Gründung und Umwandlung eines Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ)

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1. Wir wollen ein MVZ gründen!

Nach der gesetzlichen Definition sind Medizinische Versorgungszentren (MVZ) ärztlich geleitete Einrichtungen, in denen Ärzte (m/w/d), die in das Arztregister eingetragen sind, als Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind. 

Zweck eines MVZ ist die Erbringung ambulanter ärztlicher Behandlungen. Hierbei können verschiedene medizinische Fachrichtungen in einem MVZ gebündelt werden, sodass die Patienten durch interdisziplinäre Zusammenarbeit eine Versorgung aus einer Hand erhalten. 

Im Gegensatz zu den klassischen Teilnahmeformen (Einzelpraxis, Berufsausübungsgemeinschaft), bei denen die Praxisinhaber die ärztliche Tätigkeit in der Regel persönlich auszuüben haben, zeichnen sich MVZ insbesondere durch eine organisatorische Trennung der Inhaberschaft von der ärztlichen Behandlungstätigkeit aus.

2. Was sind die Vorteile eines MVZ?

Verglichen mit einer Einzelpraxis oder einer Gemeinschaftspraxis (BAG) haben MVZ eine Reihe von Vorteilen:

  1. In MVZ können grundsätzlich beliebig viele Ärzte oder Psychotherapeuten als Angestellte arbeiten. Dies entspricht zum einen dem Trend, dass immer mehr Ärzte ein Anstellungsverhältnis der Selbständigkeit vorziehen. So kann ein zugelassener Vertragsarzt auf seine Zulassung zugunsten einer Anstellung verzichten und damit künftig als angestellter Arzt arbeiten, was bei einer BAG nicht möglich ist. Zudem kann jeder Vertragsarzt in einer BAG nur maximal drei vollzeitbeschäftigte Ärzte anstellen. In einem MVZ gibt es diese Beschränkung nicht. 
  2. Das MVZ ist hierdurch auf Wachstum und Expansion angelegt, wodurch Kostenoptimierungen und Skaleneffekte verwirklicht werden können. Es können beliebig viele Filialen und Zweigstellen gegründet werden.
  3. Durch die Anstellung sind flexible Arbeitsmodelle hinsichtlich Teilzeit, Elternzeit, Urlaubsvertretung und Sabbatical möglich. Dies ermöglicht den angestellten Ärzten eine ausgeglichenere Work-Life-Balance und so können Beruf, Familie und Freizeit besser miteinander zu vereinbart werden. Bei Geburt eines Kindes genießt eine angestellte Ärztin Mutterschutz und erhält Elterngeld. Diese Vorzüge helfen wiederum den Inhabern bei der Einstellung von neuen Fachkräften.
  4. Eine Anstellung bietet dem Arzt wirtschaftliche Planungssicherheit, sodass er sich voll auf seine medizinische Tätigkeit konzentrieren kann. Im Gegensatz zu einer freiberuflichen Tätigkeit trägt der Angestellte kein unternehmerisches Risiko, sondern erhält monatlich ein festes Gehalt.
  5. Die gemeinsame Nutzung von Ressourcen wie Räumlichkeiten, Personal und Geräte kann zu Kosteneinsparungen führen. Durch die Organisation des MVZ können Ärzte von Verwaltungsaufgaben entlastet werden.
  6. In einem MVZ ist nicht die persönliche Zulassung eines Arztes ausschlaggebend, da das MVZ selbst eine Zulassung erhält, dem mehrere Arztstellen zugeordnet werden können. Eine durch einen Vertragsarzt eingebrachte Zulassung verbleibt im MVZ. Scheidet dieser als Gesellschafter des MVZ aus, veräußert er nur seine Vermögensbeteiligung am MVZ. Die Zulassung kann dann mit angestellten Ärzten besetzt werden.
  7. Der Name des MVZ ist unabhängig von den Ärzten und bleibt auch bei Wechseln und Nachfolgen bestehen.
  8. Das MVZ kann in der Rechtsform einer GmbH geführt werden, was bei einer BAG praktisch kaum möglich ist.

3. Welche Rechtsform für das MVZ?

Die Gründung eines medizinischen Versorgungszentrums ist in folgenden Rechtsformen möglich:

  1. Personengesellschaft, d.h. Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) oder Partnerschaftsgesellschaft (PartG),
  2. Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH),
  3. eingetragene Genossenschaft (eG), oder 
  4. öffentlich rechtlichen Rechtsformen.

In der Praxis werden die meisten MVZ in der Rechtsform einer GbR oder GmbH geführt. Ein als GbR oder PartG organisiertes MVZ kann durch Formwechsel nach dem Umwandlungsgesetz in eine MVZ-GmbH umgewandelt werden.

Eine Erläuterung der Rechtsformen GbR, PartG und GmbH finden Sie bitte in diesem Rechtstipp (dort unter 2.).

4. Wer kann ein MVZ gründen?

Medizinische Versorgungszentren können gegründet werden von:

  1. zugelassenen Ärzten,
  2. zugelassenen Krankenhäusern,
  3. Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen, 
  4. anerkannten Praxisnetzen,
  5. gemeinnützigen Trägern, die aufgrund von Zulassung oder Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, oder
  6. Kommunen.

Eine bestehende Einzelpraxis bzw. das Betriebsvermögen einer BAG kann bei Gründung bzw. Erweiterung eines MVZ in der Rechtsform einer GbR oder PartG unter den Voraussetzungen von § 24 UmwStG ertragsteuerneutral ohne Aufdeckung stiller Reserven eingebracht werden. Voraussetzungen sind u.a., dass die Einbringung gegen Gewährung von Gesellschafterrechten am MVZ erfolgt, die wesentlichen Betriebsgrundlagen in das MVZ eingebracht werden und ein Antrag auf Buchwertfortführung gestellt wird.

