungen zum Ausscheiden der Gründungsgesellschafter

Oftmals scheiden Gründungsgesellschafter im weiteren Laufe der Unternehmensentwicklung aus den verschiedensten Gründen aus der Gesellschaft aus. Auch für diese Fälle sehen Beteiligungsvereinbarung in oftmals dezidierte Regelungen vor. So regelt der Gesellschaftervertrag vielfach, dass unterschieden wird zwischen einem sogenannten Good Leaver und einem Bad Leaver. Hierbei ist der Good Leaver ein solcher, der aus guten Gründen aus der Gesellschaft ausscheidet. Ein Bad Leaver ist ein solcher, der Anlass gegeben hat, dass er aus der Unternehmung ausscheiden muss. Grund kann hier zum Beispiel sein, dass ein geschäftsführender Gründer aus wichtigem Grund als Geschäftsführer der Gesellschaft abberufen wird. Während der Good Leaver bei der Bewertung des von ihm gehaltenen Geschäftsanteils keine wesentlichen Nachteile zu erwarten hat, muss sich der Bad Leaver mit einem wesentlich nachteiligerem Veräußerungserlös zufriedengeben.

Auch diese Regelungen führen oftmals zu Streitigkeiten und sollten daher vor Unterzeichnung einer Beteiligungsvereinbarung detailliert durchdacht werden.

Fazit: Objektive Beratung aller Investoren zwingend zur Vermeidung von Streitigkeiten

Nur wenn alle Beteiligten, d. h. neben den VC-Investoren insbesondere auch die Gründungsgesellschafter, über die Tragweite der in Beteiligungsvereinbarung getroffenen Regelungen vollumfänglich informiert sind, kann vermieden werden, dass hinterher Streit über einzelne Punkte der Gesellschaftervereinbarung entsteht. Hier ist es wichtig, dass insbesondere auch die Gründungsgesellschafter „Waffengleichheit“ durch entsprechende anwaltliche Beratung schaffen. Gründungsgesellschaftern fehlt hierbei oftmals die Erfahrung, um sicherzustellen, dass auch ihre Position ausreichen Berücksichtigung und Absicherung findet.

In der Praxis bewahrheitet sich immer wieder, dass Themen, die bei Gründung der Gesellschaft nicht ausreichend oder einseitig geregelt worden sind, im Nachgang nur noch sehr schwer zu heilen sind. Die hieraus oftmals resultierenden Gesellschafterstreitigkeiten sind langwierig und wirken sich in der Regel auch negativ auf das operative Geschäft aus.

Foto(s): Kanzlei ROSE & PARTNER

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Dr. Boris Jan Schiemzik

Beiträge zum Thema