GmbH – Gesellschafterbeschluss zur Einrichtung eines Aufsichtsrats (LG Berlin, 23.06.2015)

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Auch in Gesellschaften mit beschränkter Haftung gibt es zuweilen einen Aufsichtsrat. Dies kann auf zwingenden gesetzlichen Regelungen des Mitbestimmungsrechts (DrittelbG, MitbestG) oder des Kapitalanlagerechts (KAGB) beruhen. Die Gesellschafter einer GmbH können einen Aufsichtsrat jedoch auch „freiwillig“ einrichten; sogenannter fakultativer Aufsichtsrat. Dies geschieht durch die Vorsehung einer entsprechenden Regelung im Gesellschaftsvertrag.

Das Kammergericht Berlin – Urteil vom 23.06.2015, Az. 23 U 18/15 – hatte sich mit einem Fall zu beschäftigen, in dessen Zentrum eine sogenannte Aufsichtsrats-Öffnungsklausel stand. Diese sah vor, dass bei der betreffenden Gesellschaft kein Aufsichtsrat eingerichtet wird, die Gesellschafterversammlung jedoch zu einem späteren Zeitpunkt über die Einrichtung eines Aufsichtsrates beschließen kann.

Sachverhalt

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Auf der Gesellschafterversammlung einer GmbH hatten die Gesellschafter – die sich offensichtlich im Streit befanden – mit einer Mehrheit von ca. 63 % der abgegebenen Stimmen die Errichtung eines fakultativen Aufsichtsrats beschlossen und drei Aufsichtsratsmitglieder berufen.

Grundlage des Beschlusses der Gesellschafterversammlung war eine Satzungsregelung. Diese sah schlicht vor, dass – sofern noch kein Aufsichtsrat besteht – die Gesellschafterversammlung die Errichtung eines Aufsichtsrates beschließen kann. Unmittelbar nach Bestellung des Aufsichtsrates beschlossen die Mitglieder des soeben bestellten Aufsichtsrates in einer außerordentlichen Sitzung die Abberufung eines Geschäftsführers der Gesellschaft. Der auf diese Weise abberufene Geschäftsführer wehrte sich gegen seine Abberufung. Im Rahmen eines sich anschließenden gerichtlichen Verfahrens war dann die Frage zu entscheiden, ob die Abberufung durch den neuen bestellten Aufsichtsrat wirksam war oder nicht.

Entscheidung des Gerichts und Gründe

Das LG Berlin hatte es in der ersten Instanz dem Geschäftsführer noch untersagt, sich weiter als Geschäftsführer zu gerieren. Das Kammergericht sah dies anders. Die Bestellung des Aufsichtsrates sei unwirksam und mithin auch der von diesem gefasste Abberufungsbeschluss.

Die Errichtung eines fakultativen Aufsichtsrates auf der Grundlage einer gesellschaftsvertraglichen Ermächtigungsklausel sei nicht ohne Satzungsänderung zulässig. Die „Umwandlung“ einer GmbH ohne Aufsichtsrat in eine solche mit Aufsichtsrat sei eine tiefgreifende Änderung der Gesellschaftsverfassung, entspräche mithin einer Änderung der Satzung. Satzungsänderungen bedürften indes grundsätzlich der Einhaltung der vom Gesetz für Satzungsreglungen vorgesehenen Regelungen (siehe §§ 53, 54 GmbHG: qualifizierte Mehrheit, notarielle Beurkundung, Eintragung im Handelsregister). Vorliegend fehlte es bereits an einer notariellen Beurkundung des Beschlusses der Gesellschafterversammlung zur Errichtung des Aufsichtsrates.

Folgerungen für die Praxis

Die Änderung der Gesellschaftsverfassung durch die Errichtung eines mit besonderen Kompetenzen ausgestatteten Aufsichtsrats ist nach Auffassung des Kammergerichts – mit oder ohne gesellschaftsvertraglicher Öffnungsklausel – stets eine Satzungsänderung, die nicht ohne Beurkundung und Eintragung wirksam werden kann. Welchen Nutzen hat dann noch eine gesellschaftsvertragliche Öffnungsklausel, wie vorliegend verwendet? Nun, das für Satzungsänderungen erforderliche Mehrheitsquorum von 75 % lässt sich aus Sicht des Kammergerichts möglicherweise durch eine Öffnungsklausel überwinden, wenn diese als antizipierte Zustimmung aller, auch später hinzutretender, Gesellschafter ausgelegt werden kann.

Öffnungsklauseln können mithin auch in satzungsändernden Fällen ihre Berechtigung haben – und sei es nur zur Festlegung eines niedrigeren Quorums … Im Übrigen bieten Öffnungsklauseln ein sinnvolles Instrument zur flexiblen Gestaltung der innergesellschaftlichen Beziehungen, insbesondere der Beziehungen unter den Gesellschaftern.

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Dr. Ronny Jänig, LL.M. (Durham), Rechtsanwalt und Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Rose & Partner LLP – Rechtsanwälte. Steuerberater – Berlin – Hamburg – Mailand


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