Sofern das MVZ in der Rechtsform einer GmbH betrieben wird, ist die Einbringung einer Einzelpraxis bzw. des Betriebsvermögens einer BAG unter den Voraussetzungen von § 20 UmwStG ebenfalls ertragsteuerneutral möglich. Infolge der Fortführung zu Buchwerten sind die Geschäftsanteile an der MVZ-GmbH gemäß § 22 UmwStG mit einer siebenjährigen Sperrfrist verhaftet, d.h. bei Veräußerung der Geschäftsanteile während dieser Frist wird der Einbringungsgewinn rückwirkend versteuert.

5. Wer kann in einem MVZ arbeiten?

  1. Es können fachübergreifend Fachärzte mit unterschiedlichen Spezialisierungen oder aus derselben Fachrichtung in einem MVZ arbeiten.
  2. Die Ärzte können dabei sowohl als Vertragsärzte sowie als angestellte Ärzte tätig werden.
  3. In MVZ können beliebig viele Ärzte als Angestellte arbeiten. Die Anstellung eines Arztes in einem zugelassenen medizinischen Versorgungszentrum bedarf der Genehmigung des Zulassungsausschusses.

6. Ärztliche Leitung

  1. Das MVZ benötigt einen ärztlichen Leiter (m/w/d). Dieser muss in dem MVZ selbst als angestellter Arzt oder als Vertragsarzt tätig und in medizinischen Fragen weisungsfrei sein. 
  2. Sind in einem MVZ Angehörige unterschiedlicher Berufsgruppen, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, tätig, ist auch eine kooperative Leitung möglich.

7. KV-Zulassung des MVZ        

a. Voraussetzungen und Wirkungen der Zulassung

Damit ein MVZ an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen kann, braucht es eine Zulassung. Die Zulassung erfolgt für den Ort der Niederlassung. 

Um die Zulassung kann sich ein MVZ bewerben, dessen Ärzte in das Arztregister eingetragen sind. Über den Antrag entscheidet der Zulassungsausschuss der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung (KV).

Voraussetzungen für die Zulassung eines MVZ sind unter anderem: 

  1. Gründung durch einen Gründungsberechtigten (siehe oben unter 3.),
  2. Wahl einer zulässigen Rechtsform (siehe oben unter 4.),
  3. ärztliche bzw. kooperative Leitung (siehe oben unter 6.),
  4. Vorhandensein von mindestens zwei Vertragsarztsitzen,
  5. Arztregisterauszüge,
  6. (Arbeits)Verträge mit Vertragsärzten und angestellten Ärzten im MVZ, 
  7. Vorlage des Gesellschaftsvertrags, 
  8. Nachweis ausreichender Berufshaftpflichtversicherung, und
  9. bei GmbH: Übernahme einer Bürgschaft oder Stellen einer anderweitigen Sicherheit nach § 232 BGB durch alle Gesellschafter (Gründer) für die Forderungen der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung gegen das MVZ.

Für zahnärztliche MVZ gelten Sonderregeln, die wir Ihnen auf Nachfrage gerne mitteilen.

Die Zulassung des MVZ hat zur Folge, dass die im MVZ angestellten Ärzte Mitglieder der für den Vertragsarztsitz des MVZ zuständigen KV werden und das MVZ zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist.

b. Zulassung im gesperrten Planungsbereich

Aufgrund der Bedarfsplanung ist es in der Praxis häufig so, dass bei Gründung eines MVZ keine freien Vertragsarztsitze zur Verfügung stehen. Für eine Zulassung im gesperrten Planungsbereich stehen je nach Lage des Einzelfalls folgende Möglichkeiten zur Verfügung:

  1. Vertragsarzt:  Im MVZ werden Vertragsärzte tätig.
  2. Zulassungsverzicht:  Der Arzt verzichtet auf seine Zulassung, um im MVZ als angestellter Arzt zu arbeiten, und bringt seine Praxis in das MVZ ein. Die Mindestdauer der Anstellung muss hierbei nach Rechtsprechung des BSG drei Jahre betragen. Unsicherheiten ergeben sich aufgrund neuer Rechtsprechung des BSG, wenn der auf seine Zulassung verzichtende Vertragsarzt zugleich beherrschender Gesellschafter des MVZ wird. Zudem muss das Schicksal der Anstellungsgenehmigungen des auf seine Zulassung verzichtenden Arztes geklärt werden.
  3. Nachbesetzung:  Es wird ein Nachbesetzungsverfahren durchgeführt und das MVZ bewirbt sich auf den Vertragsarztsitz.
  4. Sonderbedarf:  Es wird eine Sonderbedarfszulassung bzw. Sonderbedarfsanstellung beantragt.

8. Anwaltliche Begleitung bei der Gründung

Bei der Gründung eines MVZ müssen viele medizinrechtliche, gesellschaftsrechtliche sowie steuerliche Gesichtspunkte beachtet werden. Unsere erfahrenen Rechtsanwälte begleiten Sie gerne auf diesem Weg. Bitte melden Sie sich jederzeit gerne, wenn Sie eine Frage haben oder ein Beratungsgespräch wünschen.


Mit besten Grüßen, Dr. Alexander Dorn & Dr. Rainer Freudenberg, LL.M.

Foto(s): iStock


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