Gewerbliche Auftraggeber: Vorsicht bei Reverse-Charge-Verfahren
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Beim Reverse-Charge-Verfahren schuldet in bestimmten Fällen nicht der leistende Unternehmer, sondern sein Kunde (Leistungsempfänger) die Umsatzsteuer. Folglich darf der leistende Unternehmer dem Kunden in diesen Fällen nur das Nettoentgelt in Rechnung stellen. Der Kunde hat für den Bezug der fraglichen Leistung eine eigene Umsatzsteuerschuld an das Finanzamt zu entrichten; bei Vorsteuerabzugsberechtigung kann er diese Umsatzsteuer selbst wieder als Vorsteuer geltend machen. Diese Situation entsteht häufig bei Auftragserteilungen durch Bauträger an Bauunternehmen oder Handwerksbetriebe; zumeist findet dann § 13 b Abs. 1 Nr. 4 UStG Anwendung.
Der Fall:
Von Bedeutung ist zunächst der Hintergrund des Rechtsstreits: Die Antragstellerin hatte in den Jahren 2009 und 2010 Bauleistungen an eine Bauträger-GmbH erbracht und diese mit Hinweis auf die Steuerschuldnerschaft der Leistungsempfänger nicht der Umsatzsteuer unterworfen. Mit Urteil vom 22. August 2013 – Az.: V R 37/10 – entschied der Bundesfinanzhof in Abweichung zur damaligen Auffassung der Finanzverwaltung, dass Bauträger, die eigene Grundstücke bebauen, keine bauwerksbezogene Werkleistung erbringen und daher kein Übergang der Steuerschuldnerschaft erfolgt. Daher beantragte die Bauträger-GmbH die Erstattung der für die Bauleistungen der Antragstellerin abgeführten Umsatzsteuer.
In der Folge änderte das Finanzamt die gegen die Antragstellerin wirkenden (bestandskräftigen) Steuerfestsetzungen für die Jahre 2009 und 2010 und setzte eine höhere Umsatzsteuer fest, dies unter Berufung auf eine „Änderungsbestimmung“, die der Gesetzgeber als Reaktion auf das Urteil des Bundesfinanzhofs zur Vermeidung von Steuerausfällen in Altfällen in das Umsatzsteuergesetz aufgenommen hatte. Hiergegen legte die Antragstellerin Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung; sie machte insbesondere Vertrauensschutz geltend.
Die Entscheidung:
Das Finanzgericht Düsseldorf hatte – im Eilverfahren – angenommen, dass sich das Finanzamt zu Recht auf die „Änderungsbestimmung“ im Umsatzsteuergesetz berufen habe. Der Nachbelastung von Umsatzsteuer stünde kein Vertrauensschutz entgegen, weil dieser durch die Neuregelung eingeschränkt sei; hierin liege auch keine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung. Vielmehr habe der Gesetzgeber das Prinzip des Vertrauensschutzes in verhältnismäßiger und zumutbarer, also noch zulässiger Weise zu Gunsten der „Rechtsrichtigkeit“ eingeschränkt.
Zudem eröffne das Gesetz der Antragstellerin die Möglichkeit, den zivilrechtlichen Anspruch gegenüber dem Bauträger auf die (noch ausstehende) Zahlung der Umsatzsteuer an das Finanzamt abzutreten; dieses sei nach überschlägiger Prüfung – ungeachtet der Werthaltigkeit des Anspruchs – zur Annahme der Abtretung verpflichtet. Das Gericht hat den Antrag der Bauträger-GmbH also zurückgewiesen.
Mit dieser Entscheidung stellt sich das Finanzgericht Düsseldorf bewusst gegen einen Beschluss des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg – Az.: 5 V 5026/15 – vom 3. Juni 2015, das die Verfassungsmäßigkeit der betreffenden Neuregelung im Umsatzsteuergesetz bezweifelt hatte. Konsequent hat das Finanzgericht Düsseldorf also die Beschwerde zum Bundesfinanzhof zugelassen.
(Finanzgericht Düsseldorf, Beschluss vom 31. August 2015 – Az.: 1 V 1486/15)
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